Steirischer Kren g.g.A.
Traditioneller Anbau, Ernte und Verarbeitung von Kren (Amoracia rusticana) in der südlichen Steiermark
Registernummer: 55
Offenlegungsdatum
Der gute Ruf des Steirischen Krens g.g.A. ist bereits seit circa 140 Jahren bekannt.
Titel
Steirischer Kren g.g.A
Kurzdarstellung oder Behauptung
Traditioneller Anbau, Ernte und Verarbeitung von Kren (Amoracia rusticana) in der südlichen Steiermark.
Produktbezeichnung, Produktklasse
Kren, Gemüse
Name der Region
Südsteiermark, Steiermark, Österreich
Suchgebiet
Lebensmittel und Landwirtschaft
Name des Informationsgebers
Landwirtschaftskammer Steiermark
Mag.a Martina Koller
Name des Antragstellers für den Titel
Landesverband Steirischer Gemüsebauern
Hamerlinggasse 3, A-8010 Graz
Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen
Steirische Krenanbauern und - verarbeiter, angeführt in einem Erzeugerregister des Landesverbandes Steirischer Gemüsebauern
Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels
Landesverband Steirischer Gemüsebauern
Hamerlinggasse 3, A-8010 Graz
Beschreibung
Geschichte:
Kren (Meerrettich) wurde schon in der Antike kultiviert. Er war 1500 vor Christus in Ägypten bekannt und wurde traditionell beim jüdischen Pessach Seder verwendet. Cato der Ältere (234 bis 149 vor Christus) behandelt diese Pflanzen in seiner Abhandlung über die Agrikultur. Kren ist vermutlich die Pflanze, die Plinius der Ältere (23 vor Christus bis 79 nach Christus) in seiner Naturalis Historia unter dem Namen Amoracia erwähnt und sie wegen ihrer medizinischen Qualitäten empfiehlt. Kren ist vermutlich der wilde Rettich oder raphanos agrios der Griechen.
Einer lokalen steirischen Legende zufolge entdeckte im 13. Jahrhundert ein Bauer Namens Sarossa rein zufällig im Saßtal (Bezirk Feldbach) die Wirkung von Kren. Er beobachtete, dass sich sein Pferd durch das Ausgraben und Fressen von Kren von einer Krankheit erholte und er entdeckte hierauf diesen gesundheitlichen Effekt auch bei ihm selbst. Seither werden die Krenwurzeln lokal als Sarossa-Wurzeln bezeichnet. Es ist bemerkenswert, dass in dieser Legende eine Beziehung zwischen Kren und Pferd besteht, da im Englischen Kren als „horseradish“ bezeichnet wird. Allerdings bedeutet, etymologisch gesehen, „horse“ nicht „Pferd“ sondern ist eine ehemals allgemeine figurative Bezeichnung für „stark, gross, grob".
Der gute Ruf des Steirischen Krens g.g.A. ist bereits seit circa 140 Jahren bekannt. Der feldmäßige Anbau in der Steiermark entwickelte sich ab 1940 ausgehend vom Bezirk Radkersburg. Seit 1967 wird über den Landesverband Steirischer Gemüsebauern der vertragsmäßige Anbau organisiert. Dadurch war es möglich, dem Steirischen Kren g.g.A. auch zu Exportbedeutung zu verhelfen. Seit über 40 Jahren wird der Steirische Kren g.g.A. in wirtschaftlich bedeutenden Mengen auch konserviert.
Die steirischen Landwirte haben darüber hinaus wesentlich zur Entwicklung der Anbau- und Erntemethoden in diesem Agrarbereich beigetragen. Im Jahre 1976 wurde beispielsweise ein Patent zur Verpackung von Krenwurzeln erteilt. Weiters wurde ein spezielles Rodegerät für die Krenernte in der Steiermark entwickelt und einer steirischen Firma wurde weiters für das Verfahren zur Haltbarmachung frisch geriebenen Krens der größte steirische Technologiepreis, der „Fast Forward Award“, verliehen.
