Waldviertler Graumohn g.U.

Waldviertler Graumohn g.U.
Foto: Werner Krug

Traditionelles Wissen um besondere Produktionsmethode von Graumohn.

Registernummer: 8

Offenlegungsdatum

1280 erste urkundliche Erwähnungen von Mohn im Urbar des Abtes Ebro.

Titel

Waldviertler Graumohn g.U.

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelles Wissen um besondere Produktionsmethode von Graumohn. Der Mohn verdankt seine Qualität den geografischen Verhältnissen (weite Hügellandschaft, raues Klima, ausgeprägter Taufall) einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse dieser Region (viele Jahrhunderte Mohnanbautradition, klein strukturierte Betriebe).
Produziert nach der Spezifikation für die Eintragung als Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) gemäß EU Verordnung 1065/97 Amtsblatt L 156/5/97, samt geringfügiger Änderungen gemäß Artikel 6/2 VO (EU) 664/2014.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Graumohn, Mohngewächse, Papaveraceae

Name der Region

Waldviertel, Niederösterreich, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Waldviertler Sonderkulturenverein

Name des Antragstellers für den Titel

Waldviertler Sonderkulturenverein

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Bauern der definierten Region im Waldviertel

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Waldviertler Sonderkulturenverein
3533 Oberwaltenreith 10
Telefon: +43 2826 7443
E-Mail: hof@waldland.at
Homepage: www.waldland.at

Beschreibung

Geschichte:

Waldviertler Graumohn g.U. dürfte durch die Klöster ins Waldviertel gekommen sein, da die Mönche seit dem frühen Mittelalter Gartenmohn kultivierten, um daraus Heilmittel wider Schmerzen und Schlaflosigkeit herzustellen. Ein Beweis dafür ist das älteste Urbar des Stiftes Zwettl, das Urbar des Abtes Ebro von 1280. Erstmals in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird der Mohn im Waldviertel in Zehentbüchern (Zehent: Pachtentgelt der Bauern an den Grundherrn) erwähnt. Für das Jahr 1912 geht aus einer Agrarstatistik der K.u.K. Monarchie hervor, dass im Waldviertel 1.200 Hektar Mohn angebaut wurden. Noch um 1930 notierte man den Zwettler Graumohn sogar an der Londoner Handelsbörse.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Mohn allmählich durch einfacher zu kultivierende, weil weniger Handarbeit verlangende Pflanzen verdrängt.

Erst ab circa 1980 wurde die alte Tradition des Mohnanbaus im Waldviertel durch Initiativen zur Förderung landwirtschaftlicher Alternativprogramme (Gründung des Vereines zur Förderung der Sonderkulturen im Waldviertel) wiederbelebt.

Im Waldviertel wird auf über 500 Hektar Mohnanbau betrieben. Er spielt für die vorrangig kleinstrukturierte Landwirtschaft im Waldviertel eine bedeutende Rolle auch als landschaftsprägendes Element durch die blühenden Mohnfelder.

Gebiet/Region:

Das Waldviertel ist ein Teil des österreichischen Bundeslandes Niederösterreich, nach Norden abgegrenzt durch die Staatsgrenze zu Tschechien. Das Waldviertel, dessen Name sich vom Waldreichtum der Region ableitet, stellt eine Hochfläche im Nordwesten Niederösterreichs dar.
Naturräumlich ist das Waldviertel in ein höher gelegenes westliches Waldviertel (oberes Waldviertel) und ein niedrigeres östliches Waldviertel (unteres Waldviertel) gegliedert.

Die Anbaugebiete des Waldviertler Graumohns g.U. umfassen die politischen Bezirke Zwettl, Gmünd, Waidhofen an der Thaya, Horn, Krems/Land (nördlich der Donau) und Melk (nördlich der Donau).

Das Waldviertel umfasst eine Fläche von etwa 4.600 Quadratkilometer.

Klima und Bodenverhältnisse:

Das Waldviertler Klima gilt als eher trocken und ist über weite Strecken hin ein kontinental geprägtes Hochflächenklima. Die Niederschläge erreichen fast nirgends 1.000 Millimeter pro Jahr.

Das Waldviertel ist geologisch ein Teil des Böhmischen Massivs (im Westen vor allem Granit, im Osten Gneis und kristalliner Kalk sowie in der Horner Bucht Löß).

