Uhudler
Wein aus Direktträgertrauben der Rebsorten Concord, Delaware, Elvira und Ripatella.
Registernummer: 67
Offenlegungsdatum
Der „Uhudler“ stammt aus der Zeit nach dem großen Reblausbefalls, Ende des 19. Jahrhunderts.
Titel
Uhudler
Kurzdarstellung oder Behauptung
Wein aus Direktträgertrauben der Rebsorten Concord, Delaware, Elvira und Ripatella. Typischer Geruch und Geschmack nach Waldbeeren, Himbeeren, Erdbeeren und mit Foxton („Fuchsigkeit“).
Produktbezeichnung, Produktklasse
Wein
Name der Region
Südburgenland, Burgenland, Österreich
Suchgebiet
Landwirtschaft und Wein
Name des Informationsgebers
Keine Angabe
Name des Antragstellers für den Titel
Keine Angabe
Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen
Uhudlerproduzenten der Region
Verein „Freunde des Uhudler“ mit 342 Mitgliedern aus 24 Mitgliedsgemeinden (Mai 2007)
Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels
Keine Angabe
Beschreibung
Geschichte:
Der Uhudler stammt aus der Zeit nach dem großen Reblausbefall, der vor 1870 auch Österreich erreichte. Nach den Ausfällen der europäischen Rebsorten durch Reblausbefall, wurden reblausresistente amerikanische Weinreben unterschiedlicher Sorten nach Europa gebracht und mit einheimischen europäischen Rebsorten veredelt.
Die reblaustoleranten „Amerikanerreben“ dienten als Unterlage für die Veredelung mit den „Europäerreben“. Die ersten unveredelten Direktträgersorten (Amerikanerreben) waren „Noah“, „Concord“ und „Isabella“, später auch „Elvira“, „Othello“, „Delaware“, „Ripatella“ und „Seibel“.
Diese Direktträgerweine wurden später Uhudler genannt, eine Bezeichnung, die Ende 1950 im Südburgenland entstand.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts kam der Uhudler in Verruf. Es wurde behauptet, dass der Wein von Direktträgern einen hohen Anteil an Fuselölen und Methanol enthalte und daher gesundheitsschädlich sei.
Im Jahr 1929 folgte eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht, wohl um Überschüssen und Preisverfall entgegenzuwirken.
In einem Fachbuch von Prof. Dr. Fritz Zweigelt (österreichischer Botaniker, Entomologe und Rebenzüchter) aus dem Jahr 1929 ist zu finden: „Die spezifischen Giftwirkungen sind: Zornexzesse bei Männer, Hysterie bei Frauen, Neigung zu Halluzinationen, geistige und körperliche Degenerationserscheinungen bei Kindern (…)“ und „dass Leute, die regelmäßig Noahwein (ein Uhudler-Weißwein) trinken, eine fahle, blasse Gesichtsfarbe bekommen, am ganzen Körper zittern und dahinsiechen, während Bauern mit veredelten Weingärten kinderreiche Familien haben, gesund und arbeitssam sind (…)“.
1936 folgte das Auspflanzungsverbot für Direktträgerweine.
1937 kam es zum Verbot von Weinverschnitten mit Erzeugnissen aus Direktträgerreben.
Nach dem Krieg im Jahr 1946 kam ein Rodungserlass bis auf 25 Prozent der Uhudlerfläche.
1961 folgte das Verkehrsverbot von Direktträgerweinen und die Beschränkung, ihn nur mehr als sogenannten Haustrunk zu verwenden, der Ausschank und Verkauf waren jedoch verboten.
1971 griff dann das Parlament sogar in die Trinkgewohnheiten seiner Mitbürger durch die gesetzliche Festlegung einer mengenmäßigen Obergrenze für den Haustrunk Uhudler auf 400 Liter pro Kopf und Jahr ein.
1985 wurde der Begriff des Haustrunkes im Zuge der enormen Verschärfung des österreichischen Weingesetzes aufgrund des Weinskandals („Glykolwein“) aus dem Weingesetz genommen womit der Uhudler endgültig verboten war.
