Murtaler Steirerkäs

Murtaler Steirerkäs
Foto: FJ

Traditionelle Herstellung von Sauermilchkäse in der Region Oberes Murtal, Steiermark.

Registernummer: 64

Offenlegungsdatum

Traditionelle Käseherstellung kann in der Steiermark bis auf das Mittelalter zurückverfolgt werden. Bereits im 17. Jahrhundert galt der Steirerkas als Grundnahrungsmittel für Knechte und Kumpel. Ursprünglich wurde der Steirerkas von vielen bäuerlichen Betrieben und Almwirtschaften für den Eigenbedarf der Bauern produziert.

Titel

Murtaler Steirerkäs

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelle Herstellung von Sauermilchkäse in der Region Oberes Murtal, Steiermark. Murtaler Steirerkäs ist ein schnittfester Kochkäse. Er wird aus gereiftem Magertopfen (ist gleich Quark oder Sauerkäse) hergestellt, welchem Gewürze (Kümmel, Pfeffer), Kochsalz und Milch, Rahm oder Butter zugefügt werden kann. Anschließend wird er durch Erhitzung geschmolzen. Murtaler Steirerkäs erlangt seinen speziellen charakteristischen Geschmack durch die Qualität der verwendeten Milch, welche in direkter Beziehung zur lokalen Vielfalt alpiner Pflanzen und Kräuter der Region steht, sowie durch das traditionelle Wissen um das Handwerk der Käsekunst. Die regionale Produktion von Murtaler Steirerkäs trägt durch eine extensive Milchkuhhaltung zur nachhaltigen Aufrechterhaltung der Kulturlandschaft und Erhaltung der Artenvielfalt der Wiesen und Weiden bei.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Sauermilchkäse, Kochkäse, Käse, Milchprodukte

Name der Region

Oberes Murtal, Steiermark, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Keine Angabe

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Zahlreiche bäuerliche Milchviehbetriebe und bäuerliche Käserein in der Region Murau (Oberes Murtal) mit Schwerpunkt in den Bezirken Judenburg, Knittelfeld und Leoben Obersteirische Molkerei Knittelfeld

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Die Herstellung von Sauermilchkäse ist seit rund 7000 Jahren bekannt. Die ersten Sauermilchkäse entstanden wohl durch Zufall als die Sumerer entdeckten, dass Milch, die stehen gelassen wird, sich eindickt und sich mit der Zeit eine feste Konsistenz bildet. Das Wissen um die Sauermilchkäseproduktion wurde von den Römern im Altertum in Europa verbreitet. Käseherstellung hat in der Steiermark eine lange Tradition, welche bis in das Mittelalter zurückverfolgt werden kann. In dieser Zeit war Käse das Hauptprodukt der einstigen steirischen Almwirtschaft und eine der wichtigsten Zehentabgaben.

Der Steirerkas ist ein typisches hausgemachtes Produkt und kennzeichnend für die alpenländische Vorratswirtschaft. Er wurde ursprünglich von bäuerlichen Betrieben und Almwirtschaften produziert um überschüssige Magermilch zu verwerten und gleichzeitig Vorrat für lange und raue Winter zu produzieren.

Bereits im 17. Jahrhundert galt der Steirerkas als Grundnahrungsmittel für Knechte und Kumpel. Ein Kupferstich aus Hohbergs Georgica Curiosa (1682), ein enzyklopädisch angelegtes Lehrbuch über die Haus- und Landwirtschaft, zeigt die Käseherstellung in der Steiermark in dieser Zeit.

1886 beschrieb der Schulmeisters Karl Reiterer in seinen Aufzeichnungen den Steirerkäs als speckigen Sommerkäse, auch Schmierkäse genannt, der mit Butter gemengt und wie Butter oder “Quargel” (Sauermilchkäsetyp) auf das Brot gestrichen wurde.

Im Jahr 1992/93 wurde die Obersteirische Molkerei, eine landwirtschaftliche Genossenschaft, gegründet und gilt heute als der größte Produzent von Murtaler Steirerkäse.

Gebiet/ Region:

Murtaler Steirerkäs wird im gesamten oberen Tal des Flusses Mur im Bundesland Steiermark hergestellt, welcher vom Bezirk Murau über Judenburg und Knittelfeld bis Leoben fließt.
Das Murtal wird im Norden durch die Niederen Tauern begrenzt, durch die Gurktaler Alpen sowie das Steirische Randgebirge (Seetaler Alpe, Stubalpe, Gleinalpe).

