Gemischter Satz
Traditionelle Herstellung von Gemischtem Satz bzw. Mischsatz in Österreich.
Registernummer: 247
Offenlegungsdatum
Der Ursprung des Gemischten Satzes ist nicht bekannt. Die Methode, Rebsorten im Weingarten gemischt zu pflanzen, war jedoch die ursprüngliche Anbaumethode und bis Ende des 19. Jahrhunderts im mitteleuropäischen Raum weit verbreitet.
Titel
Gemischter Satz
Kurzdarstellung oder Behauptung
Traditionelle Herstellung vom Gemischten Satz bzw. Mischsatz in Österreich. Der Gemischte Satz ist eine Weinspezialität aus bis zu zwanzig weißen oder roten Rebsorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten und unterschiedlichen Säuregrad, die gemischt im Weingarten ausgepflanzt werden und gemeinsam gelesen, gekeltert und vergoren werden.
Der klassische und traditionelle Gemischte Satz wird aus den weißen Rebsorten Grüner Veltliner, Muskateller, Neuburger, Rheinriesling, Traminer und Weißburgunder hergestellt. Weine, die nach dieser Methode hergestellt werden, zeichnen sich durch Individualität und Herkunft aus. Das Spektrum reicht von leicht und fruchtig bis kraftvoll und vielschichtig.
Der Gemischte Satz gilt als Symbol und Spiegelbild der Wiener Kultur.
Produktbezeichnung, Produktklasse
Wein
Name der Region
Wien, Niederösterreich, Steiermark, Österreich
Name des Informationsgebers
Siehe Literaturliste, überarbeitet von Ferdinand Regner, HBLA und BA für Wein – und Obstbau Klbg.
Name des Antragstellers für den Titel
Keine Angabe
Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen
Keine Angabe
Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels
Keine Angabe
Beschreibung
Geschichte:
Gemischter Satz:
In Wien (im Besonderen am Nußberg, Kahlenberg und Bisamberg) ist der Weinbau seit 750 vor Christus belegt.
Der Gemischte Satz hat im Wiener Weinbau eine lange Tradition. Bis zur Reblaus-Katastrophe am Ende des 19. Jahrhunderts war sein Kulturverfahren im gesamten mitteleuropäischen Raum weit verbreitet, wenn nicht sogar die Regel. Nicht nur in Wien, sondern in allen bedeutenden Weinbaugebieten pflanzten Weinbauern damals ihre Rebberge gemischt und nicht wie heute üblich reinsortig aus.
Der Ursprung dieses Kulturverfahrens ist unbekannt. Man geht jedoch davon aus, dass es zum Zweck der Risikominimierung eingeführt wurde. Da jede Sorte anders auf Frost, Hitze oder zu viel Feuchtigkeit reagiert, bedeutet die Anbaumethode des Gemischten Satzes eine Ertrags- und Qualitätssicherung.
Der Legende nach wurde der unvollendete Nordturm des Wiener Stephansdoms mit Wein gebaut. Berichten zufolge soll der Wiener Wein des Jahres 1450 derart sauer gewesen sein, dass niemand ihn trinken wollte. Die Weinhauer waren bereits mit seiner Entsorgung beschäftigt, als Friedrich III. ein Gebot erließ, welches das Verschütten des „Reifbeißers“ verbot. Die Weinhauer wurden angewiesen, den ungenießbaren Wein zum „Stephansfreithof“ (Friedhof) zu bringen, der damals noch das Gotteshaus umgab. Dort soll der Wein zum Löschen von Branntkalk beim Bau des Fundaments für den Nordturm gedient haben. Aus welcher Rebsorte der Wein einst hergestellt wurde, ist nicht dokumentiert. Da Weine zu dieser Zeit jedoch noch kaum reinsortig ausgebaut wurden, besteht die Annahme, dass es sich bei dem „Reifbeißer“ um einen Gemischten Satz gehandelt hat.
Im Mittelalter erfreute sich der Wiener Wein eines hervorragenden Rufs, der weit über die Grenzen Österreichs hinausreichte. Er wurde gerne mit „feinstem Rheinwein oder Burgunder“ verglichen. Früher hieß es: „Eine Rebsorte im Weingarten ist eine Geige, der gemischte Satz aber ist ein Orchester“.
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert war der „Nußberger“, ein Gemischter Satz aus Riesling, Neuburger, Weißburgunder und Traminer äußerst beliebt und galt als der beste Wein des Kaiserreiches und wurde am Hof getrunken.
