Zierfandler, Rotgipfler
Traditionelle Herstellung von Weinen aus den Weißweinsorten Zierfandler und Rotgipfler.
Registernummer: 229
Offenlegungsdatum
Die Rebsorten Zierfandler und Rotgipfler sind traditionsreiche, österreichische Rebsorten mit großer Bedeutung in früheren Zeiten. Goethe berichtet, dass Zierfandler zu Beginn des 19 Jhdt. in die Thermenregion gekommen ist, aber vorher schon bei Helbling (1777) als Rebsorte für den Wiener Raum genannt wird. Rotkipfler wird sowohl bei Goethe als auch von Burger richtig beschrieben. Als Raifler hat ihn 1819 Conrad für den Ruster Weinbau erwähnt.
Bis Mitte der 1970er Jahre war unter der Bezeichnung „Gumpoldskirchner“ ein Wein aus den Rebsorten Zierfandler, Rotgipfler und manchmal auch andere Sorten im In- und Ausland bekannt.
Titel
Zierfandler, Rotgipfler
Kurzdarstellung oder Behauptung
Traditionelle Herstellung von Weinen aus den Weißweinsorten Zierfandler und Rotgipfler. Die Rebsorten werden heute vorwiegend nur mehr in der Thermenregion um Gumpoldskirchen (Niederösterreich) kultiviert. Ein sortenreiner Weinausbau ist heute häufiger anzutreffen als früher. Früher wurden meist beide Rebsorten in einem Cuvée verwendet. Als besondere Spezialität gilt der Spätrot-Rotgipfler, ein Verschnitt aus den Rebsorten Zierfandler und Rotgipfler.
Produktbezeichnung, Produktklasse
Wein
Name der Region
Thermenregion, Niederösterreich, Österreich
Suchgebiet
Lebensmittel und Landwirtschaft
Name des Informationsgebers
Alfred Freudorfer, überarbeitet von F. Regner (HBLA und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg)
Name des Antragstellers für den Titel
Keine Angabe
Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen
Keine Angabe
Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels
Keine Angabe
Beschreibung
Geschichte:
Weingeschichte in der Thermenregion:
Der Weinbau in der Thermenregion hat eine lange Tradition, die mehr als 2.000 Jahre zurückreicht. Römische Legionäre brachten Reben und das Wissen um die Weinbereitung in die Provinzen Pannonien und Noricum, wo sich ihnen in der Thermenregion günstige Voraussetzungen für die Kultivierung der Reben boten.
In der Region Gumpoldskirchen wird nachweislich seit dem Mittelalter Weinbau betrieben, der vor allem von Klöstern und Stiften entwickelt wurde. 1141 gründeten Mönche des Stiftes Heiligenkreuz bei Thallern eines der ältesten Weingüter Österreichs, das bis heute den Zisterziensern des Stiftes Heiligenkreuz gehört.
Johannes Cuspinianus (1473 bis 1529), Arzt, Historiker und Weingutbesitzer in Gumpoldskirchen, lobte in seinem unvollständigen Werk „Austria“ (erst nach seinem Tod, 1553 veröffentlicht) die Region aufgrund der Weine: Gumpoldskirchen sei berühmt durch die edelsten Weine.
Die Weine waren unter anderem für die Wiener Hoftafel bestimmt. In Abrechnungen der Zechen des 16. und 17. Jahrhunderts scheinen nahezu alle Kaiser aus dem Hause Habsburg als Kunden auf, wie z.B. Kaiser Rudolf II (1552 bis 1612), der Weine aus dieser Region von seinen „Saumalieren“ (Spediteure) sogar nach Prag bringen ließ, sowie zahlreiche Fürsten, Bischöfe, Erzherzöge und Feldherrn.
Namensgebend für den „Gumpoldskirchner“ ist der gleichnamige Ort. Unter dieser Bezeichnung waren bis Mitte der 1970er Jahre die Weißweine Spätrot-Rotgipfler (ein Verschnitt aus Zierfandler und Rotgipfler) sowie manchmal auch andere Sorten wie Neuburger, im In- und Ausland bekannt und beliebt.
