Marchfeldspargel g.g.A.
Traditionelles Wissen um besondere Produktions- und Ernteweise von Spargel (Asparagus officinalis L.) unter den besonderen Boden- und Klimabedingungen im Marchfeld, Niederösterreich.
Registernummer: 10
Offenlegungsdatum
1565 Bericht über Spargelanbau im Land um Wien. Seit dem 18./19. Jahrhundert vermehrt Spargelanbau im Marchfeld.
Titel
Marchfeldspargel g.g.A.
Kurzdarstellung oder Behauptung
Traditionelles Wissen um besondere Produktions- und Ernteweise von Spargel (Asparagus officinalis L.) unter den besonderen Boden- und Klimabedingungen im Marchfeld, Niederösterreich. Marchfeldspargel wird nach der Spezifikation für die Eintragung als geschützte geographische Angabe (g.g.A.) gemäß EU Verordnung 1263/96 Amtsblatt L 163/19 ff/96, geändert durch Verordnung 564/2002, Amtsblatt L 86/7/2002 und durch VO (EU) Nr. 255/2015, Amtsblatt L 43/3/2015, produziert.
Produktbezeichnung, Produktklasse
Spargel, Gemüse
Name der Region
Marchfeld, Niederösterreich, Österreich
Suchgebiet
Lebensmittel und Landwirtschaft
Name des Informationsgebers
Verein Marchfeldspargel g.g.A.
Name des Antragstellers für den Titel
Verein Marchfeldspargel g.g.A.
Marchfeldstraße 9, A-2304 Mannsdorf
Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen
Ein Dutzend Produktionsbetriebe im Marchfeld, östlich von Wien
Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels
Verein Marchfeldspargel g.g.A.
Marchfeldstraße 9, A-2304 Mannsdorf
Beschreibung
Geschichte:
Spargel tritt Quellen zufolge in Österreich erstmals um 1530 auf, wobei die Haupterntegebiete in Böhmen und Mähren lagen.
Für die Zeit um 1565 ist für die Autoren des Buches „Asparagus“ der Spargelanbau um Wien nachweisbar. Spargel spielte am Kaiserhof ab etwa 1743 eine große Rolle. So wurde den Kammerfrauen von Maria Theresia in der Saison an Fleisch- und Fasttagen beinahe täglich Spargel vorgesetzt.
Die Existenz von Spargelkulturanleitungen, die in Wien herausgegeben wurden, weisen darauf hin, dass in unmittelbarer Nähe der Residenzstadt Bedarf an Know-how für Spargel bestanden hatte. Auf Grund mangelnder Transportmittel und Kühlmöglichkeiten konnte der Spargel zur damaligen Zeit nicht über große Distanzen transportiert werden.
Eine Fülle von Spargelrezepten findet sich in den Wiener Kochbüchern gegen Ende 18./Anfang 19. Jahrhundert. Seit dem 19. Jahrhundert ist das Marchfeld bedeutend im Spargelanbau. Einige Betriebe aus dem Marchfeld belieferten den Wiener Kaiserhof. Im Jahr 1809, als sich Kaiser Franz I. (II.) auf der Flucht vor Napoleon auf Schloss Wolkersdorf befand, ließ er sich täglich frischen Spargel anliefern. Der Chronist des Bezirkes Gänserndorf, Otto Schilder, betont, dass im 19. Jahrhundert die Gegend von Auersthal, Raggendorf und Groß Schweinbarth für den Spargelanbau von Bedeutung war.
In einer Archivmappe der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer werden jene Gebiete in Österreich angeführt, die bis 1938 im Spargelanbau eine Rolle spielten: Es war dies vor allem der nordöstlichste Teil Niederösterreichs. Zu dieser Zeit wurden rund 200 Hektar Spargel in Österreich angebaut.
Seit 1980 existiert der Bund der Marchfelder Spargelgüter.
1996 wurde der „Marchfeldspargel“ innerhalb der Europäischen Union als geschützte geografische Angabe anerkannt.
Gebiet/ Region:
Der Name Marchfeld bezeichnet die fruchtbare Ebene östlich von Wien zwischen Donau und March. Abgegrenzt nach Süden durch die Donau, nach Osten durch die March, nach Norden durch das Weinviertler Hügelland, nach Westen durch die Stadtgrenze von Wien.
Klima und Bodenverhältnisse:
Das Marchfeld befindet sich im westlichen Ausläufer des pannonischen Steppenklimas. Es hat gemeinsam mit der Südoststeiermark die längste Sonnenscheindauer in Österreich und gehört zur wärmsten Zone Österreichs. Die hohen Temperaturmittel bedingen bei ausreichender Feuchtigkeit sehr günstige Voraussetzungen für den Pflanzenbau.
Diese klimatischen Bedingungen, bilden zusammen mit den besonderen Bodentypen (Auböden, Tschernoseme, Kolluvial- und Schwemmböden mit hohem Humusanteil sowie unterschiedlich hohen Lehm- und Lößanteilen) die perfekte Kombination für den Spargelanbau.