Zahlreiche Medienberichte bestätigen sowohl die Beliebtheit des Steirischen Krens g.g.A. als auch die wirtschaftliche Bedeutung des Krenanbaus und der Krenverarbeitung für die Region. Unverarbeiteter Kren wird traditionellerweise im steirischen Krenanbaugebiet vor allem in Buschenschenken als Beigabe zu diversen Jausengerichten geschätzt.
Ernährung:
Meerrettich enthält Vitamin C, Vitamine B1, B2 und B6, Kalium, Calcium, Magnesium, Eisen und Phosphor sowie flüchtige Öle wie Senföle, die antibiotisch wirken können. Das Senföl Allylisothiocynat ist für den stechenden und tränenreizenden Geruch des Krens verantwortlich.
Die diuretische Wirkung von Kren ist bekannt. Es wurden Bestandteile des Krens entdeckt, die einige Bakterienstämme abtöten. Das Enzym Meerrettichperoxidase ist ein wichtiges Marker-Enzym in biochemischen Forschungsgebieten.
Gebiet/ Region:
Steirischer Kren g.g.A. wird traditionell im südlichem Teil der Steiermark in den Bezirken Radkersburg, Feldbach, Leibnitz, Deutschlandsberg, Voitsberg, Graz-Umgebung, Weiz, Hartberg und Fürstenfeld (Linie Hartberg - Weiz – Graz - Voitsberg) angebaut. Dieses Gebiet ist durch die Wechsel- (derzeitige Bezeichnung B 54) beziehungsweise die Packerbundesstraße (derzeitige Bezeichnung B 70) abgegrenzt.
Klima- und Bodenverhältnisse:
Das illyrische Klima in der Südsteiermark zeichnet sich durch eine hohe Luftfeuchtigkeit, relativ hohe Niederschlagsmengen und hohe Temperaturen in der Vegetationsperiode aus. Die durchschnittliche Jahrestemperatur beträgt 9,5 Grad Celsius; die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge beträgt 880 Millimeter. Die mittelschweren Böden (Braunerde mit hohem Tonanteil) im Krenanbaugebiet besitzen eine gute Wasserführung und schaffen somit ideale Wachstumsbedingungen. In Zusammenwirken mit diesen Einflüssen entstand durch jahrzehntelange vegetative Vermehrung (Fechserselektion!) in der Südsteiermark der Steirische Kren g.g.A. mit seinen vorzüglichen Geschmackseigenschaften und seinem charakteristischen Aussehen, welches ihn für Fachleute schon rein optisch von Krenstangen anderer Herkünfte unterscheidbar macht. Von den Konsumenten geschätzt und gezielt nachgefragt, wird er vor allem wegen seiner würzigen Schärfe.
Steirischer Kren g.g.A:
Der Steirische Kren g.g.A. (lateinischer Name: Amoracia rusticana) ist eine Pflanze aus der Familie der Brassicaceae = Cruciferae, Synonym ist die Bezeichnung „Meerrettich“. Genutzt werden die durch Kultur erzielten Krenstangen als Frischware und teilweise (speziell in der Verarbeitung) die dünnen Seitenwurzeln.
Beschreibung des unverarbeiteten Steirischen Krens g.g.A:
Der Steirische Kren g.g.A. hat ein typisches Aussehen, gekennzeichnet durch glatte, gleichmäßige Stangen mit lediglich leicht gebogenem Kopf und wenige Feinwurzeln. Die durchschnittliche Gesamtlänge der Hauptwurzel beträgt 25 bis 30 Zentimeter (er wird allerdings auch in Teilstücke geschnitten verkauft), der Stangendurchmesser beträgt circa 3 Zentimeter.
Geschätzt wird der Steirische Kren g.g.A. vor allem wegen der würzigen Schärfe, welche bei diversen Verkostungen und Beschreibungen oft hervorgehoben wird. Der Steirische Kren g.g.A. ist weiters durch einen starken Wuchs und der fehlenden Neigung zum Bitterwerden charakterisiert.