Aus der Thermenregion wird die Herkunft des Zierfandler definiert, obwohl dessen Verbreitung früher viel großräumiger war. Goethe berichtet, dass diese Sorte erst zu Beginn des 19 Jhdt. in die Thermenregion gekommen ist, aber vorher schon bei Helbling (1777) als Rebsorte für den Wiener Raum genannt wird. Ursprünglich wurde sie für die Stammsorte der Roten Veltliner Familie gehalten und eine italienische Herkunft vermutet. Schon früher wird sie auch erwähnt, aber leider ist da oftmals auf Grund der unzureichenden Beschreibung nicht klar, ob der heutige Zierfandler (Spätrot) dahintersteht oder eine andere Sorte. Der Sylvaner, der sehr lange und häufig die Bezeichnung Grüner Zierfandler getragen hat, könnte damit auch gemeint gewesen sein. Ein wenig Bedeutung hat der Cirfandli auch in Südungarn im Raum Pecs.
Der Rotgipfler ist auf Grund seiner Eigenschaften klarer zu erkennen und daher sind Verwechslungen seltener. Er wird sowohl bei Goethe als auch von Burger richtig beschrieben. Die Synonyme sind gering und haben Reifler als zentralen Namen immer dabei. Die Verbreitung reichte vom Wiener Raum über die Thermenregion bis nach Sopron. Die Traube wurde sehr wertgeschätzt, aber zu wenig gepflanzt. Auch für den Ruster Weinbau wird der Rotgipfler genannt und sein „ziemlich geistiger“ Wein gelobt. Da er bei Helbling noch nicht vorkommt, dürfte er am Ende des 18 Jhdt. entstanden sein. Als Raifler erwähnt aber durch seine rote Pigmentierung leicht darstellbar hat ihn 1819 Conrad für den Ruster Weinbau genannt. In der Steiermark kam er ebenfalls vor und früher auch in Württemberg, Baden und im Elsass.
In den 1840er Jahren wurde mit dem Bau der Südbahn begonnen. Die Weingärten der Thermenregion sollten dadurch keinen Schaden nehmen, weshalb auf Anweisung Kaiser Ferdinands zwischen Gumpoldskirchen und Traiskirchen zur Schonung der Rebanlagen ein Tunnel gegraben wurde. Von da sind die Weine als „Weine von der Südbahn“ bekannt.
Die Weine genossen in Österreich weiterhin hohes Ansehen und zählten zu den besten und teuersten Weißweinen des Landes. Bei der Wiener Weltausstellung 1873 erhielten die meisten Verdienstmedaillen „die Sorten der Gumpoldskirchner, zu den besten Weißweinen zählend, welche das Erzherzogtum Österreich hervorbringt und nach allgemeiner Regel aus der Zierfandler- und Rieslingerebe erzeugt wird und von ganz bewunderungswürdiger Qualität sind …“ (FLAK et al., 2005).
1876 wurde der Weinbauverein Gumpoldskirchen gegründet, mit dem Ziel, das kulturelle Weinerbe zu erhalten und zu pflegen. Der Verein hat bis heute Bestand.
Im Wiener Ringstraßenhotel „Imperial“ kamen zu Zeiten der Monarchie neben den bekannten ausländischen Weinen nur ein Wachauer Riesling und der Gumpoldskirchner als heimische Weine auf die Karte.
Weine aus der „Perle des österreichischen Weinbaus“, wie die Thermenregion noch genannt wurde, wurden auch an die europäischen Königshäuser geliefert und gelangten bis an den Hof des russischen Zaren in Sankt Petersburg.
Als 1961 die damals mächtigsten Männer der Welt, John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow, in Wien zusammentrafen, kamen sie ebenfalls in den Genuss der erlesenen Weine aus der Region rund um Gumpoldskirchen.
