Striezel, Allerheiligenstriezel

Striezel
Foto: Christine Besenhofer

Traditionelle Herstellung von Brauchtumsgebäck in Österreich.

Registernummer: 255

Offenlegungsdatum

Der vermutlich erste Hinweis von Striezel stammt aus dem „Nachrichtenbuech“ (1699) aus Saxen, Oberösterreich, in dem das Gebäck als „Heiligenstriezel“ bezeichnet wird.

Titel

Striezel

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelle Herstellung von Brauchtumsgebäck in Österreich.
Der Striezel wird aus einem Briocheteig, einem mittelschweren süßem Hefeteig, zu einem Zopf geformt bzw. geflochten.
Nach Bedarf werden Rosinen mit in den Teig eingearbeitet. Typisch für den Striezel ist die Bestreuung mit Hagelzucker.
Striezel bzw. Zöpfe werden ausschließlich von Hand gefertigt.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Striezel, Fein- und Konditorbackwaren, Backwaren

Name der Region

Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Speisen

Name des Informationsgebers

Edmund Fröhlich

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Bäckereien und Konditoreien

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Ursprung/Symbolik:
Der Ursprung dieser Gebäckform geht vermutlich auf die Haartracht der Frauen, dem Haarzopf zurück. Im alten Ägypten war es Brauch, dass die hinterbliebenen Witwen mit ihren Dienerinnen dem verstorbenen Gatten bei lebendigem Leib ins Grab folgten. Auch bei den Germanen wurde die Witwe mit ihren Dienerinnen bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen mit dem verstorbenen Gatten verbrannt, bis an die Stelle des blutigen Opfers das abgeschnittene Haar der Frau trat, welches dann auch schließlich durch ein Teiggebilde, das Zopfgebäck, abgelöst wurde, das den Verstorbenen als Grabbeigabe zuteil wurde.

Diese Ablösung durch symbolische Teiggebilde gab es schon bei den Ägyptern, von welchen die Sitte auf die Griechen überging, sowie auf die Römer und dann auf die Germanen.

Schon die Bibel erzählt in der Geschichte von Samson, dass das Haar als ein Totenopfer gilt, denn in dessen Haar steckte das Geheimnis seiner hünenhaften Kräfte. Erst als Delila ihm dieses Geheimnis entlockte und ihm den Schopf abschnitt, wurde er besiegbar. Die Vorstellung, dass im Haar Persönlichkeit und Kraft eines Menschen stecken, zieht sich durch Zeiten und Kulturen.

In Österreich waren bis vor kurzem ebenfalls noch Haaropfer üblich (z.B. Votivopfer in den Wallfahrtskirchen). Sie wurden im Volksglauben als unheilabwehrende Handlung betrachtet. In einigen Gegenden fertigte man aus den Haaren eines Verstorbenen kunstvolle Bilder, die mitunter den Charakter eines Hausaltars annahmen.

Das Motiv des Flechtens und Knüpfens wurde im Volksglauben und –brauch vieler Völker als eine „den Lebensbereich des einzelnen vor den schädlichen dämonischen Einflüssen der Außenwelt sichernde Handlung“ angesehen. Durch den Genuss des Gebäcks soll dem Essenden Glück, Kraft und Fruchtbarkeit verliehen werden.

Striezel allgemein:
Der vermutlich erste Hinweis von Striezel stammt aus dem „Nachrichtenbuech“ (1699) aus Saxen, Oberösterreich, in dem das Gebäck als „Heiligenstriezel“ bezeichnet wird. Damals hatte er noch eine einfache Form, wurde aber schon aus Weizen, Fett, Eier und Honig gemacht.

Die Heimat des feinen Zopfgebäcks liegt vermutlich in Wien. Schon 1840 bezeichnet der „Österreichische Zuschauer“ die Herstellung der Striezel als dort altüberliefert: „Charakteristisch ist für die Österreicher, besonders für die Wiener, die uralte Sitte, sich am Tag aller Heiligen mit einem zopfartigen geflochtenen Weißbrot, dem sogenannten Heiligenstriezel, zu beschenken.“

Striezel verbreiteten sich auf Kosten älterer Gebäcksformen wie Wecken und Laibe, die vereinzelt den Namen der neuen Gebäcksform übernahmen (z.B. Allerheiligenlaib hieß dann Striezel).