Der sandig-lehmige, unkrautarme Boden des Waldviertels bietet die besten Wachstumsvoraussetzungen für Mohn bester Qualität.

Waldviertler Graumohn g.U.:

Waldviertler Graumohn g.U. gehört zu den Schlafmohn- beziehungsweise Ölmohnsorten (Papaver somniferum Linné) und ist als Schütt- und Schließmohn bekannt. Neben lokalen Waldviertler Landsorten gibt es die beiden registrierten Sorten Edel-Weiß und Edel-Rot. Aus produktionstechnischen Gründen könnte in Zukunft jedoch auch der großflächige Anbau als Schließmohn erfolgen.

Schüttmohn ist jener Mohn, dessen reife Kapsel unterhalb der Narbenfläche Löcher aufweist. Schließmohn hat geschlossene Köpfe und seine Samen sind dick und nierenförmig mit einer netzartigen Struktur.

Mohn ist eine einjährige Pflanze mit einer ausgeprägten Pfahlwurzel und einem kräftigen aufrechten und verzweigten Stängel von bis zu 180 Zentimeter. Die Knospe wird von zwei Kelchblättern umhüllt und enthält die vielfach gefalteten vier Blütenblätter. Die Blüte kann eine Farbpalette von weiß über violett bis rot aufweisen. Mohn ist ein Selbstbefruchter, dessen Samen sich in einer gefächerten Samenkapsel befinden.

Je nach Mohnsorte stellt sich die Form der Kapsel unterschiedlich dar. Das Kapselinnere wird durch zahlreiche Fächer unterteilt. An diesen Scheidewänden sitzen die Samen, die sich bei Erreichen der Reife lösen und am Boden der Kapsel sammeln.

Das Mohnkorn des Waldviertler Graumohns g.U. ist grau, von nierenförmiger Gestalt und im Vergleich zu den Samen anderer Mohnsorten relativ groß, etwa 1 bis 1,5 Millimeter lang und 0,7 bis 1 Millimeter breit. Die Oberfläche zeigt eine netzartige Struktur.

Waldviertler Graumohn g.U. ist eine Sorte, die besonders arm an Opiaten ist.

Der Waldviertler Graumohn g.U. zeichnet sich durch eine schwache Samenschale und einen um 2 bis 3 Prozent höheren Ölgehalt im Vergleich zu den Blaumohnsorten aus. Der Ölgehalt beträgt zwischen 43,4 bis 48,4 Prozent. Durch diesen hohen Ölgehalt weist der Waldviertler Graumohn g.U. einen ausgeprägten, milden und nussartigen Mohngeschmack auf. Waldviertler Graumohn g.U. weist einen sehr hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren (circa 85 Prozent) auf.

Die Blätter des Waldviertler Graumohns g.U. sind zum Unterschied zu anderen Mohnsorten weicher, an den Blatträndern gesägt und üppig lappig, der Stengel weist eine typische Behaarung auf. Aufgrund dieser speziellen Eigenschaft kann der Waldviertler Graumohn g.U. den durch die im Waldviertel vorherrschenden hohen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht hervorgerufenen Tau besser ausnützen, was für seine gute Entwicklung vorteilhaft ist.

Die Temperaturschwankungen im Gebiet haben überdies auch eine besondere Wirkung auf die Ausbildung der Samenkörner, die sich bei Kälte zusammenziehen und bei Wärme ausdehnen. Durch diese Bewegung ergibt sich eine geschmackliche intensivere Ausprägung. Durch die kargen Waldviertler Böden entwickelt sich der Graumohn darüber hinaus nur langsam, was sich wieder auf die Qualität und Menge des Mohnöls positiv auswirkt. Die trockene Erntewitterung ist für die Mohn- und Kapselqualität von ausschlaggebender Bedeutung.

Anbau:

Der Mohnanbau verlangt große Sorgfalt und einen „gartenmäßig“ vorbereiteten Boden. Im Hinblick auf die geringe Frostempfindlichkeit wird der Mohn zeitig im Frühjahr (Anfang März bis Ende April) gesät, um die Winterfeuchtigkeit für die Jungpflanzenentwicklung auszunützen. Die Bodentemperatur sollte mindestens plus 3 Grad Celsius betragen, damit der Keimungsprozess ungestört in etwa 2 bis 3 Wochen ablaufen kann. Obwohl der junge Mohn relativ unempfindlich gegen niedrige Temperaturen ist, verursachen erfahrungsgemäß Spätfröste und Trockenheit der aufkeimenden Pflanze Probleme. Ein nochmaliger Anbau kann notwendig werden. In der Hauptvegetationszeit stellt die Mohnpflanze hohe Wärmeansprüche.