Ende des 19. Jahrhunderts mit Aufkommen der Klonenselektion wurden Weine dann verstärkt sortenrein ausgebaut, weshalb der Gemischte Satz allmählich an Bedeutung verlor.
Nach dem 2. Weltkrieg mit der Umstellung von arbeitsintensiver Stockkultur auf Drahtkultur verschwand der Gemischte Satz weitgehend aus Österreichs Weingärten. In Niederösterreich und der Steiermark wurde in einigen Anlagen die Kulturmethode erhalten. Auch in Wien konnte der Gemischte Satz überleben, wenn auch als einfacher Schank- und Heurigenwein.
Nur vereinzelt setzten Winzer, beim Gemischten Satz auf Qualität und trugen so in den 1990er Jahren wesentlich zur Imageverbesserung der in Vergessenheit geratenen Weinspezialität bei.
2006 gründeten vier Winzer die Gruppe „WienWein“, die sich der Pflege und Bekanntmachung des Gemischten Satzes und des Wiener Weins weit über die Grenzen der Bundesshauptstadt hinaus verschrieben hatten.
2008 wurde der Gemischte Satz von Slow Food Österreich in die Arche des Geschmacks aufgenommen.
2009 schlossen sich einige Wiener Winzer zum „Verein zur Erhaltung und Förderung des Gemischten Wiener Satzes“ zusammen.
Aufgrund der langen Tradition des Gemischten Satzes in Wien wurde im April 2011 auf Initiative der Landwirtschaftskammer Wien mit Vertretern des Regionalen Komitees Wien, den Weinbauvereinsobmännern und den Funktionären der Landwirtschaftskammer Wien eine Regelung der Bezeichnung „Wiener Gemischter Satz“ erarbeitet und diese in die neue Weinbezeichnungsverordnung (BGBL. Nummer 111) aufgenommen. Durch die rechtlichen Vorgaben für den Wiener Gemischten Satz besteht für Konsumenten die Sicherheit einen echten Wiener Gemischten Satz zu erwerben.
Heute erlebt der Gemischte Satz eine Renaissance und gilt als Symbol und Spiegelbild der Wiener Weinkultur.
Die derzeitige Gesamtanbaufläche für Gemischten Satz beträgt in Österreich ca. 2 % der gesamten Weinbaufläche (2015).
Gebiet/ Region:
Wien, Niederösterreich, Steiermark, Österreich
Gemischter Satz:
Der Gemischte Satz oder Mischsatz, wie er in der Steiermark genannt wird, ist eine alte österreichische Weinspezialität bzw. eine alte Überlieferung der Weißweinproduktion.
Ein Gemischter Satz setzt sich aus verschiedenen weißen oder roten Rebsorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten und unterschiedlichen Säuregrad zusammen, die gemischt im Weingarten ausgepflanzt werden. Die Trauben werden gemeinsam gelesen und gepresst. Das Spektrum reicht dabei von Dreier-Mischungen bis zu zwanzig verschiedenen Rebsorten. Ein Gemischter Satz ist nicht zu verwechseln mit einer Cuvée, die durch Verschneiden verschiedener Weine und/oder Moste desselben Weingebiets oder derselben Weinregion hergestellt wird.
Der Grundgedanke des Gemischten Satzes besteht darin, die unterschiedlichen Reifestadien der Beeren und den diversen Weinsäuregehalt der Rebsorten auszugleichen und so für eine gleichbleibende Qualität zu sorgen. Zudem wird durch diese Anbaumethode das Risiko von Ernteverlusten minimiert.
Methode der Produktion:
Die verwendeten Rebsorten stellen üblicherweise die traditionellen Sorten aus der Weinregion dar und werden im Weingarten nach einem bestimmten Muster gesetzt.
Der richtige Erntezeitpunkt ist entscheidend. Die Lese sollte möglichst spät erfolgen, da dadurch Rebsorten in unterschiedlichen Reifestadien geerntet werden können. Wird jedoch zu spät geerntet, hat das überreife Weine zur Folge, die zuviel Zucker, Alkohol und zu viel reife Aromen enthalten können, was sich negativ auf die Fruchtigkeit und Aromatik des Weines auswirkt. Eine zu frühe Ernte ergibt zu dünne Weine mit vielen unreifen Tönen.
Es soll auch schon vorgekommen sein, dass sich direkt nebeneinander stehende Rebsorten untereinander in Blütezeit und Reife ausgeglichen und harmonisiert haben.
Der Gemischte Satz wird sowohl im Holzfass, als auch „klassisch“ im Stahltank ausgebaut.
