Käse aus Heumilch g.t.S.

Käse aus Heumilch
Foto: ARGE Heumilch Österreich

Traditionelle Herstellung von Käse aus Heumilch g.t.S. in den Alpenregionen.

Registernummer: 259

Offenlegungsdatum

Heuwirtschaft ist die ursprünglichste Form der Milcherzeugung. Bereits seit Jahrhunderten erfolgt die Fütterung angepasst an den Lauf der Jahreszeiten. Vom Frühjahr bis in den Herbst bekommen die Tiere frische Gräser und Kräuter, im Winter wird das in den Sommermonaten geerntete Heu gefüttert.

Bereits im Mittelalter wurden in den Voralpen und im Gebirge in Tirol und Vorarlberg auf sogenannten „Schwaighöfen“ Käse aus Heumilch hergestellt. Bereits im 16. Jahrhundert waren die betroffenen Regionen Tirols und Vorarlbergs für die Heufütterung der Milchkühe und die Fettkäseproduktion bekannt.

Titel

Käse aus Heumilch g.t.S.

Kurzdarstellung oder Behauptung

Traditionelle Herstellung verschiedener Käsesorten aus Heumilch in den Alpenregionen Österreichs (Vorarlberg, Tirol, Steiermark, Salzburg, Oberösterreich und Kärnten wie zum Beispiel Alpbachtaler Heumilchkäse, Jagdberger Heumilchkäse, Kaiserwinkl Heumilchkäse, Zillertaler Heumilchkäse, Flachgauer Heumilchkäse).

Heumilchwirtschaft ist die ursprünglichste Form der Milcherzeugung. Der wesentliche Unterschied zu anderen Milchsorten besteht darin, dass keine Gärfuttermittel (Silagen) erlaubt sind. Die Fütterung erfolgt angepasst an den Lauf der Jahreszeiten. Vom Frühjahr bis in den Herbst hinein bekommen die Tiere frische Gräser und Kräuter direkt von den Wiesen und Weiden oder werden im Berggebiet gealpt. Im Winter wird das in den Sommermonaten geerntete Heu gefüttert. Ergänzende Futtermittel wie Getreide müssen aus Europa stammen und dürften gemäß den geltenden Rechtsvorschriften nicht genetisch verändert sein. Seit über dreißig Jahren gibt es Heumilchbäuerinnen und Bauern, die ihre Höfe zusätzlich nach ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaften. Heumilch g.t.S. wurde 2016 mit dem EU-Gütesiegel „garantiert traditionelle Spezialität“ ausgezeichnet. Dadurch erhielt die Heuwirtschaft einen rechtlichen Produktschutz im europäischen Wirtschaftsraum.

Heumilch weist Geschmackskomponenten auf, die in direkter Beziehung zur lokalen Vielfalt alpiner Pflanzen und Kräuter stehen. Ein höherer Artenreichtum im Futter sorgt für Qualität und ein unverwechselbares Aroma der Heumilch.

Heumilchkäse erlangt seinen speziellen charakteristischen Geschmack durch die Qualität der Heumilch und das traditionelle Wissen um das Handwerk der Käsekunst. Durch den konsequenten Verzicht auf vergorene Futtermittel kann Käse ohne Zusatz von Konservierungsmitteln und ohne intensive mechanische Behandlung hergestellt werden. Länger gereifte Käse lassen sich nur aus einem hochwertigen Rohstoff herstellen. Heumilch besitzt diese Eigenschaften und ist daher der ideale Rohstoff für Käsespezialitäten.

Die traditionelle Wirtschaftsweise der Heumilchbauern sowie die regionale Produktion von Heumilchkäse trägt durch extensive Milchkuhhaltung zur nachhaltigen Aufrechterhaltung der alpinen und gebirgigen Landschaftsform und zur Erhaltung der Artenvielfalt der Wiesen und Weiden bei.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Käse, Milchprodukte

Name der Region

Alpenregionen Österreichs: Vorarlberg, Tirol, Steiermark, Salzburg, Oberösterreich und Kärnten

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

ARGE Heumilch

Name des Antragstellers für den Titel

ARGE Heumilch

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

8.000 Heumilchbauern und 60 Heumilch-Verarbeiter

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Die Heumilchbäuerinnen und Bauern befinden sich größtenteils im Berggebiet der Alpen und deren Ausläufern, wo die Landwirtschaft seit Jahrhunderten Tradition hat. Seit jeher prägen die kleinen, familiengeführten Höfe das Bild dieser Region.

Schon im Mittelalter wurden in den Voralpen auf den so genannten „Schwaigenhöfen“ Käse aus Heumilch hergestellt. Das Wort „Schwaig“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bezeichnet spezielle Siedlungs- und vor allem Wirtschaftsformen im alpinen Raum. „Schwaighöfe“ wurden vielfach als Dauersiedlungsform von den Landesherren selbst gegründet und dienten vor allem der Milchwirtschaft als Viehhöfe (besonders für die Käseerzeugung).