Bis zu Beginn der 90er Jahre wurden tausende Liter Uhudler (vor allem im Südburgenland) von Kellereiinspektoren ausgeleert und kanalisiert.
Der 1987 gegründete „Verein der Freunde des Uhudlers“ setzte sich zum Ziel, den Uhudler wieder in Verkehr zu bringen. Der in dieser Zeit weit verbreitete Name „Uhudler“ für Direktträgerweine wurde 1989 markenrechtlich als Wort-Bild-Marke beim Österreichischen Patentamt angemeldet und rechtlich geschützt.
Der Begriff Uhudler ist auf das Südburgenland beschränkt.
Aufgrund intensiver Bemühungen des Vereins der „Freunde des Uhudler“ wurde der Uhudler 1992 im Rahmen einer Weingesetznovelle wieder in das österreichische Weingesetz aufgenommen und durfte ab 1. August 1992 wieder in den Verkehr gebracht werden.
Die Aufnahme in das Bundesgesetz veranlasste den Burgenländischen Landtag kurz darauf, in der Rebsortenverordnung 7 Direktträgersorten (Ripatella, Delaware, Concordia, Elvira, Noah, Isabella und Othello) zuzulassen.
Seit 1995 sind, laut EU-Sortenverordnung, nur die Sorten Ripatella, Delaware, Concordia und Elvira als vorübergehend zugelassene Rebsorten einzustufen.
Diese Direktträgersorten gelten laut Burgenländischer Weinbauverordnung, Landesgesetzblatt Nr.25/2003, bis 31.12.2030 als vorübergehend zugelassene Rebsorten. Mit dem gesetzlichen Auslaufen 2030 könnte der Uhudler wieder vor einem Produktionsverbot stehen.
2004 wurde die Bezeichnung Uhudler für regional-typische Direktträger-Reben für das Südburgenland neuerlich beim Patentamt registriert.
Die bewegte Geschichte des Uhudlers ist zu einem der wichtigsten Elemente für den besonderen Ruf des Weins als regionale traditionelle Spezialität geworden.
Der Uhudler hat heute als Werbeträger positiven Einfluss auf den Tourismus im Südburgenland.
Namensursprung:
Der Begriff Uhudler geht auf zahlreiche mündliche Überlieferungen zurück. Eine verbreitete Legende erzählt, dass Weinbauern nach dem übermäßigen Genuss des Uhudlers in ihren Kellern von ihren Frauen mit den Worten „Du siehst aus wie ein Uhu“ begrüßt wurden.
Eine weitere Geschichte besagt, dass der Name von einem Tongefäss, dem „Udler“ (eine Art Plutzer mit zwei Löchern) stammt. Das eine war zum trinken da, das andere Loch um Luft nachströmen zu lassen.
Die Direktträger werden in Österreich auch als „Heckenklescher“ oder „Rabiatperle“ bezeichnet.
Rabiatperle ist eine negativ besetzte Bezeichnung für einen alkoholstarken Wein minderer Qualität, durch dessen (übermäßigen) Genuss man „rabiat“ (rücksichtslos, wütend, aggressiv) wird.
Die Bezeichnung Heckenklescher (auch Heckenperle, Heck’n Klescher) gilt für einen sehr säurebetonten, alkoholstarken und oft minderwertigen Wein. Nach übermäßigem Genuss verliert man das Gleichgewicht und fällt ins Gebüsch („klescht in die Hecke“).
Für dem Uhudler ähnliche Direktträgerweine in der Steiermark werden Bezeichnungen wie Suhudler, Juhudler verwendet.
Gebiet/Region:
Bezirke Jennersdorf und Güssing im Südburgenland, dem kleinsten Weinbaugebiet des Burgenlandes.
Hauptanbaugebiet sind die Gemeinden Heiligenbrunn (Bezirk Güssing) und Elterndorf (Bezirk Jennersdorf).
Das Anbaugebiet umfasst rund 38 ha.
Das Südburgendland (ist eine ausgedehnte hügelige Region im Osten von Österreich auf 229 bis 315 m Seehöhe. Es wird im Osten von Ungarn, im Süden von Slowenien und im Westen von der Steiermark begrenzt.