Auch Hans Moser (1880 bis 1964) besang in „Die Reblaus“ den Wein aus der Thermenregion: „Und schwörn könnt ich, dass ich eine Reblaus gwesen bin, ich weiss bestimmt, ich habe gehaust in einem Weingarten bei Wien, drum habe den Gumpoldskirchner ich so vom Herzen gern und wann ich stirb, möcht i a Reblaus wieder wern.“ (MARISCHKA, 1940)
Viele Jahre wurde die Bezeichnung „Gumpoldskirchner“ häufig missbräuchlich für Weine minderer Qualität verwendet, die nicht aus den Gumpoldskirchner Rieden, sondern aus osteuropäischen Ländern stammten. Daraufhin erfuhr der Gumpoldskirchner einen Imageverlust und der Export kam praktisch zum Erliegen. Um dem entgegenzuwirken, wurde 1958 ein „Weinwerbungs- und Markenschutzverband“ gegründet, der ein international gesetzlich geschütztes Markenzeichen für Weine „kontrollierter Herkunft aus Gumpoldskirchen“ verleiht. Aufgrund der schon seit Jahrhunderten großer Beliebtheit am Kaiser- und Königshof, entschied sich der Weinbauverein für den Markennamen „Königswein“ (= Wein aus Rotgipfler oder Zierfandler oder einem Verschnitt aus beiden, dem „Spätrot-Rotgipfler“).
In den letzten Jahren erleben die Weine aus der Gegend rund um Gumpoldskirchen eine Renaissance. Verstärkte Investitionen in die Qualität der Produktion Gumpoldskirchner Weine führten zu hochwertigen und prämierten Weinen.
Gebiet/ Region:
Zierfandler und Rotgipfler werden heute im Wesentlichen nur mehr in der Thermenregion in der Gegend rund um Gumpoldskirchen, Niederösterreich, kultiviert.
Die Thermenregion erstreckt sind von der südlichen Stadtgrenze Wiens entlang des Wienerwaldes bis nach Baden und Wiener Neustadt und befindet sich am westlichen Rand des Wiener Beckens im Bereich der sogenannten „Westlichen Thermenlinie“. Die bekanntesten Weinorte sind Gumpoldskirchen, Baden, Traiskirchen, Bad Vöslau, Paffstätten, Sooß und Tattendorf. Der höchste Gipfel der Region ist der Anninger (674 m).
Im Weinland Thermenregion werden weiße und rote Rebsorten ausgepflanzt, wobei die Trauben für feine Weißweine der Sorten Rotgipfler und Zierfandler in den Rieden von Perchtoldsdorf, Gumpoldskirchen, Pfaffstätten, Baden, Guntramsdorf und Traiskirchen heranreifen.
Die Gesamtanbaufläche für Rotgipfler in Österreich beträgt ca. 110 ha und nimmt etwa 0,2% der gesamten Weinbaufläche ein. Zierfandler wird derzeit auf einer Gesamtanbaufläche von ca. 60 ha kultiviert. Sein Anteil an der gesamten Weinbaufläche Österreichs beträgt in etwa 0,1%. (Stand 2020, Österreich Wein)
Kleinere Auspflanzungen von Rotgipfler- und Zierfandlerreben sind in Tschechien bzw. in der ungarischen Tiefebene (Kecskemet) bekannt.
Klima:
Das pannonische Klima der Region ist geprägt durch trockene, heiße Sommer und kalte, schneearme Winter sowie einen trockenen Witterungsverlauf im Herbst. Durch den Höhenzug des Anningers ist die Region vor feucht-kaltem Wetter aus dem Westen geschützt. Charakteristisch sind im Sommer tagsüber heiße pannonische Winde. Die deutlich kühleren Fallwinde im westlichen Bereich sorgen im Verlauf der Nacht wieder für eine Abkühlung der Luft. Dieses Zusammenspiel der Luftströmungen lässt die Reben nach Niederschlägen und Tau rasch wieder abtrocknen und fördert die Aromaentwicklung.
Die durchschnittliche Jahrestemperatur im Bereich der Thermenregion gehört mit zu den höchsten in Niederösterreich. Sie reicht von 9,4 C in Wiener Neustadt bis 9,9 C in Gumpoldskirchen und Baden. Die jährlichen Niederschlagsmengen liegen zwischen 599l/m² (Wiener Neustadt) und 624l/m² in Baden.
