Buchteln

Buchteln
Foto: Manuela Pichler, Seminarbäuerin

Buchteln gelten heute als Inbegriff österreichischen Kaffeegebäcks.

Registernummer: 175

Offenlegungsdatum

Buchteln sind ein klassischer Beitrag der „böhmischen Küche“ zur Wiener Küche und sind in Wien vermutlich seit der Biedermeierzeit (1815 bis 1848) bekannt. Buchteln gelten heute als Inbegriff österreichischen Kaffeegebäcks.

Titel

Buchteln

Kurzdarstellung oder Behauptung

Buchteln, in einigen österreichischen Dialektformen auch „Wuchteln“ genannt, sind eine Feine Backware aus Hefeteig, der im österreichischen Sprachgebrauch als „Germteig“ bezeichnet wird. Buchteln haben ihren Ursprung in der böhmischen Küche. Traditionell werden sie im Rohr in einer Rein (=Pfanne) gebacken und mit Powidl (Zwetschkenmus) oder Marillenmarmelade gefüllt oder vor dem Servieren mit Vanillesauce übergossen und als Nachspeise oder süße Hauptspeise gereicht. Die ungefüllte Variante besitzt meist eine kleinere Form und wird als „Dukatenbuchtel“ bezeichnet.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Feine Backwaren, Feine Hefeteigbackwaren, im österreichischen Sprachgebrauch „Mehlspeisen“

Name der Region

Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Speisen

Name des Informationsgebers

Edmund Fröhlich, Dipl. Päd. Ludwig Mann; Überarbeitung Dipl.Ing. Alfred Mar (2023)

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Bäckereien und Konditoreien

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

keine Angabe

Beschreibung

Geschichte des Hefeteigs ("Germteigs"):

Germ ist eine österreichische Bezeichnung für Hefe. Das Wort „Germ“ leitet sich von "gären" ab. Die Verwendung von Hefe dürfte ihren Ursprung in Ägypten haben. Die Ägypter mengten dem Mehl einen drei Tage alten Traubenmost bei und kneteten anschließend diesen „Sauerteig“ in den Brotteig ein. Ein Teil des fertigen Brotteiges wurde aufbewahrt und beim nächsten Backprozess als Triebmittel, das den notwendigen Gärungsprozess bewirkt, eingesetzt.

Die Verwendung der zuerst flüssigen Bierhefe, die erst im 17. Jahrhundert in Frankreich einsetzte, wurde zunächst noch als unverträglich angesehen.

Die Verwendung von Hefeteig ("Germteig") in der österreichischen Küche:

Germteig spielt in der böhmisch beeinflussten österreichischen Mehlspeisenküche eine große Rolle.

Auch in Österreich wurden Teige ursprünglich durch alte Teigreste („Ura“) oder eine Art „Dampfl“ (Vorteig) zum „Gehen“ gebracht. Auf diese Weise wurden zum Beispiel „Urakrapfen“ des Jogellandes oder der „Nudel“ (ein in einer gefetteten Rein gebackener Brotteig) des nördlichen Koralpengebietes hergestellt. Des Weiteren wurden Holzaschenlauge, säuerliches Mineralwasser, Kleien verschiedener Malzmehle sowie Gärschaum des Weines als „Backtriebmittel“ verwendet.

Wie aus dem Buch „Kochkunst im Barock: Aus der Welt der steirischen Küche um 1686“ von Herta Neunteufl hervorgeht, war die bürgerliche Backkunst im 17. Jahrhundert schon hoch entwickelt und der Germteig bekannt.

1846 stellte Adolf Ignaz Mautner sein gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Johann Peter Reininghaus entwickeltes „Wiener Abschöpfverfahren“ zur industriellen Produktion von Presshefe vor, welches in den folgenden Jahren noch verbessert wurde und schließlich 1850 mit dem Preis der Wiener Bäckerinnung ausgezeichnet wurde.

Warme Mehlspeisenküche:

Warme Mehlspeisen waren im Grunde genommen Fastenspeisen und sollten demnach Verzicht demonstrieren. Ab dem 18. Jahrhundert wurden warme Mehlspeisen salonfähig und ein Mahl ohne eine derartige Nachspeise undenkbar. Allerdings galten die warmen Mehlspeisen weiterhin bei der einfachen Bevölkerung als sättigendes Hauptgericht.