Zopfgebäcke waren vorwiegend Festtagsgebäcke, die zu den verschiedensten Anlässen, wie zu Allerheiligen und Weihnachten, hergestellt wurden. In weiterer Folge wurde der Striezel auch als Ostergeschenk, Hochzeits-, Taufgeschenk verwendet und als Patengeschenk oder Glücksbringer verschenkt.

Am Tag der Unschuldigen Kinder (28. Dezember) zogen die Kinder in Kärnten früher von Haus zu Haus und wünschten beim „Frisch- und G’sundschlagen“ oder „Bisnen“ („Tschappen“, „Pfeffern“ oder „Schmeißn“) mit Zweigen oder Ruten Gesundheit und Glück im neuen Jahr. Als Lohn erhielten sie einen „Pisner-(Bisner-)striezel“ (Gebäck aus Roggenbrotteig gewürzt mit Kümmel, Fenchel oder Koriander).
Im Mölltal wurden am 15. August, dem hohen Frauentag, „Frauenstrützeln“ ausgeteilt.

Heute gibt es den Striezel das ganze Jahr über, der sich vor allem als Frühstücks- und Kaffeegebäck etabliert hat.

Geschichte der Herstellung:
Im Laufe der Jahre entwickelte sich der einfache Striezel zum geflochtenem Zopf, zuerst mit zwei Strängen, dann drei, vier usw.
1929 wurde in Oberösterreich das Beherrschen von verschiedenen Flechtarten in die Meisterprüfungsordnung aufgenommen.
Für die Herstellung von Striezel wurde früher anstatt Weizenmehl auch Mischmehl [Roggen- und Weizenmehl, Roggen- und Gerstenmehl, Roggen- und Haidenmehl (Buchweizenmehl)] verwendet.

Allerheiligenstriezel:
Der Allerheiligenstriezel zählt zu den bekanntesten Brauchtumsgebäcken. Beschreibungen des Gebäcks finden sich erst im 18. Jahrhundert.
Johann Siegmund Valentin Popowitsch (1705 bis 1774), ein österreichischer Sprach- und Naturforscher beschrieb den Allerheiligenstriezel folgendermaßen: „Allerheiligenstrüzel heißen im Österreichischen oben und untern zugespitzte, in der Mitte breite gebrochene Wecken, welche am Vorabend von Allerheiligen gebacken werden“.
Einst scheint das teilweise Vergolden der Heiligenstriezel weit verbreitet gewesen zu sein. Für Wien ist es noch für 1756 bezeugt.

Aus dem 19. Jahrhundert sind verschiedene örtliche Formen und Namen der Allerheiligengebäcke überliefert wie Sechswochenwecken oder Krotten, Pfemmatl, Sechswochenbacht.

Brauchtum des Allerheiligenstriezel:
Der Allerheiligenstriezel galt früher als Armenbrot, das zu Allerheiligen (1. November) und Allerseelen (2. November) als Gebäck stellvertretend für die Verstorbenen an Kinder und Arme verteilt wurde, mit dem Auftrag für die Toten zu beten.
In manchen Gegenden wurden Allerheiligenstriezel auch auf Gräber gelegt und sollten als Verpflegung für die in der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen auf die Welt zurückkehrenden Verstorbenen dienen.

Wie aus einem Bericht der „Theaterzeitung“ von 1855 hervorgeht, war es früher üblich, dass der Bäcker am Festtag seinen Kunden einen Heiligenstriezel als Geschenk überreichte. Dieser Brauch wurde um 1900 endgültig abgeschafft.

Allerheiligen war früher in vielen Regionen der „Godntag“, an dem Patentante oder Patenonkel zu Besuch kamen und dem Patenkind als Geschenk einen Allerheiligenstriezel mitbrachten, der an die Verbindung zwischen Leben und Tod, Heiligen und Nichtheiligen sowie Anfang und Ende erinnern sollte. Vielfach wurde in das Gebäck eine Silbermünze eingebacken. In Teilen Österreichs ist es auch heute noch Brauch, dass der Taufpate bis zur Firmung zu Allerheiligen ein Patengeschenk (Godnsach) bringt.