Der nördliche Teil im Umfeld von Gumpoldskirchen ist mit 1.811 Sonnenstunden im Jahr das Schönwetterzentrum der Region, gefolgt von Wiener Neustadt (1.773 Sonnenstunden/Jahr) und Baden (1.770 Sonnenstunden/Jahr). Die Vegetationszeit erstreckt sich über 230 Tage.
Bodenverhältnisse:
Die Bodenformen in den Weingärten der Region sind vielfältig und ergeben insgesamt ein sehr komplexes weinbauliches Terroir. Das Wiener Becken ist vor allem durch Sedimente geprägt. An den Hängen des Anningers haben sich über den Schwemmlandschichten und dem darüber liegenden Verwitterungsmaterial schwere Böden, wie lehmige Tone, sandige Lehme und Braunerden mit einem hohen Anteil an Muschelkalk ausgebildet. Dort ergeben sich ideale Bedingungen für den Anbau von Zierfandler und Rotgipfler.
Zierfandler:
Der Ursprung der weißen, autochthonen Rebsorte Zierfandler (Spätrot) liegt vermutlich in Niederösterreich.
Die Rebsorte stammt vom Roten Veltliner und einer bis dato unbekannten Rebe ab, die starke Ähnlichkeit mit dem Traminer aufweist.
Die Reihe an synonymen Bezeichnungen, wie Spätrot, Rubiner, Gumpoldskirchner, Roter Reifler, Cirfandli, Cilifan und Zerjavinam deutet daraufhin, dass die Sorte früher stark verbreitet oder zumindest bekannt gewesen sein muss. Das Synonym „Spätrot“ rührt daher, dass die sonnenseitigen Trauben erst vergleichsweise spät eine rötliche Färbung annehmen. Beschattete Trauben bleiben grün.
Zierfandler sollte nicht mit dem Zinfandel verwechselt werden, einer vor allem in den USA angebauten Rotweintraube, die mit dem italienischen Primitivo identisch ist.
Ampelographische Beschreibung (Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg):
Die Triebspitzen des jungen Triebes sind offen. Der junge Trieb ist stark wollig behaart mit mittelstarker Anthozyanfärbung. Die Triebhaltung ist aufrecht. Die langen Ranken sind diskontinuierlich verteilt. Die ventralen Internodien sind grün, dorsale grün bis grün mit roten Streifen.
Die Knospenschuppen besitzen bis zur Mitte keine oder eine schwache Anthozyanfärbung.
Das junge Blatt ist an der Oberseite auf der ganzen Blattfläche kupfrig-rötlich. Die Unterseite weist zwischen den Nerven eine starke Behaarung auf. Die Blüte ist zwittrig.
Das ausgewachsene Blatt ist kreisförmig mit 5 bis 7 Lappen und V-förmigem Profil. Die Hauptnerven auf der Blattoberseite sind grün. Der Stielansatz ist rot. Die Spreite ist nicht gewaffelt und mittel-stark blasig. Die Blattzähne sind gerade bis rund gewölbt, die Stielbucht etwas überlappend mit V-förmiger Basis und nicht von Nerven begrenzt. Zähne in der Stielbucht und den Seitenbuchten fehlen. Die Blattunterseite ist stark behaart mit schwacher Borstung der Hauptnerven.
Der Traubenstiel ist kurz (3 bis 5cm), die Traube mittelgroß (14 bis 18cm) und sehr dicht. Die Grundtraube ist zylindrisch mit 1 bis 3 Flügeln, die Beitraube ist fehlend bis mittelgroß.
Die Beeren besitzen eine rundliche Form (l = 14 bis 20 mm, b = 14 bis 20 mm) mit einem geringen Einzelbeerengewicht (~ 2g). Die Beere besitzt eine grün oder rosa bis graue Haut und ein ungefärbtes Fruchtfleisch. Ihr Geschmack ist neutral, die Samen sind vollständig ausgebildet.
Phänologische Beschreibung (Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg):
Der Austrieb der Rebsorte ist spät, die Blütezeit mittel, ebenso die Reifezeit.