Etwa 350 Gramm Mohnsaatgut wird für einen Hektar benötigt. Der Samen wird mit Einzelkornsämaschinen in Abständen von circa 10 Zentimeter etwa 1 Zentimeter tief in die Erde gedrückt. Die Reihenabstände betragen ungefähr 40 Zentimeter. Somit stehen etwa 40 Mohnpflanzen auf einem Quadratmeter.

Mohnblüte:

Rund 70 bis 90 Tage nach der Aussaat beginnt die Mohnblüte. Im Waldviertel blüht der Mohn von Ende Juni bis Mitte Juli. Die Blütenknospe steht anfangs aufrecht, wenige Tage vor dem Aufblühen neigt sich der Blütenstiel abwärts und hebt sich wieder empor, um die prächtige Blüte zu entfalten. Die einzelne Blüte ist nur ein bis zwei Tage geöffnet, Staubbeutel und Kronblätter fallen oft schon am Erblühtag wieder ab. Mohn wird deshalb auch als Eintagsblume bezeichnet. Die Befruchtung erfolgt überwiegend in der noch geschlossenen Blüte. Auch Fremdbefruchtung durch Wind und Insekten ist möglich. Mohnblüten enthalten keinen Nektar, geben keinen Duft ab, sind aber reich an Pollen.

Pflanzenschutz:

Bis dato sind amtlicherseits keine Pflanzenschutzmittel für Mohn zugelassen. Zur Lösung des Unkrautproblems wird ein dreimalig wiederholter Hackvorgang empfohlen.

Ernte:

Eine trockene Erntewitterung sowie eine rasche und schonende Ernte sind für die Mohn- beziehungsweise Kapselqualität von ausschlaggebender Bedeutung. Die Samen lösen sich bei Erreichen der Reife von den Scheidewänden und sammeln sich am Boden der Kapsel. Ein weiteres Merkmal für den Erntezeitpunkt ist die braune Verfärbung der Kapsel, die gleichzeitig hart und trocken wird. Reife Mohnfelder machen sich durch ein rasselndes Geräusch bemerkbar.

Die Mohnernte erfolgt händisch oder maschinell. Da sich die Samenkapseln des Waldviertler Graumohns g.U. bei der Reife öffnen, können die Samen ohne Zerstörung der Kapsel gewonnen werden.

Zu bevorzugen ist die die Ernte mit der Hand. Dabei werden die Kapseln mit zirka 30 Zentimeter Stiellänge abgeschnitten. Hat man ein handumfassendes Bündel geerntet, werden die Samen durch die Löcher unterhalb des Narbenkranzes in vorbereitete Tücher oder Gefäße geschüttelt.

Für die maschinelle Ernte wurden vom „Waldvierltler Sonderkulturverein“ (vormals Verein zur Förderung von Sonderkulturen im Waldviertel) spezielle Mohnerntemaschinen entwickelt. Da der Waldviertler Graumohn g.U. zum Unterschied zu anderen Mohnsorten einen relativ hohen Ölgehalt und eine sehr schwache Samenschale aufweist, würde er bei einer Ernte mit herkömmlichen Mähdreschern angeschlagen und zerquetscht und dadurch ranzig werden. Dies würde zu großen Qualitätseinbußen führen.

Damit der erntefrische Mohn keine Stängel- und Kapselteile enthält, wird dieser mit speziellen Vorrichtungen, das heißt Maschinen wie Windsichter, Trieure und Gewichtsausleser gereinigt. Um lagerfähigen Mohn zu erhalten, muss dessen Feuchtigkeitsgehalt kontrolliert werden. Die einzelnen Chargen werden getrennt gelagert und aufbereitet, damit jederzeit der Hersteller festgestellt werden kann.

Der Mohnsamenertrag schwankt durchschnittlich zwischen 800 und 1.000 Kilogramm pro Hektar. Unter optimalen Bedingungen sind Erträge bis 2.000 Kilogramm zu erzielen. Für Dekorations- und Zierzwecke kommen nur Kapseln in Frage, die in Farbe und Form entsprechen.