Marchfeldspargel g.g.A.:
Die Spargelstangen sind die Sprosse auf den der Spargelpflanzen (Asparagus officinalis L) aus der Familie der Spargelgewächse hervorgegangenen Anbausorten zur Lieferung im frischen Zustand.
Sie werden nach ihrer Färbung in 4 Gruppen eingeteilt: weißer, violetter, violett-grüner, Grünspargel.
Bedingt durch die besonderen Klima/Bodenverhältnisse werden nach langjähriger Erfahrung der Marchfelder Spargelbauern nur ausgewählte Sorten angebaut, die für die speziellen Produktionsbedingungen am besten geeignet sind.
Folgende Sorten werden angebaut:
- Deutsche Sorten: Ruhm von Braunschweig, Schwetzinger Meisterschuß, Huchels Auslese, Lukullus, Vulkan, Presto, Merkur, Hermes, Eposs, Ravel, Ramos,
- Spezielle Deutsche Grünspargel-Sorten (=anthozyanfrei): Spaganiva, Schneewittchen, Schneekopf
- Niederländische Sorten: Venlim, Carlim, Gijnlim, Boonlim, Backlim, Thielim, Horlim, Prelim, Grolim,
- Französische Sorten: Larac, Cito, Aneto, Desto, Selection „Darbonne n 4“, Selection „Darbonne n 3“, Jacq.Ma.2001, Jacq.Ma.2002, Viola, Andreas, Dariana, Cipres,
- USA Sorte: Mary Washington
Anbau:
Vor der Anlage eines Spargelfeldes muss der Boden tief gelockert und mit Humus versorgt werden. Die Spargelbauern produzieren die Jungpflanzen nicht selbst. Züchter liefern Saatgut von guter Qualität an Vermehrungsbetriebe, die daraus Pflanzen ziehen. Zur Pflanzung müssen am vorbereiteten Feld Gräben im Abstand von rund zwei Metern gezogen werden. Die Pflanzen werden heute meist maschinell gesetzt, in 15 bis 20 Zentimeter Tiefe gedrückt und mit Erde bedeckt.
Düngung:
Stallmist und Strohkompost sind zur Bodenverbesserung besonders gut geeignet. Regelmäßiges Düngen gewährleistet eine relativ konstante Erntemenge.
Wachstumsbeschreibung:
In den ersten beiden Jahren bringt die Spargelkultur keinen Ertrag. Die Arbeit des Bauern ist aber intensiv, da Unkraut ständig bekämpft werden und ein Befall der Pflanzen durch Schädlinge oder Krankheiten verhindert werden muss. Die Pflanzen wachsen aus, das Kraut wird Ende November abgeschnitten. Im Laufe des Sommers bilden sich an der Spargelpflanze die Knospen, aus denen im folgenden Jahr die ersten Spargelstangen entstehen, über diesen Knospen werden die Dämme errichtet, die ein Verfärben des Spargels verhindern.
Ernte:
Die Erntezeit ("das Stechen") des Spargels beginnt üblicherweise Ende April und dauert circa 8 Wochen bis Mitte Juni. Witterungsbedingte Verschiebungen sind möglich. Um den 20. Juni sollte - je nach Ertragslage und Witterung - das Stechen beendet sein. Ein besonders heißer Mai kann zu einem Ende der Ernte bereits um den 15. Juni führen.
Die Erntezeit beträgt rund sechs Wochen.
Der Spargel wird behutsam von Hand geerntet. Der Spargelstecher geht durch die Reihen und sucht Stellen wo sich die Erde leicht hebt, eine Spargelstange verbirgt. Er gräbt die Stange mit den Händen frei und trennt sie mit dem Spargelmesser in 25 bis 30 Zentimeter Tiefe ab. Mit einer Kelle wird das Erdloch gefüllt und der Damm geglättet, damit man neue Wölbungen oder Risse gut erkennen kann.
Je nach Ertragslage können von einer Person zwischen 3,5 bis 5 Kilo Spargel pro Stunde gestochen werden.
Der Spargel wird sofort nach der Ernte auf den Hof gebracht und mit Eiswasser gekühlt (stoppt die Veratmung wertvoller Inhaltsstoffe), nach Durchmesser sortiert, auf gleiche Länge geschnitten und anschließend im Kühlhaus gelagert. Er wird dann ab Hof verkauft beziehungsweise noch am selben Tag verpackt und verschickt.
Die Erntemenge wird mit 1.400 Tonnen geschätzte, ist aber abhängig von den Witterungsbedingungen. Etwa 60 Prozent des österreichischen Spargels wird im Marchfeld erzeugt.
Schädlingsbekämpfung:
Nach dem Ende der Spargelsaison, wenn die Stöcke ins "Kraut" gehen, muss wieder darauf geachtet werden, dass der Spargel nicht von Krankheiten und Schädlingen befallen wird. Zu den Krankheiten gehören der Spargelrost und die Fußkrankheit. Spargelfliege, Spargelkäfer und Spargelhähnchen können Schäden an der Spargelkultur verursachen und es müssen bei massenhaftem Auftreten Maßnahmen ergriffen werden.