Einfluss der böhmischen Küche:

Der Einfluss der böhmischen auf die österreichische Küche ist im 18. und 19. Jahrhundert erkennbar. Böhmische Köchinnen standen im Dienst vieler Wiener Bürgerhäuser und ihre Mehlspeisen wurden sprichwörtlich und in vielen Liedern besungen. Als besondere Spezialitäten galten ihre Mehlspeisen aus Germ- und Erdäpfelteigen, mit denen sie das Repertoire der „Wiener Küche“ wesentlich bereicherten. Die Kochbücher böhmischer Köchinnen erlebten im 19. Jahrhundert ebenfalls viele Auflagen.

Entstehung der Buchteln:

Buchteln sind einer der klassischen Beiträge der „böhmischen Küche“ zur Wiener Küche und sind in Wien vermutlich seit der Biedermeierzeit (1815 bis 1848) bekannt. Dieses Backwerk wurde zunächst aus dunklem, grob gemahlenem Roggenmehl, später aus Weizenmehl hergestellt. Es konnte verbessert werden, wenn man die Gebäcke als Teighüllspeisen gestaltete und dazu eine eigene Fülle bereitete, deren Zutaten von landeseigenen Produkten stammten. Hauptsächlich wurden Fruchtfüllen aus Marillen und Zwetschken verwendet.

Wortursprung und weitere Bezeichnungen:

Das Wort „Buchtel“ leitet sich vom tschechischen „buchtičky“ oder „buchta“ auch „buchty“ ab. In der alt-österreichischen Küche werden aus Germteig hergestellte Speisen oft auch als der/die „Nudel“ bezeichnet. So werden die Buchteln, vor allem in Westösterreich (speziell in Oberösterreich und im benachbarten Bayern), auch als Rohrnudeln („Roanudl“) bezeichnet. Das Wort „Nudel“ wandelt sich wahrscheinlich vom Wort „Knödel“ ab und ist somit Teil eines großen Stamms deutscher Wörter, die mit der Silbe kn- eine Verdickung ausdrücken (Knoten, Knolle, Knospe, Knauf, Knopf).

Laut Vaclav Machek "Etymologicky Slovnik Jazika Ceskeho" (Etymologisches Wörterbuch des Tschechischen, zweite Auflage Prag 1968) versteht man unter „buchta“ eine Art von Hefegebäck, mit Füllung. Zudem kennt das Wörterbuch: ein Körper wie "eine Buchtel" =mollig, massiv (dann auch buchta = guter Mensch). Buchta - gehört zu buch/puch; aufquellender Umfang abgeleitet von Wörtern, die heute nicht mehr üblich sind, gleichlautend mit dem slowenischen buhtati se, eti se. Weiters gibt es ein slowenisches Wort buhta für eine Frau mit einem vollen Gesicht und ukrainisch buchta für „Ausbuchtung“. Weiters: Von bouchati = Stoß in den Rücken.

Laut Jiri Rejzek "Tschechisches Etymologisches Wörterbuch“ aus 2001 ist „buchta“, „buchticka“ tschechisch und polnisch. Vom Stamm buch-/puch- wahrscheinlich lautmalerischen Usprungs. (Vergleiche slowenisch buhniti, buhtati und weiter puchnout- anschwellen, weiters buclaty- Stoß in den Rücken.)

Traditionelle Varianten:

Ursprünglich waren Buchteln mit Powidl oder eingesottenen (eingekochten) Früchten gefüllt.

„Ternobuchteln“ waren im biedermeierlichen Wien eine geschäftstüchtige Idee des Wirts M. Nebenhey beim Agnesbründl am Hermannkogel im Wienerwald. Er begann in Buchteln „Glücksnummern“ für das Zahlenlotto „Terno“ einzubacken, um den Absatz seiner Buchteln zu steigern. Die sogenannten „Ternobuchteln“ fanden großen Anklang und waren vor allem bei den Wienern, die alljährlich am Agnestag (21. Jänner) und dem Tag Johannis Enthauptung (29. August) auf den Hermannskogel pilgerten, beliebt.