Der Begriff „Schwaige“ ging später fallweise auf die nur während der Sommermonate bewirtschafteten Almen über. Senn und Sennerin werden auch "Schwaiger" und "Schwaigerin" genannt. Die Bauern mussten einen Teil des Käses als Zins an die Grundherren abliefern.

Schon um 1900 wurden Vorschriften (Milchregulative) für die silofreie, hartkäsetaugliche Milch erlassen. Daraus entstanden in Österreich um 1950 die Milchregulative der Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg. Im Jahr 1975 wurden diese Milchregulative vereinheitlicht und vom Milchwirtschaftsfonds als Bestimmungen für hartkäsereitaugliche Milch erlassen (Bestimmungen über die Übernahme von hartkäsetauglicher Milch, Österreichische Milchwirtschaft Heft 14, Beilage 6, Nummer 23c vom 21. Juli 1975). Die frühere Planstelle der Milchwirtschaft in Österreich hat bis zum Jahr 1993 für bestimmte Produktionsgebiete sogenannte „Silosperrgebiete“ erlassen, um den Rohstoff Heumilch (auch „silofreie Milch“ oder „hartkäsetaugliche Milch“) für die Rohmilchkäsereien zu erhalten. Im Jahr 1995 wurde das Silosperrgebiet durch die Sonderrichtlinie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Wasser und Umweltwirtschaft zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft: ÖPUL), Maßnahme Silageverzicht, für Heumilch fortgesetzt.

Seit Anfang der 1980er-Jahre gibt es Heumilchbauern, welche ihre Höfe zusätzlich nach biologisch/ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaften.

Heumilch ist eine seltene Spezialität. Nur rund 3 Prozent der europäischen Milch wird als echte Heumilch produziert. Im Gegensatz dazu beträgt der prozentuelle Anteil in Österreich rund 15 Prozent.

Gebiet/ Region:

Rund 88 Prozent der Heumilchbetriebe sind in Berggebieten Vorarlberg, Tirol, Steiermark, Salzburg, Oberösterreich und Kärnten angesiedelt, wo die Betriebsgröße aufgrund der begrenzten Fläche naturgemäß kleiner ausfällt. Die durchschnittliche Herdengröße liegt bei nur 17 Kühen. Auch der Einsatz von Maschinen ist in den Berggebieten nur bedingt möglich. Um die lokal verfügbaren Ressourcen effizient zu nutzen, hat sich daher die Alpung mit dem Auftrieb der Tiere auf die Bergweiden während der Sommermonate durchgesetzt. Mithilfe von Kühen, Schafen und Ziegen werden die Steilhänge und Höhenlagen nachhaltig bewirtschaftet.

Auch in den Ausläufern der Alpen sowie in den Seengebieten wird seit jeher Heuwirtschaft betrieben. Hier zeugt vor allem die hohe Wasserqualität von der nachhaltigen Wirtschaftsweise der Heumilchbäuerinnen und Bauern.

Klima und Bodenverhältnisse:

keine Angaben

Herstellung:

Heumilch wird unter traditionellen Produktionsbedingungen entsprechend dem Heumilchregulativ erzeugt und zeichnet sich durch das Verbot von Gärfuttermittel wie Silagen und dem Verbot von Tieren und Futtermitteln, welche gemäß den geltenden Rechtsvorschriften als genetisch verändert zu kennzeichnen sind, aus.

Die wichtigsten Kriterien des Heumilch-Regulativs sind:

  • Artgemäße Fütterung im Jahresverlauf: Heumilchkühe, -schafe und -ziegen erhalten frische Gräser, Kräuter und Heu.
  • Vergorene Futtermittel wie Silagen sind auf Heumilchbetrieben das ganze Jahr über strengstens verboten.
  • Ergänzend ist mineralstoffreicher Getreideschrot in begrenztem Maße erlaubt.
  • Heumilchprodukte sind kontrolliert gentechnikfrei.
  • Außereuropäische Futtermittel sind verboten.
  • Nur Futtermittel ohne Palmöl und ohne Kokosfett sind erlaubt.
  • Heumilchbäuerinnen und Bauern müssen spezielle Düngevorschriften einhalten.
  • Die Anzahl der Tiere pro Hof ist begrenzt und steht im Verhältnis zu den Hofflächen.
  • Laufstall oder mindesten 120 Tage Weide beziehungsweise Auslauf im Jahr sind verpflichtend. Eine dauernde Anbindehaltung ist verboten.