Die Rebsorte besitzt eine Resistenz gegenüber Winterfrost, die Regeneration nach Frühjahrsfrost ist gut.
Die Resistenzen gegenüber pilzlichen Schaderregern, wie Plasmopara ist schwach, gegenüber Oidium mittel, gegen Botrytis schwach. Die Neigung der Beeren zum Platzen bei Herbstniederschlägen ist mittel.
Die Sorte stellt keine hohen Ansprüche an den Boden, jedoch hohe an die Lage, weshalb sie vorwiegend in Gunstlagen angepflanzt wird.
Rotgipfler:
Die autochthone weiße Rebsorte ist vermutlich aus einer zufälligen Kreuzung der Sorten Traminer und Roter Veltliner hervorgegangen. Andere Bezeichnungen sind: Reifler, Rotreifler, Rotstreifler oder Slatzki Zelenac. Der Name „Rotgipler“ ist auf die rötlichen Triebspitzen des Weinblattes zurückzuführen.
Ampelographische Beschreibung (Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg):
Die Triebspitzen des jungen Triebes sind offen. Der junge Trieb ist stark wollig behaart mit starker Anthozyanfärbung. Die Triebhaltung ist aufrecht. Die mittel-langen Ranken sind diskontinuierlich verteilt. Die ventralen Internodien sind grün gefärbt, dorsal sind sie grün mit roten Streifen bis rot.
Die Knospenschuppen besitzen in der Mitte eine schwache Anthozyanfärbung.
Das junge Blatt ist an seiner Oberseite auf der ganzen Blattfläche kupfrig-rötlich. Die Unterseite weist eine starke Behaarung zwischen den Nerven auf. Die Blüte ist zwittrig. Das ausgewachsene Blatt ist kreisförmig mit 5 bis 7 Lappen und V-förmigen Profil. Die Hauptnerven auf der Blattoberseite sind über die 2. Aderverzweigung hinaus rot. Die Spreite ist mittel-stark gewaffelt und mittel-stark blasig. Die Blattzähne sind gerade bis rundgewölbt, die Stielbucht offen mit Klammer-förmiger Basis und nicht von Nerven begrenzt, Stielbuchtzähne fehlen. In den Seitenbuchten hingegen treten häufig Zähne auf. Die Blattunterseite ist mittel-dicht behaart mit schwacher Beborstung der Hauptnerven.
Der Traubenstiel ist kurz (3 bis 5cm), die Traube mittel-groß (14 bis 18cm) und sehr dicht. Die Grundtraube ist kegelförmig mit 1 bis 3 Flügeln, die Beitraube fehlt oder ist rudimentär bis klein.
Die Beeren besitzen eine oval bis verkehrt eiförmige Form (l = 14 bis 20mm, b = ~ 14mm) mit sehr geringen bis geringen Einzelbeerengewicht (1 bis 2g). Die Beere besitzt eine grün gelbe Haut und ein ungefärbtes Fruchtfleisch. Ihr Geschmack ist neutral, die Samen sind vollständig ausgebildet.
Phänologische Beschreibung (Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg):
Der Austrieb der Rebsorte ist mittel, die Blütezeit mittel bis spät, ebenso die Reifezeit. Die Rebsorte besitzt eine Resistenz gegenüber Winterfrost, die Regeneration nach Frühjahrsfrost ist schwach.Die Resistenz gegenüber pilzlichen Schaderregern, wie Plasmospora ist sehr schwach, gegenüber Oidium schwach und gegenüber Botrytis schwach. Die Neigung der Beeren zum Platzen nach Herbstniederschlägen ist mittel bis stark.
Die Rebsorte bevorzugt mittelschwere, kalkhaltige Böden in sonnenbegünstigten Hanglagen.
Aufgrund der Kompaktheit der Trauben neigt der Rotgipfler zu Rohfäule.
Methode der Produktion:
Die Bewirtschaftung der Weingärten wird nach den Grundsätzen des „Naturnahen Integrierten Weinbaus“ durchgeführt. Besonderes Augenmerk wird dabei auf eine naturnahe Weingartenpflege, Ertragsbegrenzung, sorgfältige Selektion der Trauben und behutsamen Ausbau der Weine gelegt.