Ungefüllt und ungesüßt wurden Buchteln im Weinviertel (Niederösterreich) mit eingebrannten Bohnen als Fastenspeise verzehrt.

Im Innviertel (Oberösterreich) wurden sie wochentags aus Roggenmehl („roggene Nudeln“) und sonntags aus Weizenmehl („woazene Nudeln“) zubereitet. Sie wurden gerne gemeinsam mit einer Brühe aus gekochten Dörrzwetschken oder Kletzen gegessen. Im oberen Innviertel wurden sie auch zur Abendsuppe gereicht.

Im Tennengau (Salzburg) wurden Rohrnudeln früher am Ostersonntag gegessen, um im nächsten Jahr vor „Grimmen“ (Bauchkrämpfen) verschont zu bleiben. In den Raunächten gab es Rohrnudeln, die mit Weinbeeren und Butter zubereitet waren und vor dem Verzehr mit Honig übergossen wurden. Auch am Abend des Dreikönigtages wurden Rohrnudeln (Perchtnudeln) gegessen. Die Reste des Essens verblieben am Tisch, genauso wie das Essbesteck, damit die Perchten, die in dieser Nacht umgingen, sich ihrer bedienen konnten.

Die „Baudexe“ ist eine Art Buchtel, die im nördlichen Weinviertel, in Südmähren und -böhmen, vereinzelt auch im Waldviertel und in Wien verbreitet ist. Sie wurden ursprünglich aus Brotteig bereitet (heute meist aus Buchtel-Germteig), mit Mohn oder Marmeladen gefüllt und im Backofen gebacken. Der österreichische Dichter und Dramatiker Ignaz Franz Castelli (1781 bis 1862) definierte Baudexen „als eine Gattung Mehlspeise, mit Zwetschken gefüllt.“ Im übertragenen Sinn bedeutet „Baudaxl“ ein kleiner, dicker Mensch.

Region:

Österreich

Buchteln:

Buchteln sind im österreichischen Lebensmittelbuch Kapitel B 18 „Backerzeugnisse“, Abschnitt 2.3 „Feine Backwaren“, Abs. 2.3.4.1 „Feine Hefeteigbackwaren“ angeführt:

Feine Hefeteigbackwaren werden aus Teigen hergestellt, die mit Backhefe, fallweise zusätzlich mit Backtriebmitteln, gelockert werden. Zu den Feinen Hefeteigbackwaren zählen zum Beispiel Strudel, Striezel, Brioche, Buchteln, Stollen, Gugelhupf, Beugel (in der Fachliteratur auch „Preßburger Beugel“ bezeichnet), Milchbrot (Erdäpfelmilchbrot), Pogatschen (Grammelpogatschen).

Buchteln, vor allem in einigen österreichischen Dialekten auch „Wuchteln“ genannt, sind eine Feine Backware aus einem mittelschweren Germteig (Hefeteig), die in einer Pfanne oder Auflaufform im Backofen gebacken werden.

Hefeteige können je nach Zucker- und Fettanteil in der Rezeptur in leichte, mittelschwere und schwere Hefeteige eingeteilt werden. Mittelschwere Hefeteige enthalten bis zu 20 Prozent Zucker und bis zu 20 Prozent Fett auf die Mehlmenge. Im Gegensatz zum leichten Hefeteig ist der Anteil an Fett und Zucker höher (vgl. 10 Prozent Zucker und bis zu 10 Prozent Fett auf die Mehlmenge). Schwere Hefeteige enthalten bis zu 20 Prozent Zucker und über 20 Prozent Fett auf die Mehlmenge.

Traditionell werden Buchteln mit Powidl oder Marillenmarmelade gefüllt. Aber auch Topfen, Mohn, Nüsse oder Früchte werden als Füllungen verwendet. Nach dem Backen werden Buchteln mit Staubzucker bestreut und häufig noch warm gegessen. Oft werden Buchteln auch mit warmer Vanillesauce oder „Kanarimilch“ (eine Art dünnere Vanillesauce ohne Zusatz von Stärke) übergossen serviert.

Eine kleinere Ausformung der Buchteln sind die Dukatenbuchteln. Sie werden in der Größe eines Dukatens (ehemalige österreichische Goldmünze) ausgestochen und anschließend ungefüllt gebacken. Dukatenbuchteln werden traditionell mit Vanillesauce oder „Kanarimilch“ serviert.