Vermarktung:

Ab Hof-Verkauf, Gastronomie, Lebensmitteleinzelhandel, Export nach Deutschland und Schweiz, kleine Wiederverkäufer.

Etikettierung:

Erfolgt die Vermarktung nicht über die Landwirte direkt, sondern über Zwischenhändler, so wird jede einzelne Charge mit einer Erzeugernummer (oder Chargennummer) versehen, wodurch jederzeit der Erzeuger festgestellt werden kann.

Der Mohnanbau spielt für die vorrangig kleinstrukturierte Landwirtschaft im Waldviertel eine bedeutende wirtschaftliche Rolle und gewinnt als landschaftsprägendes Element speziell auch für den Tourismus immer mehr an Bedeutung. Die rot-weiß-rot blühenden Mohnfelder locken jährlich viele Urlauber ins Waldviertel. Darüber hinaus ist Mohn ein traditioneller Bestandteil der regionalen Küche.

Der Mohnanbau spielt für die vorrangig kleinstrukturierte Landwirtschaft im Waldviertel eine bedeutende wirtschaftliche Rolle und gewinnt als landschaftsprägendes Element speziell auch für den Tourismus immer mehr an Bedeutung. Die rot-weiß-rot blühenden Mohnfelder locken jährlich viele Urlauber ins Waldviertel. Darüber hinaus ist Mohn ein traditioneller Bestandteil der regionalen Küche.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Spezielle, sandig-lehmige, karge Böden und das trockene Klima mit hohen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht mit ausgeprägtem Tau bieten beste Wachstumsvoraussetzungen für Mohn bester Qualität.
  • Waldvierter Graumohn g.U. ist als Schüttmohn bekannt und umfasst neben lokalen Waldviertler Landsorten auch die registrierten Sorten Edel-Weiß und Edel-Rot, die sich optimal an die lokalen Gegebenheiten angepasst haben.
  • Durch spezielle Produktionsmethoden und besondere geographische Verhältnisse kann Graumohn erzeugt werden, der sich durch eine schwache Samenschale, einen besonders hohen Ölgehalt, geringen Opiatgehalt und durch eine intensive geschmackliche Ausprägung auszeichnet.
  • Die Erzeugung von Waldvierter Graumohn g.U. ist das Ergebnis des Traditionellen Wissens, das über die Generationen weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Mohnbauern (Anpassung Mohn an die Gegebenheiten der Umwelt; Entwicklung von lokalen Landsorten, althergebrachte Anbau- und Erntemethoden).

Verwertung:

Mohn ist traditioneller Bestandteil der regionalen Küche. Traditionell wird er zur Produktion von Mohnöl und für Mohnbackwaren verwendet. Er wird verarbeitet in Knödeln, Tatschkerln, Zelten, Strudeln und Nudeln.

In der pharmazeutischen Industrie misst man Mohn wegen der Wirkung seiner Alkaloide beispielsweise Morphin große Bedeutung bei. Die getrockneten Mohnkapseln sind beliebter Bestandteil von Ziergestecken und Dekorationselementen.

Schutz:

Die Beschreibung der Spezifikation für die Registrierung als g.U. liegt im Österreichischen Patentamt auf (Nationales Aktenzeichen: HA 2/2007, ursprüngliche Zahl 1197-GR/95).

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Niederösterreich, Region, Waldviertel, Mohn, Graumohn, Papaver sp., Papaveraceae, Mohnöl, Mohnbackwaren

Bibliographie/ Referenzen

  • Ditta Rudle, Reinhard Mandl: Waldviertler Graumohn. Pichler Verlag, 1998; ISBN: 3854311737
  • Verordnung (EWG) Nummer 2081/92. Antrag auf Eintragung Artikel 17, g.U. (Nationales Aktenzeichen: HA 2/2007, ursprüngliche Zahl 1197-GR/95)
  • Waldland
  • Waldviertel
  • Waldviertler Raritäten

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 06.04.2022.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Waldviertler Sonderkulturenverein
3533 Oberwaltenreith 10
Telefon: +43 2826 7443
E-Mail: hof@waldland.at
Homepage: www.waldland.at

Autoren

Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus überarbeitet durch den Serviceverein geschützte Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel SVGH

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