Zierfandler und Rotgipfler eignen sich für den klassischen Ausbau im großen Holzfass oder Stahltank. Gelegentlich findet der Ausbau auch im Barrique statt.
Die Rebsorten werden heute öfter als früher sortenrein ausgebaut. Häufig dienen sie auch als Verschnittpartner in Cuvées mit anderen heimischen Sorten. Eine besondere Spezialität ist der Spätrot-Rotgipfler, ein Verschnitt aus Zierfandler und Rotgipfler.
In der Thermenregion wird auch das Kulturverfahren des Gemischten Satzes angewendet, bei dem verschiedene Rebsorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten und unterschiedlichem Säuregrad gemischt im Weingarten ausgepflanzt und anschließend gemeinsam gelesen und gepresst werden. Nicht zu verwechseln mit einem Cuvée, das durch Verschneiden verschiedener Weine und/oder Moste desselben Weinbaugebiets oder derselben Weinregion hergestellt wird.
Aus den Rebsorten Zierfandler und Rotgipfler können sowohl Heurigenweine, als auch klassische hochreife Spätlesen, sowie Auslesen und rare Prädikatsweine erzeugt werden.
Bei Wein der Marke „Königswein“ handelt es sich in der Regel um einen Qualitätswein im Spätlesebereich, der nur von Mitgliedern des Weinbauvereins Gumpoldskirchen produziert werden darf. Für die Produktion wurden genaue Vorgaben für die Laub- und Traubenbearbeitung im Weingarten festgelegt. Im Sinne einer Qualitätssicherung führen die Winzer im Weingarten oder bei der Traubenübernahme gemeinsame bzw. gegenseitige Kontrollen durch.
Geschmack, Aussehen:
Zierfandler: Weine zeigen in ihrem Geschmacksbild eine außerordentliche Vielseitigkeit. Der Ziefandler liefert extrakt- und alkoholreiche Weine, die über ein zartes Aroma und fruchtige Säure verfügen. Die Weine werden meist mit Restsüße hergestellt und erinnern im Aroma an Zitrusfrüchte, Ananas und Maracuja. Die Farbe der Weine aus den Zierfandlerreben ist goldgelb und im Vergleich zum Rotgipfler etwas heller.
Rotgipfler: Weine sind in der Regel extrakt- und alkoholreich und besitzen eine eher dunkel goldgelbe Färbung. Das Aroma kann als fruchtig-würzig beschrieben werden und erinnert an Äpfel und Birnen sowie in geringem Ausmaß auch an kräftige Grüne Veltliner.
In Kombination (Spätrot-Rotgipfler) werden die Aromen des Rotgipflers in den Hintergrund gerückt und der Zierfandler verliert manchmal seine kantigen Noten. Insgesamt zeichnen sich die Weine durch Fülle und Komplexität aus.
Qualitätskontrolle und –sicherung:
Bevor Wein unter der Marke „Königswein“ in den Handel gelangt, wird dieser einer Prüfung durch eine Kostkommission, bestehend aus Weinhauern, Gastronomen und Weinjournalisten, unterzogen.
Vermarktung:
Die Vermarktung von Rotgipfler und Zierfandler findet sowohl direkt, als auch über Vinotheken, den Lebensmittelhandel und die Gastronomie, unter anderem unter der Marke „Königswein“ statt.
Auch der Export ins Ausland, z.B. nach New York, ist bekannt.
Verwertung:
Empfehlung: Die aus Rotgipfler und Zierfandler hergestellten Weine verfügen über ein sehr gutes Lagerungspotenzial. Der Zierfandler wirkt gegenüber dem Rotgipfler in guten Jahren geschmacklich feiner und eleganter. Seine Reifespanne liegt zwischen 2 bis 10 Jahren, bei höheren Prädikatsstufen auch wesentlich darüber.
Zierfandler eignet sich als Aperitifwein oder als Begleitung zu dunklem Fleisch, Geflügel, Fisch, Meeresfrüchten, leichten Pastagerichten, asiatischen Gerichten oder Käse. Die optimale Trinktemperatur liegt zwischen 8 bis 10 C.