Geschmack, Aussehen:
Kein Gemischter Satz-Weingarten gleicht dem anderen, dementsprechend ist jeder Gemischte Satz durch Individualität charakterisiert. Die Mischung ist das Besondere. Boden, Klima und Sorten bestimmten die Qualität der Weine, die deutlich ihre Herkunft wiederspiegeln. Die Sorten variierten nach Gegend, Winzer und Epoche.
Der klassische und traditionelle Gemischte Satz bestand aus Grünem und Rotem Veltliner,, Muskateller, Neuburger, Rheinriesling, Traminer und Weißburgunder, Grobe und Zierfandler. Dabei kommt jeder Rebsorte eine Funktion zu. Grüner Veltliner und Weißburgunder sorgen für Struktur und ein fruchtiges Grundgerüst, üppige, frühreife Sorten, wie Neuburger steuern den Schmelz bei (dichter Fruchtgeschmack, der am Gaumen mit einem schmelzigen Nachgeschmack entsteht), der Riesling die Säure und Traminer und Muskateller sind für das Aroma zuständig. Aber auch die Tatsache, dass stets etwas überreife mit exakt vollreifen und ein wenig unreifen Trauben gemeinsam gelesen werden, sorgt für Komplexität.
Neben dem klassischen Gemischten Satz aus weißen Rebsorten gibt es auch eine rote Variante, welche sich unter anderem aus den Rebsorten Burgunder, St. Laurent, Blauburger, Pinot Noir, Blauer Portugieser, Blaufränkisch oder Zweigelt zusammensetzen kann.
Die Anbaumethode des Gemischten Satzes bringt Weine hervor, deren Spektrum von leicht und fruchtig bis kraftvoll und vielschichtig reicht.
Von den historischen Ansätzen blieb bis heute die Sortenvielfalt über. Im aktuellen Weingesetz ist kein gemischtsortiger Weingarten gefordert. Als Voraussetzung werden die verschiedenen Rebsorten genannt, die gemeinsam vinifiziert werden. Allerdings sind nur Qualitätswein- Rebsorten dafür zugelassen. Für den DAC Wiener Gemischter Satz gilt die höhere Anforderung, dass der Weingarten wirklich gemischt gepflanzt wird und auch als solcher im Kataster aufscheint.
Dieser Wiener Gemischte Satz ist heute relativ erfolgreich in Wien. Fast alle Wiener Winzer produzieren einen Gemischten Satz.
Vermarktung:
Gemischter Satz wird sowohl ab-Hof, als auch über den Lebensmittelhandel und die Gastronomie vermarktet und kann auch über das Internet bezogen werden.
Zudem haben sich die Weine des Gemischten Satzes international einen Namen gemacht und werden in viele Länder, wie Deutschland (Berlin), Norwegen (Oslo) oder Japan (Tokio) exportiert.
Wiener Gemischter Satz:
„Wiener Gemischter Satz“ (BGBl Nr. 236/2013)
Wein darf unter der Bezeichnung “Wiener Gemischter Satz DAC” oder “Wiener Gemischter Satz Districtus Austriae Controllatus” ohne kleinere geographische Angabe als „Wien“ in Verkehr gebracht werden, wenn er den Anforderungen für Qualitätswein sowie folgenden Anforderungen entspricht:
Er hat aus einem Wiener Weingarten zu stammen, der zumindest mit drei verschiedenen Rebsorten bepflanzt ist, die gemeinsam gelesen und verarbeitet werden.
Die Trauben haben aus Weingärten zu stammen, die sich zu 100 % innerhalb des Weinbaugebietes Wien befinden.
Der größte Sortenanteil darf nicht höher als 50 % zu sein, der drittgrößte Sortenanteil hat zumindest 10 % zu umfassen.
Die Weingärten müssen im Kataster des Wiener Rebflächenverzeichnisses als Wiener gemischter Satz eingetragen sein.
Er hat ein Weißwein mit Angabe des Erntejahres zu sein. Der vorhandene Alkoholgehalt ist mit höchstens 12,5 % vol. am Etikett anzugeben; das Regionale Weinkomitee Wien kann diesen Wert in Jahren mit besonderen Witterungsbedingungen erhöhen. Der Wein hat der Geschmacksangabe „trocken“ zu entsprechen.
Er darf nur in Glasflaschen an den Endverbraucher abgegeben werden, es sei denn, dass er am Ort der Verabreichung sofort genossen werden soll. Bei der Abgabe in Glasflaschen sind Nennvolumina von 1,0 l und 2,0 l sowie ein Verschluss mit Kronenkork nicht zulässig. Ausnahmegenehmigungen dazu können auf Antrag an das Regionale Weinkomitee Wien durch dieses bewilligt werden.