Im Burgenland spielt der Heiligenstriezel als Liebesgabe eine wichtige Rolle. Die Burschen kauften ihn am Vorabend vor Allerheiligen in den Bäckereien, um ihn dann am Festtag selbst als „Verehrerstriezel“ ihren Mädchen zu schenken. Im steirischen Nachbargebiet ließen junge Mädchen ihren „Heiligenstritzl“ von jenem Burschen, der ihr Liebster werden sollte, anschneiden und kosten. Schnitt sich der Auserwählte ein tüchtiges Stück herunter, so galt die Liebeserklärung als angenommen.

Im südlichen Niederösterreich gingen noch 1939 sogenannte „Heilinggeher“ in Gruppen von sechs oder sieben Personen in umgedrehten schwarzen Pelzen, mit geschwärzten Gesichtern und in Begleitung einer „Habergeiß“, einer Ziegenmaske, die an einer Kette geführt wurde, unter Führung eines „Teufels“, der die Gaben einsammelte, von Haus zu Haus. Schon von weitem hörte man sie jammern, als wenn sie am Erfrieren wären. Die Gruppe postierte vor der Haustür der Bauernhäuser und bettelte um Gaben (Heiligenstriezel, in manchen Gegenden zusätzlich auch Früchte), welche die Hausleute entweder selbst in den weitgeöffneten Sack des „Teufels“ warfen oder auf dem Fußboden des Vorhauses auf die „Heilinggeher“ zurollten.
In Kirchau in der Buckligen Welt waren „Stritzelbettler“ bekannt: „Gelobt sei Jesus Christus, tat bitten um an Heiligenstriezel.“ Beim Abschied vom Hof hieß es: „Vergelt’s Gott, Allerheiligen, seid’s a guate Schmalzkochbäuerin“.

Das „Striezelpaschen“ ist eine Weinviertler Tradition, bei der in geselliger Runde im Wirtshaus um die Allerheiligenstriezel gewürfelt wird.

Im oberen Weinviertel wurden die noch teigigen, demnach ungebackenen Allerheiligenstriezel auf Strohbänder gelegt, mit denen man danach die Obstbäume (als Winterschutz) umwand. Die Bäume sollten dadurch im nächsten Jahr besonders fruchtbar werden.

Wenn ein im Haus hergestellter Allerheiligenstriezel nicht aufgeht, bedeutet dies dem Volksglauben nach, dass man im nächsten Jahr sterben oder sonst ein großes Unglück haben wird.

Heute haben nur wenige Gebildebrote des österreichischen Festtagsbrauchtums sich die Vorliebe der Bevölkerung in derartigem Maße erobert, wie die zopfartig geflochtenen Allerheiligenstriezel.

Gebiet/Region:

Österreich

Striezel, Allerheiligenstriezel:

Im Osten ist der Begriff „Striezel“ mehrheitlich geblieben, im westlichen Österreich, in Bayern und der Schweiz ist der Ausdruck „Zopf“ gebräuchlicher.
Der Striezel ist im österreichischen Lebensmittelcodex Kapitel B18 als „Feine Hefeteigbackware“ angeführt. Feine Hefeteigbackwaren werden aus Teigen hergestellt, die mit Backhefe, fallweise zusätzlich mit Backpulver gelockert werden.

Methode der Herstellung:

Der Striezel wird aus einem Briocheteig, einem mittelschweren Hefeteig, zu einem Zopf geformt bzw. geflochten.
Mittelschwere Hefeteige enthalten bis zu 20 % Zucker und 20 % Fett auf 1 kg Mehl.
Nach Bedarf werden Rosinen mit in den Teig eingearbeitet. Typisch für den Striezel ist die Bestreuung mit Hagelzucker.

Die Grundstufe bei der Herstellung der verschiedenen Zopfgebäcke ist zunächst der „Einstrangzopf“. Auf ihm baut sich die Vielfalt der weiteren Zopfgebäcke auf, wie vom Zweistrang-, Dreistrang-, Vierstrang-, Fünfstrang- bis hin zum Achtstrang in flacher oder hoher Form (insgesamt gibt es rund 54 Arten). Daraus entstehen wiederum kunstvolle Gebilde, wie Kreuz- und Sternzopf, sowie weitere phantasievolle Gebäcke, wie Hochzeitsbrezel, Eidechse, Muttertagsherz etc.