Im Südburgenland herrscht illyrisches Klima, das milder und weniger heiß ist, als im restlichen Bundesland.
Die Region ist geologisches Grenzland zwischen den Ostalpen, den Karpaten und dem Pannonischen Becken. Die Lage am Übergang von der Zentralzone der Ostalpen zum Westungarischen Tiefland, vom atlantisch beeinflussten Klimabereich zum pannonischen Steppenraum, sind die bestimmenden Geofaktoren für dieses Gebiet.
Uhudler:
Sorten:
Die Rebsorten sind Direktträger und äußerst resistent gegen die Reblaus und andere Krankheiten. Deshalb müssen sie (fast) nicht gespritzt und gedüngt werden.
Für den Uhudler werden folgende Traubensorten verwendet: Concord, Delaware, Elvira und Ripatella. Diese Direktträgersorten gelten bis 31.12.2030 als vorübergehend zugelassene Rebsorten.
Geschmack, Aussehen:
Wein aus Direktträgersorten, der den typischen Direktträgergeruch und –geschmack nach Waldbeeren, Himbeeren, Erdbeeren und den „Foxton“ („Fuchsigkeit“) aufweist.
Der Geschmack hängt natürlich von der verwendeten Rebsorte ab, meist handelt es sich um einen Gemischten Satz.
Der Farbton des roten Uhudlers reicht von zartem Rosa bis Ziegelrot, weißer Uhudler von blassem Stroh- bis Hellgelb. Grund für diese Farbtöne sind Anthocyane, die im Gegensatz zu Weinen der Europäerrebe nicht nur mono- sondern diglucosidisch verknüpft vorliegen.
Der Geschmack ist durch eine herb, deftige Säure geprägt.
Im Abgang merkt man die Säure auch deutlich.
Der Wein hat aufgrund des höheren Pektingehaltes der Früchte einen geringfügig höheren, gesundheitlich nicht bedenklichen Methanolgehalt als Wein aus europäischen Rebsorten.
Qualitätskriterien:
Die Qualität des Uhudlers konnte in den letzten Jahren durch bessere Ausbildung der Produzenten, bessere Kellertechnik, verstärkte Weingartenarbeit sowie Kontrollen durch den „Verein Freunde des Uhudlers“ deutlich gestärkt werden.
Jährlich werden die Uhudler-Weine von einer Kostkommission, die zu 50 % aus Vereinsmitgliedern und zu 50 % aus externen Fachleuten besteht, auf Sortencharakter, Reintönigkeit und Sauberkeit geprüft um eine Qualitätssicherung zu gewährleisten.
Die eingereichten Proben werden auch chemisch auf ihre Inhaltsstoffe analysiert.
Die Weine, die die Prüfung bestehen, dürfen die gemeinsame Wort-/Bildmarke tragen. Der Uhudler darf nur in Mitgliedsgemeinden unter diesem Namen produziert werden.
Vermarktung:
Der Uhudler darf nur in bestimmten Gebinden in den Verkauf gebracht werden. Entweder in Ein-Liter-Flaschen oder Viertel-Liter-Tonplutzern, die eine bestimmte Form haben müssen. Dazu sind alle Uhudler-Flaschen mit einem Anhänger mit der Beschreibung dieser Weinrarität versehen.
Uhudler wird größtenteils Ab-Hof verkauft, weiters in der südburgenländischen Gastronomie. Geringere Teile werden über die Gastronomie anderer Bundesländer, Vinotheken, Bauernläden, Wiederverkäufer und Bioläden abgesetzt.
Verwertung:
Aus den Trauben/Trestern gewonnener Wein, Sekt, Perlwein, Marmelade, Schnaps und Naturkosmetik.
Wein als Verfeinerung für Käse („Blauhudler“), für Schokolade, Pralinen und für diverse Gerichte in der südburgenländischen Gastronomie.
Aus den Uhudlertrauben werden weiters fruchtige Säfte und milde Essige, etc. hergestellt.