Herstellungsverfahren:

Rezeptbeispiel für 30 Stück Buchteln „Mar, A. et al.: Bäckerei in Theorie und Praxis“

Vorteig („Dampfl“):
310 Gramm Weizenmehl Type 700

310 Gramm Milch
70 Gramm Hefe
insgesamt 690 Gramm

Hauptteig:
690 Gramm Vorteig

690 Gramm Weizenmehl Type 700

120 Gramm Kristallzucker

190 Gramm Butter

100 Gramm Vollei (2 Stück)

140 Gramm (Dotter 7 Stück)
14 Gramm Salz

30 Gramm Aromen (Inländerrum, Vanillezucker, Zitronenschale)
insgesamt 1974 Gramm Rezeptgewicht

Außerdem:
400 Gramm Fülle

circa 100 Gramm Staubzucker zum Besieben

In österreichischen Bäckereien und Konditoreien werden verschiedene Variationen der angeführten Rezeptur verwendet.

Rezept: Dukatenbuchteln (aus „Die 100 klassischen Gerichte Österreichs“):
Zutaten für 10 Portionen à 4 – 5 Stück

1 Pfanne circa 30 x 20 Zentimeter

Germteig:
Dampfl:

40 Gramm Germ

125 Gramm Mehl, glatt
Circa 115 Gramm Milch
60 Gramm Eidotter

75 Gramm Vollei

50 Gramm Kristallzucker

42,5 Gramm Rum

10 Gramm Vanillezucker

4,5 Gramm abgeriebene Schale von ungespritzten Zitronen

375 Gramm Mehl, glatt

110 Gramm festes, formbares Butterschmalz

10 Gramm Salz

Flüssige Butter zum Eintauchen und Bestreichen

Puderzucker mit 10 Prozent Vanillezucker gemischt, zum Anzuckern

Vanillesauce:
165 Gramm Obers
165 Gramm Milch
36,5 Gramm Kristallzucker
3,5 Gramm Vanillezucker
0,4 Gramm Salz
27,5 Gramm Eidotter
6,5 Gramm Vanillecremepulver

Zubereitung:

Hefeteig:
Für das Dampfl die Milch auf etwa 30 Grad erwärmen, Hefe darin auflösen. Mehl zugeben und gut abarbeiten. Auf etwa das doppelte Volumen aufgehen lassen.

Eidotter, Eier, Kristallzucker, Rum, Vanillezucker und Zitronenschale schaumig rühren. Das Dampfl mit der Eiermasse und dem restlichen Mehl mischen. Nach halber Mischzeit Butterschmalz und Salz zugeben und fertig mischen. Gut abarbeiten. Hefeteig circa. 15 Millimeter dick ausrollen. Teilchen von 30 Millimeter Durchmesser ausstechen, in Butter tauchen, in eine mit Butter bestrichene Form, locker einander berührend, schlichten und mit Butter bestreichen. Bei circa 30 Grad auf annähernd das doppelte Volumen aufgehen lassen. Bei 200 Grad circa 30 Minuten backen, nochmals mit Butter bestreichen und kurz überkühlen lassen. Anzuckern, portionieren und mit Vanillesauce servieren.

Vanillesauce:

Vier Fünftel der Milchmenge und das Obers mit Kristallzucker, Vanillezucker und Salz aufkochen. Die restliche Milch mit Eidotter und Cremepulver mischen, zugeben und gut durchkochen. Kurz mixen. Die Dukatenbuchteln nach kurzem Kühlen portionieren, anzuckern und mit Vanillesauce servieren.

Schlüsselworte

Lebensmittel und Speisen, Traditionelles Wissen, Österreich, Feine Hefeteigbackwaren, Mehlspeisen, Germteig, Buchteln, Dukatenbuchteln

Bibliographie/ Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 03.01.2024.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Keine Angabe

Autoren:

Edmund Fröhlich, Schulrat Dipl. Päd. Ludwig Mann, Mag.. Doris Reinthaler, Mag. Eva Sommer; Überarbeitung Dipl.Ing. Alfred Mar (Oktober 2023)