Er darf keinen stark wahrnehmbaren Holzeinsatz aufweisen.
Er ist im Weinbaugebiet Wien herzustellen und abzufüllen. Eine Herstellung und Abfüllung außerhalb des Gebietes darf nur mit Genehmigung des Regionalen Weinkomitees Wien erfolgen. Eine solche Genehmigung ist jährlich einzuholen und kann insbesondere dann erteilt werden, wenn die Weingärten des Herstellers im Weinbaugebiet Wien gelegen sind und die Herstellung des Weines in einem Betrieb des Herstellers außerhalb des Gemeindegebietes erfolgt. Bei Trauben- und Weinzukauf sind auf Rechnungen, Lieferscheinen und Transportpapieren die Katastralgemeinde, die Grundstücknummer(n) und die Fläche(n) anzuführen.
Verwertung:
Empfehlung: Aufgrund seiner Vielschichtigkeit ist der Gemischte Satz ein universeller Speisebegleiter. Besonders gut harmoniert er mit Speisen der traditionellen Wiener Küche, aber auch zu Gerichten der asiatischen Küche sowie Käsevariationen passt der Wein sehr gut.
Schutz:
DAC Verordnung Wiener Gemischter Satz BGBl II Nr.236/2013
Die Bezeichnung „Wiener Gemischter Satz“ wurde mit Verordnung der Europäischen Kommission vom 29.4.2024 in die Liste der geschützten Ursprungsbezeichnungen der EU aufgenommen.
Schlüsselworte
Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Wien, Region, Weißwein, Rotwein, Gemischter Satz
Bibliographie/ Referenzen
- Burger, J.: Systematische Klassifikation und Beschreibung der in den österreichischen Weingärten vorkommenden Traubenarten, Carl Gerold Verlag, Wien 1837
- EGLE, K. Der Österreichische Wein, Pichler Verlag in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien-Graz-Klagenfurt, 2007, S. 69f., 89-99, 105, 278-281, 362f. 468f.
- GOETHE, H., Handbuch der Ampelographie, Paul Parey Verlag Berlin
- GRUEN, O. G’mischter Satz, Weltkarriere in Wien, Ablinger & Garber GmbH, Wein, 2010
- HOLZER, F. Mischen is possible. In: A la carte. Das Magazin für Ess- und Trinkkultur 3B/2010, Wiener Wein, D + R Verlag, Wien, S. 86-89
- JURSKA, O. und RUCKENBAUER, W. Wein aus Österreich, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien, 1971, S. 32
- Klinger, W. und Vocelka, K. Wein in Österreich, Die Geschichte, Verlag Brandstätter
- KOBER, F., 1920 Zeitgemäße Maßnahmen im Weinbau, Ulmer Verlag
- KOLLER, B. Vielfalt bewegt. In: Arche Noah Magazin, Zeitschrift für Mitglieder & Förderer, 4/2008, S. 4
- LESKOSCHEK, F., Die Geschichte und Topographie des steirischen Weinbaues. Jahresbericht der Bundeshandelsakademie in Graz. Schuljahr 1934/35
- SCHWARZKOGLER, I., Zwischen Mur und Drau in: Schwarzkogler und Vetter Weinkultur, Stmk Landesregierung, Carinthia Klagenfurt
- SIEVERS, G.W. (2007): Genussland Österreich – Was Küche und Keller zu bieten haben, Leopold Stocker Verlag, Graz, S. 314, 321
- Dokumentation Wein 2019
- Gemischter Satz, Mischsatz
- St. Stephan: Nordturm wurde mit Wein gebaut - Weil ihn niemand trinken wollte - Wiener Zeitung Online (tagblatt-wienerzeitung.at)
- Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Festsetzung von Bedingungen für regionaltypische Qualitätsweine mit Herkunftsprofilen für den Wiener Gemischten Satz DAC (DAC-Verordnung „Wiener Gemischter Satz“) StF: BGBl. II Nr. 236/2013
- VERORDNUNG (EG) Nr. 2276/95 DER KOMMISSION vom 28. September 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3800/81 zur Aufstellung der Klassifizierung der Rebsorten
- Verordnung (EWG) Nr. 347/79 des Rates vom 5. Februar 1979 über die Grundregeln für die Klassifizierung der Rebsorten
- Weinbau in Wien: Gemischter Satz und Heuriger | Weinfreunde Magazin /
- Weinbezeichnungsverordnung
- Weinlexikon
Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 12.08.2024.
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Autorin
Mag. Doris Reinthaler überarbeitet von Dr. Ferdinand Regner (HBLA und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg) 2021