Herstellungsverfahren:
Im Frühjahr werden die Fechser (ausgesuchte Seitenwurzeln) auf das vorbereitete Feld in einem Reihenabstand von 70 Zentimeter ausgelegt. Diese Arbeit erfolgt mit entsprechenden Legemaschinen, wobei die Krenfechser in einem Abstand von jeweils 10 bis 15 Zentimeter voneinander fast waagrecht abgelegt werden (in anderen Produktionsländern werden die Fechser auch senkrecht abgelegt).
Um die Bildung von unerwünschten mehrköpfigen Stangen zu vermeiden, werden die Fechserköpfe ab Juni freigelegt und bis auf den Stärksten alle Seitentriebe ausgebrochen. In weiterer Folge werden die Stangen nochmals frei gelegt, um die Seitentriebe und Seitenwurzeln bis auf den untersten Wurzelkranz durch Abreiben oder Abschneiden zu entfernen. In feuchten Jahren wird diese Arbeit nach circa einem Monat wiederholt. Dies geschieht auch heute noch in mühevoller Handarbeit. Durch diese Maßnahmen ist es möglich, im Spätherbst (November) oder im zeitigen Frühjahr (Februar/März) glatte, gleichmäßige Stangen mit leicht gebogenem Kopf zu ernten. Diese ist verantwortlich für das charakteristische Aussehen des Steirischen Krens g.g.A.
Die Ernte erfolgt mittels Rodegerät (gegenläufiger Schwingsiebroder). Dabei werden die Krenwurzeln ausgehoben und auf der Oberfläche abgelegt. Die geernteten Krenstangen werden gereinigt und für die Frischvermarktung meist foliert, manchmal auch in Stücke geschnitten, angeboten. Um die Krenstangen kontinuierlich am Markt anbieten zu können, werden sie in ungeputztem Zustand bei Temperaturen von minus 2 Grad Celsius gelagert Die Anbaufläche beträgt derzeit in der Steiermark circa 300 Hektar. Die Jahresproduktion liegt bei circa 3.000 bis 4.000 Tonnen.
Aufbereitung von verarbeitetem Steirischen Kren g.g.A:
Zur Weiterverarbeitung gelangen sowohl die Krenstangen, als auch die dünneren Seitenwurzeln, jedenfalls jedoch ausschließlich (zu 100 Prozent) ausgewählte, kontrollierte und handverlesene Rohware aus dem angegebenen Erzeugungsgebiet. Nicht sofort verarbeitete Rohware kann bei minus 2 Grad Celsius in Kühlräumen gelagert werden. Die Krenstangen werden in schonenden Verfahren geputzt, gewaschen und händisch verlesen, um jene mit schlechter Qualität auszusortieren. Danach werden die Krenstangen frisch gerieben und entweder mit Konsistenz gebunden und haltbar machenden Zusatzstoffen verfeinert (Essig, Öl, Zitronensäure, Schwefel), um so das besondere Aroma und die Schärfe des Steirischen Krens g.g.A. zu erhalten, oder frisch geriebener Kren wird in einem natürlich schonenden Verfahren haltbar gemacht (Zusatz von E 223, Konservierungsmittel), und ist somit für einige Monate dem frisch geriebenen Kren gleichzusetzen. Abschließend kommt es zur sterilen Abfüllung in Gläser, Tuben oder Fässer.
Ursprungsnachweis:
Eine Liste der steirischen Krenanbauer wird in einem Erzeugerregister des Landesverbandes Steirischer Gemüsebauern geführt. Nur jene Produzenten, die in diesem Register aufscheinen, dürfen den Steirischen Kren g.g.A. als unverarbeitete Rohware anbieten beziehungsweise als solchen bezeichnet an Firmen zur Vermarktung beziehungsweise Verarbeitung liefern. Zu diesem Zwecke wurde vom Landesverband Steirischer Gemüsebauern gemeinsam mit den Abnehmerfirmen eine Arbeitsgruppe „Kren g.g.A.“ eingerichtet. Die Rückverfolgbarkeit der Herkunft mit der auf dem Produkt ersichtlichen Kennzeichnung erfolgt über Anbauverträge sowie über Flächenverzeichnisse bei Invekos-Mehrfachanträgen. Über die Aufzeichnungen der Produzenten (Flächenverzeichnisse, Ernte- sowie Verkaufsaufzeichnungen) ist die Herkunft des „Steirischen Krens g.g.A.“ jederzeit nachvollziehbar. Bei Ausweitung des Anbaus beziehungsweise bei einer Neuaufnahme des Anbaus ist der Bezug der Fechser (ausgewählte Seitenwurzeln zum Anbau von Kren) nachzuweisen. Es dürfen nur Fechser von registrierten, steirischen g.g.A.- Krenproduzenten verwendet werden. Eine Studie des Austrian Research Centers zur Unterscheidung des Steirischen Krens g.g.A. von ausländischen Krenproben mittels Isotopenuntersuchung ergab eine gute Identifizierung des Steirischen Krens g.g.A. im Vergleich zu Referenzproben anderer Herkünfte. Mit dieser Methode ist es in Zukunft im Zweifelsfall rasch und sicher möglich, die steirische Herkunft zu bestimmen oder auszuschließen.
Verwertung:
Steirischer Kren g.g.A. wird entweder frisch gerieben in einem natürlich schonenden Verfahren haltbar gemacht, sodass er im Aussehen und im Geschmack frisch geriebenen Kren gleichzusetzen ist; oder er wird gerieben und mit Konsistenz gebenden (cremig) und haltbar machenden Zusatzstoffen versehen. In beiden Fällen wird er in verschiedenen Gebindeformen (Tuben, Dosen, Gläsern et cetera) angeboten. Die ausschließliche Verwendung von steirischem Kren g.g.A. gewährleistet die hohe Schärfe und Würzigkeit. Zur Verarbeitung gelangen neben den Krenstangen auch die dünnen Seitenwurzeln. Durch die Verwendung des Steirischen Krens g.g.A. mit seinem Charakter gebenden Eigenschaften unterscheiden sich auch die Verarbeitungsprodukte von anderen Herkünften, da die Würzigkeit und Schärfe durch schonende Verfahren erhalten bleiben.
Darüber hinaus ist Steirischer Kren g.g.A. die Basis für Produkte, bei denen Kren mit Äpfeln, Beeren, Orangen, Obers, Gemüse und Senf kombiniert wird.
Kren ist eine beliebte Beilage zu Fisch und Fleischgerichten. Traditionelle Gerichte sind zum Beispiel das Steirische Wurzelfleisch mit Kren oder der Tafelspitz mit Apfelkren oder Semmelkren.
Schutz:
Die Beschreibung der Spezifikation für die Registrierung als g.g.A. liegt im Österreichischen Patentamt auf (Nationales Aktenzeichen: HA 1/2000; EG-Nummer: AT/PGI/005/0249/4.9.2002).
Schlüsselworte
Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Steiermark, Südsteiermark, Region, Kren, Amoracia rusticana, Steirischer Kren g.g.A.
Bibliographie/ Referenzen
- Veröffentlichung eines Eintragungsantrags nach Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nummer 510/2006 des Rates zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel.
- Zusammenfassung Verordnung (EG) Nummer 510/2006 des Rates Antrag auf Eintragung nach Artikel 5 und Artikel 17 Absatz 2 „STEIRISCHER KREN“ EG-Nummer: AT/PGI/005-0249/ 04.09.2002. Amtsblatt der Europäischen Union C 91/26, 12. April 2008
- Meerrettich
- Meerrettich
- Meerrettich (Armoracia rusticana, Kreuzblütler, Brassicaceae)
- horseradish
- horseradish (Wikipedia)
- SAROSSA- Steirischer Kren
- Steirer-Kren; die Innovation in der guten Küche!
- Steirischer Kren
- Steirischer Kren g.g.A.
Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 02.08.2024.
Sprachcode
Deutsch
Regionaler Ansprechpartner
Landesverband Steirischer Gemüsebauern
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E-Mail: garten@lk-stmk.at
Autoren
Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus, überarbeitet durch den Serviceverein geschützte Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel SVGH