Striezel bzw. Zöpfe werden ausschließlich von Hand gefertigt, was viel Geschick und Übung, sowie auch Kreativität (z.B. bei Schaugebäcke) erfordert.

Der Allerheiligenstriezel ist ein aus vier- oder sechs Strängen geflochtener Zopf. Er kann mit gehobelten Mandeln bestreut oder mit handgeformten Vögeln (z.B. Tauben aus Wasserteig), Schnecken bzw. Rosetten (aus Wasserteig), modelgeformten Tauben, Blumen, Sternen oder Teigmännchen verziert werden.
Die Größe schwankt zwischen 15 und 40 cm.

Rezept Allerheiligenstriezel (nach Edmund Fröhlich):

Beispiel für einen halbschweren Hefeteig

Zutaten:
500 g Weizenmehl Type 700
175 g Milch
100 g Butter
90 g Zucker
50 g Hefe
5 g Salz
5 g Backmalz
2 1/2 Eigelb
Aromen: Vanille und Zitrone
evtl 75 g Rosinen
Hagelzucker oder gehobelte Mandeln zum Bestreuen

Herstellung:
Der Teig wird in der direkten Teigführung, ohne die Bereitung eines Dampfls hergestellt.
Der Teig kann entweder mit einem Kochlöffel oder unter Verwendung einer Küchenmaschine gemischt werden. Alle Zutaten (bei Verwendung einer Küchenmaschine Rosinen erst später einarbeiten) in einem Kessel und solange mischen bis sich der Teig von der Kesselwand löst. Die Teigtemperatur sollte 28 °C nicht überschreiten.
Nach einer mind. 20 minütigen Pause den Teig einmal zusammenstoßen, in gleich große Stücke auswiegen und nach einer kurzen 10 minütigen Pause kann das Formen beginnen.
Nach dem Formen kommt die Garzeit das ist jene Zeit, wo sich die Hefe entwickelt. Den Teig möglichst bei feuchter Wärme (ca. 35 bis 40 °C) ca. 40 Minuten stehen lassen. Die Dauer der Gare ist von Gebäckart, Größe, Zutaten und Temperatur abhängig.
Vor dem Backvorgang den Striezel mit Dotter bestreichen und bei offenem Zug (eingehängtem Rohr) bei 180 °C und fallender Hitze auf 150 °C ca. 30 min. backen. Ausgebacken ist der Striezel dann wenn die Außenfarbe goldgelb, und die Flechtknotenpunkte nicht mehr weiß sind. Darüber hinaus kann mit einem reinen Metallspieß eine Stichprobe gemacht werden. Wenn der Spieß ganz rein bleibt, sprich keine Teigreste auf dem Spieß kleben, ist auch die Mitte durchgebacken.

Weitere Varianten:

Mohn- oder Nusszopf:
Werden Zöpfe gefüllt, z.B. mit Mohn oder Nuss, werden sie aus leichtem Hefeteig hergestellt und nach der Art der Füllung bezeichnet.

Osterkipfel, Osterkranz:
Zu Ostern wird der Striezel zu einem „Osterkipfel“, was einem großen Hefehörnchen entspricht, oder zu einem „Osterkranz“ geflochten, manchmal wird ein buntes Ei mitgebacken.

Verwertung:

Striezel werden auch als beliebtes Milchbrot weit über den speziellen Festtagsgebrauch hinaus als Frühstücks- und Kaffeegebäck verwendet.

Weiteres wird der Striezel für die Herstellung der Speise „Scheiterhaufen“ verwendet.

Produzenten:

Bäckereien und Konditoreien

Verfügbarkeit:

ganzjährig

Schlüsselworte

Lebensmittel und Speisen, Traditionelles Wissen, Österreich, Backwaren, Fein- und Konditorbackwaren, Hefebackwaren, Striezel, Allerheiligenstriezel

Bibliographie/ Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 04.01.2024.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Keine Angabe

Autoren

Edmund Fröhlich, Mag. Doris Reinthaler, Daniela Trenker B.A., Mag. Eva Sommer