Die Alpine bis hochalpine Region liegt im westlichen Teil der Obersteiermark auf einer Seehöhe zwischen 800 und 2700 Meter.

Klima:

Die Region wird durch südalpines Klima geprägt. Die Talgebiete zeigen kaltes, kontinentales Wetter mit Temperaturinversionslagen im Winter und mäßigen Temperaturen im Sommer.

Im Vergleich mit den übrigen Landschaften der Steiermark gehört das Murtal zu den niederschlagärmsten Landschaftsräumen der Steiermark (Jahresniederschlag in der Gemeinde Murau: 892 Millimeter).

Flora:

Die Almen im Murtal liegen zwischen circa 800 bis 2700 Meter Seehöhe. Die Bergflora ist durch die Boden- und Klimaverhältnisse bedingt und durch eine Vielfalt an alpinen Pflanzen wie Aufsteige-Wiesenhafer (Avenula adsurgens), Berg-Aster (Aster amellus), Großblättriges Scharf-Berufkraut (Erigeron acris subspecies Macrophyllus), Berg-Steinkraut (Alyssum montanum), Frühlings-Miere (Minuartia glaucina), Ohrlöffel-Leimkraut (Silene otites s. lat.), Rau-Hornblatt (Ceratophyllum demersum), Schlitzblatt-Karde (Dipsacus laciniatus), Süd-Skabiose (Scabiosa triandra), Zwerg-Schneckenklee (Medicago minima), Mehl-Primel (Primula farinosa), Echte Schlüsselblume (Primula veris) und vieles mehr gekennzeichnet.

Diese lokale spezielle Artenvielfalt an Gräsern und Kräutern im Grünfutter und das daraus erzeugte Heu liefern die Basis für den einzigartigen Geschmack des Murtaler Steirerkäs.

Murtaler Steirerkäs:

Der Murtaler Steirerkäs ist ein Sauermilchkäse, produziert aus Kuhmilch. Er gehört zur Kategorie der schnittfesten Kochkäse, da er durch Erhitzen geschmolzen wird. Der Murtaler Steirerkas ist als „Kochkäse“ im Österreichischen Lebensmittelbuch, Codexkapitel B 32 „Milch und Milchprodukte“, Unterkapitel „Käse“, definiert.

Der Murtaler Steirerkäs wurde aus Topfen weiterentwickelt. Im bäuerlichen Bereich wurden dem gereiften Topfen Gewürze, Butter und Süßrahm zugefügt.

„Topfen“ ist ein österreichischer Begriff für “Quark”, eine Frischkäseart typisch für Zentraleuropa.

Murtaler Steirerkäs darf nicht mit dem Ennstaler Steirerkäs verwechselt werden, welcher ebenfalls ein Sauermilchkäse ist. Letzterer ist jedoch ungekocht bröckelig.

Herstellung:

Zahlreiche bäuerliche Milchviehbetriebe produzieren in der Region Milch höchster Qualität. Die Kühe können auf den Weiden fressen oder werden überwiegend mit hofeigenem Futter gefüttert.

Die Familienbetriebe produzieren entweder selbst den Murtaler Steirerkäs oder liefern ihre Milch für die Käseproduktion an die Obersteirische Molkerei in Knittelfeld.

Ein traditionelles Rezept zur Bereitung von hausgemachtem Murtaler Steirerkäs:
1 Kilogramm Topfen
10 Gramm Salz
1 Esslöffel Kümmel
100 Gramm Butter oder Butterschmalz

Milch wird durch Säurebakterien ohne Zusatz von Lab dickgelegt. Topfen und Molke werden getrennt und anschließend wird der Topfen in Leinensäcken ausgepresst, um überschüssige Molke zu entfernen. Danach wird der Topfen in eine flache Schüssel, aus Holz, Keramik, oder Kunststoff, gegeben und mit einem waschbaren Tuch abgedeckt.

Der Topfen wird täglich gerührt und zwei bis drei Tage stehen gelassen, bis er glasig wird und stechend riecht. Anschließend wird der reife Topfen gesalzen, Kümmel wird hinzugefügt und die Masse wird in heißer Butter oder Butterschmalz unter ständigem Rühren geschmolzen.