Heumilch eignet sich besonders gut für die Käseherstellung. 85 Prozent der Heumilch wir zu Käse verarbeitet. Durch den konsequenten Verzicht auf vergorene Futtermittel kann aus Heumilch Käse ohne Zusatz von Konservierungsmitteln und ohne intensive mechanische Behandlung hergestellt werden. Gerade bei länger gereiften Käsesorten ist die Güte der Milch besonders wichtig. Nur aus einem hochwertigen Rohstoff lässt sich Käse für eine längere Reifung herstellen. Heumilch besitzt diese Eigenschaft und ist deshalb der ideale Rohstoff für Käsespezialitäten.

Die artgemäße Fütterung wirkt sich auch positiv auf das Fettsäurespektrum der Heumilch aus. Eine Studie der Universität der Bodenkultur in Wien zufolge haben Heumilchprodukte im Jahresschnitt einen doppelt so hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und konjugierten Linolsäuren (CLA) als herkömmliche Milchprodukte. Omega-3-Fettsäuren sind als ungesättigte Fettsäuren lebensnotwendig für den menschlichen Organismus und erfüllen wichtig Aufgaben, etwa für den Stoffwechsel und das Immunsystem.

Qualitätskontrolle:

Heumilchkäse unterliegen unabhängige Kontrollen.

Vermarktung:

Der Vertrieb der Produkte unterliegt den Verarbeitern.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:

  • Besondere Boden- und Klimaverhältnisse in der Region des Alpenlandes führen zu einer reichhaltigen, einheimischen Flora.
  • Ausgeprägte Bodenständigkeit: die Milchkühe werden geweidet und mit Gräsern und Kräutern sowie Heu gefüttert, vergorene Futtermittel sind verboten.
  • Der besondere, einzigartige Geschmack und das würzige Aroma von Heumilchkäse stehen in direkter Beziehung zur lokalen Flora, die den Milchkühen als Futtermittel dient.
  • Die Herstellung von Heumilchkäse ist das Ergebnis traditionellen Wissens, das von Generation zu Generation weitergegeben wird: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Milchkuhhalter (Anpassung der Haltung der Herde an die Gegebenheiten der Umwelt, Methoden der Milchkuhhaltung in Berggebieten, Methoden der Heuproduktion, Methoden der Grün- und Heufütterung, Verbot von Silagefütterung) sowie der Sennerein (Herstellung, Reifung und Lagerung von Käse).

Verwertung:

Neben Käsen aus Heumilch g.t.S. (Hart-, Schnitt-, Weich-, Frisch- und Sauermilchkäse sowie Ziegen- und Schafmilchkäse) wird der Rohstoff auch zur Produktion von Buttermilch, Rahm, Sauerrahm, Joghurt, Topfen und Butter verwendet.

Schutz:

Heumilch g.t.S.

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Milch, Heumilch, Heumilchkäse

Bibliographie/ Referenzen

  • GINZINGER, W.; TSCHAGER, E. (1993): Einfluss der Fütterung auf die Qualität von Milch und Milchprodukten; Österr.Braunvieh 23, 4 bis 6.
  • GINZINGER, W.; ELISKASES-LECHNER, F; OSL, F. (2001): Einfluss der Silage auf die Milch
  • GINZINGER, W.; TSCHAGER, E. (1993): Einfluss der Fütterung auf die Qualität von Milch und Milchprodukten Österr.Braunvieh 23, 4 - 6
  • SCHREIBER, M.; SEIZ, M.; GINZINGER, W (2010): Fettsäurespektrum von Heumilch und Heumilchprodukten mit Schwerpunkt CLA und Omega-3 Fettsäuren
  • Internationale Bodensee-Stiftung Radolfzell (2013): Baselinereport, Biodiversitätskriterien in Standards und Qualitätssiegeln der Lebensmittelbranche.
  • Suske W., Huber J., Depisch B., Frieß T., Holzinger W., Derbuch G., Kahapka J., Huber E., Gunczy W. L. (2020): Analyse der Zielerfüllung der ÖPUL- Maßnahme „Silageverzicht“ in Bezug auf Biodiversität.
  • Zollitsch W., Hörtenhuber S., BOKU - Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Nutztierwissenschaften (2013): Ökobilanz von Milchvieh-Modellbetrieben.
  • Zollitsch W., Hörtenhuber S., Lindenthal T., Penicka A., Scheurich A., BOKU - Universität für Bodenkultur Wien, Zentrums für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit (2019): Heumilchproduktion im Kontext der Sustainable Development Goals.
  • Heumilch g.t.S.

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 13.05.2022.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

ARGE Heumilch, Grabenweg 69, 6020 Innsbruck
Telefon: +43 512 345 245

office@heumilch.at
www.heumilch.com

Autoren

ARGE Heumilch, Grabenweg 69, 6020 Innsbruck

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