Schutz:
Registrierung von Wort-Bild-Marken mit dem Wortlaut Uhudler beim österreichischen Patentamt unter Ma.Nr.: AT 167228, Ma.Nr.: AT 173675, Ma.Nr.: AT 219071, Ma.Nr.: AT 224604
Schlüsselworte
Uhudler, Wein, Traditionelles Wissen, Österreich, Burgenland, Südburgenland, Jennersdorf, Güssing, Elvira, Concord, Delaware, Ripatella, Direktträger
Bibliographie/ Referenzen
- Eckhart, Walter; Sommer, Robert (1997): Es war die Reblaus. Mandelbaum, Wien.
- Goethe Hermann (1884): Die wichtigsten amerikanischen Reben welche der Phylloxera widerstehen. Leykam, Graz.
- GRÜNER W. Uhudler-Uhudler. Ein bisschen was über Wein. April 2009
- Lukesch, Robert; Müllner Gerhard (1991): Direktträger. Rechtslage, Motive, Hintergründe. Edition Uhudler, Güssing.
- Pfeiffer Andrea. Der Uhudler, eine traditionelle südburgenländische Spezialität. Erste Bachelor-Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts in Business BA für Internationales Weinmanagement. Fachhochschulstudiengänge Burgenland Ges.m.b.H. 2007
- Robinson, Jancis (2003): Vines, grapes and wines: the wine drinker's guide to grape varieties. 5. Aufl., Mitchell Beazley, London.
- Siegel, Simon u.a. (2004): Weine, Schaumweine, versetzte Weine. Trauner, Linz. schriftliche Mitteilungen im Verein „Freunde des Uhudler“ 1989-2007. Im Verein aufliegend.
- Thümen N. (1890): Die wichtigsten der direct tragenden amerikanischen Reben nebst einer kurzen Anweisung für ihre Cultur. Hitschmann, Wien
- Concord
- Die Geschichte des Uhudlers
- Der Weinskandal 1985
- Gemeinde Eltendorf: Uhudler
- Gemeinde Moschendorf Weinmuseum mit Uhudlergeschichte
- Gemeinde Heiligenbrunn Uhudler
- Heckenklescher
- Rabiatperle
- Ripatella
- Rotholzer Blauhudler, HBLFA Tirol Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt in Tirol für Landwirtschaft und Ernährung sowie Lebensmittel- und Biotechnologie
- Uhudler – burgenländische Erfolgsgeschichte
- Uhudler / Arche Noah (arche-noah.at)
- Vergängliche Licht und Schatten in den Uhudler Bergen
- Verordnung (EWG) Nr. 3800/81 der Kommission vom 16. Dezember 1981 zur Aufstellung der Klassifizierung der Rebsorten. Amtsblatt Nr. L 381 vom 31/12/1981 S. 0001 – 0078,
- Verordnung (EG) Nr. 2276/95 der Kommission vom 28. September 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3800/81 zur Aufstellung der Klassifizierung der Rebsorten. Amtsblatt Nr. L 232 vom 29/09/1995 S. 0002 – 0004,
- Verordnung (EG) Nr. 1493/99 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein. Amtsblatt Nr. L 179 vom 14/07/1999 S. 0001 – 0084,
- Weinbauverordnung 2003 LGBL. Nr. 25/2003. Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 14. Mai 2003, mit der Bestimmungen des Weinbaugesetzes 2001 ausgeführt werden (Weinbauverordnung);
- Weingesetznovelle 1992: Änderung des Forstgesetzes 1975 (EWR-Rechtsanpassung), des Bundesgesetzes über Maßnahmen zum Schutze des Waldes anlässlich der Ein- und Durchfuhr von Holz (Holzkontrollgesetz) und des Weingesetzes 1985. BGBl. Nr. 970/1993
- Zum österreichischen Weingesetz
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Sprachcode
Deutsch
Regionaler Ansprechpartner
Verein „Freunde des Uhudler“
Weinmuseum 1
A-7540 Moschendorf
Telefon: 03324/6318
e-mail: office@weinidylle.at
Autoren
Pfeiffer Andrea
Geringfügig adaptiert: Dr. Erhard Höbaus, MSc