Rotgipfler ist ein gehaltvoller Wein, der gut zu Braten und zu allen panierten Fleischgerichten sowie Gerichten der asiatischen Küche harmoniert. Er ist auch zu Desserts geeignet. Die optimale Trinktemperatur liegt zwischen 7 bis 10°C.
Schutz:
Keine Angabe
Schlüsselworte
Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Niederösterreich, Region, Thermenregion, Gumpoldskirchen, Wein, Weißwein, Zierfandler, Rotgipfler, Spätrot-Rotgipfler
Bibliographie/ Referenzen
- BABO, A. Bericht über die Obst- und Wein Ausstellung in Liechtenstein´schen Garten in Wien, vom 4.-15.10. 1862 in Allgemeinen Land- und Forstwirtschaftlichen Zeitung von 1863 13: 70 ff
- BURGER, J. Systematische Classification und Beschreibung der in den österreichischen Weingärten vorkommenden Traubensorten mit den charakteristischen Merkmalen der Gattungen und Arten, ihren wissenschaftlichen und ortsüblichen Benennungen und den besonderen Eigenschaften der Trauben und des aus ihnen gekelterten Weines. Carl Gerold, 1837, Wien.
- Conrad, P. L. Beschreibung des Ruster Weinbaues, in: Ährenlese des Georgikons, (Wien 1819) 163-184
- EGLE, K. Der Österreichische Wein. Das große Handbuch. Pichler Verlag, 2007, Wien.
- FLAK et al. Beitrag zur Charakterisierung von Weinen der Sorten ’Rotgipfler’ und ’Zierfandler’ aus dem Weinbaugebiet Thermenregion in Österreich, Mitteilungen Klosterneuburg 55 (2005): 129-139
- Goethe, H. Handbuch der Ampelographie Verlag Paul Parey 2. Auflage, 1887, Berlin
- GROSS et al. wein.pur, Grüner Veltliner, Österreichs Trendsetter und seine Winzer im Porträt, Österreichischer Agrarverlag Druck- und Verlags Ges.m.b.H. Nfg.KG, Wien.
- Helbling, S. Beschreibung der in der Wiener Gegend gemeinen Weintrauben-Arten. In: Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Böhmen, zur Aufnahme der Mathematik, der vaterländischen Geschichte und der Naturgeschichte. 3. 1777 Prag 350-390.
- REGNER, F., STADLBAUER, A., EISENHELD, C., KASERER, H. 2000. Considerations about the evolution of grapevine and the role of Traminer. Acta Horticulturae 528: 177-182
- Regner F., Sefc K., Glößl J., Steinkellner H. 2000. Parentage analysis and pedigree reconstruction of vine cultivars using microsatellite markers. Acta Horticulturae 528: 133-138
- Schams, Franz. Ungarns Weinbau in seinem ganzen Umfange oder vollständige Beschreibung sämmtlicher berühmter Weingebirge des ungarischen Reiches in statistisch-topographisch-naturhistorischer und ökonomischer Hinsicht. 2 Bände mit 20 Abbildungen. Pest. Otto Wigand.1832 und 1833.
- Steurer, R. Österreichischer Weinführer Ueberreuter 1992
- Die Wilden von der Südbahn
- Das Weinland Thermenregion
- Die Reblaus
- Freigut Thallern
- Gumpoldskirchen
- Königswein
- Ortsgeschichte Gumpoldskirchen
- Österreichisches Rebsortenverzeichnis
- Rotgipfler Wikipedia
- Rotgipfler
- Thermenregion Österreich Wein
- Zierfandler Wikipedia
- Zierfandler Österreich Wein
- Zierfandler, Spätrot
Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 08.01.2024.
Sprachcode
Deutsch
Regionaler Ansprechpartner
Alfred Freudorfer
Wienerstraße 21
2352 Gumpoldskirchen
Telefon: 02252/62497
E-Mail: buschenschank@freudorfer.at
Autorin
Mag. Doris Reinthaler überarbeitet von Dr. Ferdinand Regner (HBLA und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg) 2021