Geschmack und Aussehen:
Der Marchfeldspargel hat ein typisches, feines Spargelaroma. Er enthält wenig Bitterstoffe und besticht durch seine Zartheit.
Außerdem werden die Marchfelder Spargelstangen kürzer geerntet als vergleichbare Produkte, wodurch sie eine geringere Holzigkeit aufweisen.
Qualitätskontrolle und Qualitätskennzeichnung:
Die Mitglieder des Vereins Marchfeldspargel produzieren nach den IP- Produktionsrichtlinien beziehungsweise nach biologischen Richtlinien.
Die Größensortierung erfolgt nach den Durchmessern gemäß Spezifikation.
Weiss: Solo Plus: plus 25 Millimeter, Solo: 20 bis 25 Millimeter, Classic: 15 bis 20 Millimeter, Classic fein: 10 bis 15 Millimeter
Grün: Solo Plus: plus 25 Millimeter, Solo: 20 bis 25 Millimeter, Classic: 15 bis 20 Millimeter.
Der Inhalt jedes Packstücks oder Bündels muss gleichmäßig sein und darf nur Spargel gleichen Ursprungs, gleicher Güte und gleicher Farbgruppe enthalten. Die Verpackung erfolgt ausschließlich mit verschließbaren, verdunstungsschützenden und lichtabweisenden Materialien.
Für die Etikettierung des Marchfeldspargels g.g.A. gelten folgende besondere Vorschriften: die geschützte Bezeichnung „Marchfeldspargel g.g.A“ sowie Name, Anschrift, Farbgruppe, Klasse, Sortierung, Gewicht und Anzahl der Packungen
Ernährung:
Spargel ist ausgesprochen kalorienarm (17 Kilokalorien pro 100 Gramm), enthält Eiweiß, Ballaststoffe, verschiedene Vitamine und Mineralstoffe. Seinen typischen Geschmack erhält der Spargel durch ätherische Öle, Asparaginsäure und andere pflanzliche Wirkstoffe.
Spargel liefert reichlich Vitaminen C und E und trägt auch zur Folsäure- und Kaliumversorgung bei. Daneben enthält Spargel verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe wie die Pflanzenfarbstoffe Anthozyane oder Carotinoide und schwefelhaltige Sulfide.
Spargel eignet sich wegen seines geringen Nährstoffgehaltes und vielen Ballaststoffen vorzüglich zur Gewichtsreduktion und für Magenempfindliche. Grüner Spargel ist reicher an Vitamin C und Folsäure und schmeckt wegen seines Chlorophyllgehaltes würziger.
Vermarktung:
Der Spargel wird ab Hof verkauft beziehungsweise noch am selben Tag verpackt und in ganz Österreich an die Gastronomie und Lebensmitteleinzelhandel verschickt.
Marchfeldspargel wird in fest gepackten Bündeln oder geschichtet in Packstücken oder in Kleinpackungen in den Verkehr gebracht.
Die Vermarktung des frisch geernteten Spargels erfolgt binnen 24 Stunden in ganz Österreich.
Etikettierung: geschützte Bezeichnung Marchfeldspargel, Name, Anschrift des Herstellers, Farbgruppe, Klasse, Sortierung Gewicht
Vermarktet werden von 1.400 Tonnen Marchfeldspargel circa ein Drittel ab Hof, circa ein Drittel direkt an die Gastronomie und circa ein Drittel an den Handel, wobei zunehmend auch eine Handelskettenbelieferung erfolgt.
Verwertung:
Aufgrund des hohen Wassergehalts (circa 93 Prozent) sollte der Spargel so frisch wie möglich verarbeitet werden.
Schutz:
Die Beschreibung der Spezifikation für die Registrierung als g.g.A. liegt im Österreichischen Patentamt auf. (Nationales Aktenzeichen: HA 3/2007 (ursprüngliche Zahl 1196-GR/95))
Schlüsselworte
Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Niederösterreich, Region, Marchfeld, Spargel, Asparagus officinalis L., Marchfeldspargel g.g.A.
Bibliographie/ Referenzen
- Ingrid Haslinger: - Der Marchfeldspargel; Das Kaisergemüse. Kulinaria Europas Pichler Verlag: 1997 ISBN: 3854311451
- Friedrich Hampel. Gemüsespeisen, Beilagen und Garnituren. Wien, um 1925.
- Englert, Grieser, Hastreiter, Heller. Asparagus. Herausgeber Peter Wodarz, Berlin 1993, Seite 24.
- Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, OMeA SR 368, 1743/13.
- EU Herkunftsschutz Marchfelder Spargel
- Marchfeld Spargel
- Spezifikation Marchfeldspargel Patentamt
Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 06.04.2022.
Sprachcode
Deutsch
Regionaler Ansprechpartner
Verein Marchfeldspargel g.g.A.
Marchfeldstraße 9
2304 Mannsdorf/Niederösterreich
Obmann: Werner Magoschitz, Tel.: +43 676 7024100
Autoren
Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus überarbeitet durch den Serviceverein geschützte Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel