Steirische Käferbohne g.U.

Steirische Käferbohne g.U.
Foto: Werner Krug

Traditioneller Anbau der Käferbohne (Phaseolus coccineus L.) in der Steiermark

Registernummer: 141

Offenlegungsdatum

Seit dem 19. Jahrhundert gilt die Käferbohne in der Steiermark als heimisch. Die historische Samensammlung im steiermärkischen Landesmuseum Joanneum im Schloss Stainz aus der Zeit Erzherzog Johanns (1782-1859) gibt erste Rückschlüsse auf die Beschäftigung mit der Käferbohne in der Steiermark.

Titel

Steirische Käferbohne g.U.

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditioneller Anbau der Käferbohne (Phaseolus coccineus L.) in der Steiermark. Kerngebiet ist der süd-östliche Teil der Steiermark. Käferbohne ist ein umgangssprachlicher Ausdruck in Österreich für Feuerbohnen (Phaseolus coccineus L.). Darunter werden überwiegend unterschiedlich-gesprenkelte Bohnen, von violett-schwarz bis braun-beige, verstanden. Käferbohnen werden vorwiegend als reife, getrocknete Bohnen und als verarbeitete (gekochte) Produkte auf den Markt gebracht. Saisonal wird die reife Bohne ungetrocknet angeboten. Die besondere Qualität der Käferbohnen beruht auf den besonders mineralhältigen Böden und dem speziellen illyrischen Klima in der Region. Weiters ist für die Qualität entscheidend das seit Generationen weiter gegebene Fachwissen der Käferbohnenbauern über an die geografischen Gegebenheiten angepassten Lokalsorten, die speziellen Anbauverfahren und Verfahren bei Ernte, Trocknung, Lagerung und Reinigung bis hin zur Handverlesung.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Bohnen, Gemüse

Name der Region

Steiermark, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Plattform zum Schutz der Steirischen Käferbohne g.U.

Name des Antragstellers für den Titel

Landesverband Steirischer Gemüsebauern

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Keine Angabe

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Landesverband Steirischer Gemüsebauern

Beschreibung

Geschichte:

Die Feuerbohne (Phaseolus coccineus L.) stammt ursprünglich aus Nordmexiko und Guatemala (Mittelamerika), gelangte Ende des 16. Jahrhunderts nachweisbar nach England und Spanien und verbreitete sich dann innerhalb von 100 Jahren in ganz Mittel- und Nordeuropa. Ein weiterer Weg wird im 17. Jahrhundert über die Krim nach Osteuropa (daher auch die Bezeichnung „Türkische Bohne“) vermutet.

In der Steiermark gilt die Käferbohne seit dem 19. Jahrhundert als heimisch. Die historische Samensammlung im steiermärkischen Landesmuseum Joanneum im Schloss Stainz aus der Zeit Erzherzog Johanns (1782-1859) gibt erste Rückschlüsse auf die Beschäftigung mit der Käferbohne in der Steiermark. Weitere Hinweise auf die Beschäftigung mit der Käferbohne in der Steiermark liefern Aufzeichnungen von Hlubek (1846), der Sekretär der Landwirtschaftsgesellschaft. Sie weisen auf den gemeinsamen Anbau von Mais und „Phaseolen" auf den Äckern im Raum Radkersburg (Steiermark) hin (vgl. Ruckenbauer, Pelzmann, 2009). In den Berichten der Gräflich Attems'schen Samencultur-Station in St. Peter bei Graz (Steiermark) von 1880 ist die „bunte, rothblühende Feuerbohne" mit „scharlachrothen oder reinweißen Blüthen" zu finden.

Die getrockneten Käferbohnen waren vor allem wegen ihrer einfachen Vorratshaltung sehr beliebt. Aus dem traditionellen Anbau im Hausgartenbereich (mit Stangen) entwickelte sich eine bäuerliche Produktion. Allmählich ging man von der arbeitsaufwändigen Heckenkultur auf die gemeinsame Kultur mit Mais als Stützpflanze über. Doch auch die Heckenkultur (ähnlich dem Hopfenanbau) ist weiterhin in der Region vorzufinden.

Gebiet/ Region:

Das Anbaugebiet der Steirischen Käferbohne liegt in der Steiermark und umfasst insbesondere die politischen Bezirke Bad Radkersburg, Feldbach, Weiz, Leibnitz, Deutschlandsberg, Graz-Umgebung, Hartberg und Fürstenfeld.

Klima und Bodenverhältnisse:

Der süd-östliche Teil der Steiermark weist illyrisches Klima auf, das gekennzeichnet ist durch Jahresdurchschnittstemperaturen von circa 10 Grad Celsius, relativ hohen Temperatursummen (viele Sonnenstunden und Temperaturen im Sommermittel über 20 Grad Celsius), Windarmut sowie viel Niederschlag (800 bis 1.000 Millimeter) mit Maxima in den Sommermonaten und danach. Die Luftfeuchtigkeit ist häufig hoch (10-20 schwüle Tage)

Das illyrische Klima ist stark von der Adriawetterlage beeinflusst, das in der Regel für regenreiche Sommer, milden Herbst mit teils frostigen Nächten und warmen Tagen, kalte und trockene Winter und einen oft schon Ende Februar einsetzenden, feuchten Frühling sorgt.

Die Klimabedingungen im Sommer bieten optimale Entwicklungsbedingungen hinsichtlich Temperatur und Feuchtigkeit für die sehr wärmebedürftigen Käferbohnen. Ferner sorgen diese Eigenschaften dafür, dass die Bohnen in den Monaten Oktober bis November optimal ausgereift sind.

Die Käferbohne wird meist auf leicht bis mittelschweren, kalkhaltigen, humosen Lehmböden kultiviert, deren pH Wert optimal bei 6 bis 7 liegt.
Durch die besonders mineralhältigen Böden der Region wächst die Steirische Käferbohne zu einer kulinarischen Spezialität.

Steirische Käferbohne:

Allgemein:

Die in dem Gebiet der Steiermark kultivierten Käferbohnen sind Landrassen von Phaseolus coccineus L., Hülsenfrüchtler (Leguminosae), Unterfamilie Schmetterlingsblütler (Faboideae).

Phaseolus coccineus L. ist auch unter den deutschen Bezeichnungen Feuerbohne, Prunkbohne, Blumenbohne, Schminkbohne, Türkische Bohne, Arabische Bohne oder Rosenbohne bekannt.

Der Name „Käferbohne“ ist, wie eine Umfrage nachweist, eine vorwiegend in der Steiermark gebräuchliche Bezeichnung für Bohnen mit bestimmtem Aussehen. Der Name Käferbohne wurde daher auch in das Österreichische Wörterbuch aufgenommen.

Der Ursprung des Wortes ist unklar. Es finden sich folgende Annahmen: die Bezeichnung könnte auf den häufigen Befall durch den Bohnenkäfer zurückzuführen sein oder auf die optische Ähnlichkeit mit Flügeldecken von Käfern. Eine weitere Vermutung ist, dass das Wort „Käferbohne“ aus dem Wort Körnerbohne durch Tradierungsfehler entstanden ist.

Pflanzenbeschreibung:

Die Käferbohne ist eine krautige, rankende Kletterpflanze, die sich bis über mehrere Meter emporwinden kann. Sie ist frostempfindlich und braucht besonders zur Blütezeit ausreichend Wärme und Wasser. Die Pflanze ist einjährig und die Bestäubung erfolgt durch Fremdbefruchtung. Somit ist eine Kreuzung mit daneben stehenden Sorten möglich und der Nachbau kann verschiedene Farben und Zeichnungen ergeben.

Blüte und Samen:

Die etwa 1 Zentimeter großen Blüten stehen in bestimmten Blattachsen und tragen 2 bis zu 10 Blüten in lang gestielten Blütentrauben. Die Blütenfarbe ist vorwiegend rot (Feuerbohne), doch sind auch Übergangstöne bis zu weiß möglich. Aus den befruchteten Blüten entstehen 4 Zentimeter bis 25 Zentimeter lange, dunkelgrüne, fleischige Hülsen, die bis zu 9 Samen (Bohnen) enthalten. Die Samen sind nierenförmig und im rohen Zustand bis circa 2,5 Zentimeter lang. Unter Steirischer Käferbohne werden überwiegend unterschiedlich-gesprenkelte Bohnen, von violett-schwarz bis braun-beige, verstanden; darunter fallen insbesondere die in der Steiermark auch züchterisch bearbeiteten Sorten Bonela und Melange, die im nationalen und europäischen Sortenregister eingetragen sind. Es handelt sich um große Sorten: das Tausendkorngewicht beträgt mindestens 1200 Gramm.

Herstellungsverfahren:

Anbau:

Das Zentrum der österreichischen Käferbohnenproduktion ist der süd-östliche Teil der Steiermark, wo auf mehr als 200 Hektar Käferbohnen angebaut werden.

Die Aussaat erfolgt zwischen Ende April und Mitte Mai, bei einer Bodentemperatur von etwa 8 bis 10 Grad Celsius.

Das in der Region vorherrschende illyrische Klima sorgt dafür, dass zur Anbauzeit der Boden einen Feuchtegehalt aufweist, der für das Auflaufen des Saatgutes geeignet ist.

Die Steirische Käferbohne wird in unterschiedlichen Erziehungsformen kultiviert. Allen Erziehungsformen ist gemeinsam, dass den Bohnen Rankhilfen angeboten werden. Ursprünglich mit Stangen (heute in Hausgarten), später zwischen Drähten gespannte Schnüre (Hecke) und in Mischkultur. Im Erwerbsanbau werden die Käferbohnen in arbeitsaufwändiger Heckenkultur oder in einer Mischkultur mit anderen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen (vorwiegend Mais) kultiviert. Bei einem Mischanbau mit Mais eignet sich am besten frühe Maissorten einer raschen Jugendentwicklung, mit schmalen Blättern (Licht!), mit guter Standfestigkeit und mit kleinem Korn zur besseren Trennung von Mais und Käferbohne bei der Ernte.

Ernte:

Die Bohnen werden im Herbst (Anfang Oktober bis Dezember) geerntet, wenn nach dem Eintrocknen der Hülsen die physiologische Reife erlangt ist. Der Feuchtegehalt der Bohnen bei der Ernte liegt bei etwa 40 Prozent. Gemeinsam mit dem Mais kultivierte Käferbohnen werden mit Spezialdreschmaschinen sorgfältig geerntet. Bei der Heckenkultur erfolgt die Ernte per Hand oder durch Spezialmaschinen. Nach der Ernte müssen die Käferbohnen von den Maiskörnern rasch getrennt werden. Erfolgt die Trennung zu spät verursachen die Maiskörner Druckstellen an der Käferbohne. Die Trennung erfolgt entweder mittels Flachsieben oder durch Zentrifugieren. Nach der Trennung werden die Käferbohnen getrocknet. Eine Trocknung nach der Ernte ist erforderlich, da Käferbohnen gegen Feuchtigkeit sehr empfindlich sind und zur Verpilzung neigen.

Bei der Heckenkultur können 1,5 bis 2,5 Tonnen pro Hektar Bohnen geerntet werden, beim Mischanbau mit Mais 0,7 bis 1,5 Tonnen.

Im Durchschnitt werden mehr als 250 Tonnen Bohnen geerntet, das sind etwa 90 Prozent der österreichischen Käferbohnenproduktion.

Pflanzenmaterial:

Die Käferbohnen stammen von lokalen Ökotypen ab, die in dem Gebiet seit mehr als einem Jahrhundert angebaut werden und die daher an die Umwelt so angepasst sind, dass sie optimale Eigenschaften für die lokalen Boden- und Klimabedingungen aufweisen. Die Landwirte selektieren, züchten und erhalten in der Steiermark bis heute auch ihr eigenes Saatgut.

Organoleptische Eigenschaften:

Die organoleptischen Eigenschaften beziehen sich auf gekochte Käferbohnen, da rohe Bohnen wegen enthaltener Toxalbumine Vergiftungserscheinungen auslösen können. Gekochte Bohnen weisen eine glatte Schale auf und schmecken fein und cremig mit einem Geschmack ähnlich der Maroni und einem zart nussigen Nachgeschmack.

Wirtschaftlicher Nutzen:

Die Käferbohne ist für die Bauern der Steiermark von großer wirtschaftlicher Bedeutung und eine wichtige Einnahmequelle. Durch die gemeinsame Kultivierung mit Mais ist eine ausreichende und wirtschaftliche Produktion möglich.

Ernährung:

Die Käferbohne dient als hervorragender Eiweiß-, Kohlehydrat- und Ballaststoffspender und ist gleichzeitig besonders fettarm. Die Bohne enthält nicht nur in hoher Konzentration Vitamin B, sondern eine Portion Käferbohnen deckt den täglichen Bedarf an Spurenelementen wie Mangan und Selen.100 Gramm gekochte Käferbohnen haben einen Brennwert von 396 Kilojoule und enthalten etwa 7,08 Gramm Eiweiß, 0,77 Gramm Fett, 11,55 Gramm Kohlenhydrate und 6,35 Gramm Ballaststoffe. An Mineralien und Vitaminen sind etwa 36 Milligramm Kalzium, 1,5 Milligramm Eisen, 5 Milligramm Natrium, 1,5 Mikrogramm Vitamin A (RE) und 0,3 Milligramm Vitamin C enthalten. Alle Angaben unterliegen natürlichen Schwankungen. Rohe, ungekochte Bohnen enthalten Phasin, eine giftige Eiweißverbindung aus der Gruppe der Lektine. Phasin kann schon bei kleineren Mengen schwere Vergiftungserscheinungen auslösen. Durch Erhitzen auf 75 Grad Celsius wird die Struktur dieses Giftes zerstört, so dass gekochte Bohnen vollkommen unbedenklich verzehrt werden können.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Die Eigenschaften der Käferbohnen sind auf natürliche, geografische Faktoren der Umgebung zurückzuführen, vorwiegend auf besondere Umweltbedingungen (Klima, Boden) im Anbaugebiet, sowie auf die genotypische Ausbildung von Pflanzenmaterial, das an diese Bedingungen angepasst ist.
  • Der Anbau der Käferbohne ist das Ergebnis Traditionellen Wissens, das an die in diesem Bereich Tätigen weitergegeben wurde: Erfahrung der Produzenten bei Auswahl und Vermehrung der Landsorten, Art der Anbaumethoden (Stützpflanzen für die Mischkultur), Eignung von geografischen Gegebenheiten (Böden, Klima), Erntetechnik und Zeitpunkt, Trocknung und Lagerung sowie Erfahrung der Verarbeiter und Vermarkter.

Verwertung:

Steirische Käferbohnen sind sowohl frisch als auch in getrockneter sowie eingelegter Form erhältlich. Zur Zubereitung müssen trockene Käferbohnen 12 bis 14 Stunden in Wasser eingelegt werden. Dadurch quellen sie bis auf das Doppelte auf und können anschließend gekocht werden. Sie sind als Steirische Käferbohne g.U. zu kennzeichnen. Übersetzungen gemeinsam mit der deutschen Bezeichnung sind zulässig.

Die Steirische Käferbohne ist in der traditionellen Küche der Steiermark verankert. Typischerweise wird in den regionalen Buschenschanken Steirischer Käferbohnensalat angeboten – hierbei ist die Zubereitung mit Steirischem Kürbiskernöl g.g.A. charakteristisch. Des Weiteren wird die Steirische Käferbohne auch zu köstlichen Jausen, Gebäck, Suppen, Hauptspeisen, Beilagen und Desserts verarbeitet. Die Käferbohne wird zudem wegen ihres hohen dekorativen Wertes auch als Blume beziehungsweise schattenspendende Ranke und als dekorativer Sichtschutz in der Region gepflanzt.

Schutz:

Seit August 2016 zählt die Steirische Käferbohne g.U. zu den Produkten, die in das EU-Herkunftsregister aufgenommen wurden.

Die Beschreibung der Spezifikation für die Registrierung als g.U. liegt im Österreichischen Patentamt auf (Nationales Aktenzeichen HA 1/2012).

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Region, Steiermark, Südoststeiermark, Gemüse, Bohnen, Feuerbohne, Käferbohne, Phaseolus coccineus L., Steirische Käferbohne

Bibliographie/ Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 02.08.2024.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Plattform zum Schutz der Steirischen Käferbohne g.U.
Hamerlinggasse 3
A-8010 Graz
Telefon: +43 316 8050 1623
E-Mail:
office@steirische-kaeferbohne.at

Autoren

Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus, überarbeitet durch den Serviceverein geschützte Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel SVGH

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