Der Käse ist fertig gekocht, wenn viskose Masse entsteht. Abschließend wird der Käse in eine ausgespülte Schüssel gegossen und stehengelassen, bis er abkühlt und steif wird.

Vor dem Eingießen in die Schüssel kann noch eine Hand voll bröseliger Topfen unter die zähe Käsemasse gerührt werden.

Regionsspezifisch wird der Käse in heißer Butter oder in Butterschmalz geschmolzen. Bei traditioneller bäuerlicher Herstellung wird eine spezielle Pfanne und offenes Holzfeuer verwendet. Murtaler Steirerkäs wird ohne Zusatz von Lab, chemischen Konservierungsstoffen oder Farbzusätzen hergestellt.

Murtaler Steirerkäs wird in den Fettstufen Mager und 25 Prozent Fettgehalt in der Trockenmasse vermarktet.
Murtaler Steirerkäs beinhaltet hochwertiges Eiweiß, Vitamine A, B und D, wichtige Mineralstoffe wie Calcium, Magnesium, Natrium, Kalium und Phosphor, zahlreiche Spurenelemente sowie Wasser, Salz und Gewürze (Kümmel, Pfeffer).

Aussehen und Geschmack:

Murtaler Steirerkäs weist ein blassgelbes bis grünliches Äußeres auf. Der Teig ist meist geschmeidig, elastisch und kann Topfenstücke beinhalten. Der Murtaler Steirerkäs ist ein kräftiger Jausenkäse mit typischem herzhaft-würzigem Geschmack.

Qualitätskontrolle, Qualitätskennzeichnung:

Der über die Obersteirische Molkerei vermarktete Murtaler Steirerkäs hat die Berechtigung mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet zu werden. Er unterliegt den von der AMA festgelegten Kontrollen.

Vermarktung:

Die Vermarktung des Murtaler Steirerkäses erfolgt über den Lebensmittelhandel, Direktvermarktung, Bauernmärkte, Buschenschenken, Almhütten, Jausenstationen, Bauern- und Hofläden sowie über die Obersteirische Molkerei (OM) in Knittelfeld.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Besondere Boden- und Klimaverhältnisse im alpinen Gebiet im Murtal führen zu einer reichhaltigen, einheimischen alpinen Flora, wodurch eine extensive Bewirtschaftung der Almen mit Milchkühen ermöglicht wird.
  • Ausgeprägte Bodenständigkeit: die Milchkühe werden auf Almen mit alpinen Pflanzen und Kräutern geweidet und mit Gras und Heu gefüttert, das auf den Bauernöfen produziert wird.
  • Der besondere, einzigartige Geschmack und das würzige Aroma von Murtaler Steirerkäs stehen in direkter Beziehung zur lokalen alpinen Flora, die den Milchkühen als Futtermittel dient.
  • Traditionell handwerkliche Herstellungsweise in kleinen Sennereien.
  • Die Herstellung von Murtaler Steirerkäs ist das Ergebnis Traditionellen Wissens, das von Generation zu Generation weitergegeben wird: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Milchkuhhalter (Anpassung der Haltung der Herde an die Gegebenheiten der Umwelt, Methoden der Milchkuhhaltung in Berggebieten, Methoden der Futterproduktion, Methoden der Fütterung) sowie der Sennerein (Herstellung, Reifung, Schmelzung und Lagerung von Käse) und einer kommerziellen Molkerei.

Verwertung:

Im Sommer kann man den Murtaler Steirerkäs auf zahlreichen Almenhütten des Oberen Murtals genießen. Besonders gut ist er mit einer Scheibe Holzofenbrot, frischer Sennereibutter und einem Glas Almmilch. Ohne Butter ist er ein besonderes Schmankerl für figurbewusste Genießer.

Steirerkäs eignet sich hervorragend zum Kochen wie etwa als würzige Zutat zu frischen Salaten oder zur Verfeinerung von Eierspeisen. Als besondere Spezialität gilt die Murtaler Steirerkäsesuppe.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Steiermark, Region, Oberes Murtal, Käse, Sauermilchkäse, Kochkäse, Murtaler Steirerkäse, Murtaler Steirerkas

Bibliographie / Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 19.07.2024.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft Murau
Frauengasse 19, 8750 Judenburg, Tel.: +43 (0) 3572 / 821 42
marianne.gruber@lk-stmk.at

Autoren

Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus, DI Martin Rogenhofer