Turopoljeschwein

Turopoljeschwein
Foto: Nina Holzmann

Die Aufzucht von Turopoljeschweinen ist das Ergebnis Traditionellen Wissens um die Zucht und extensive Viehhaltung in Österreich.

Registernummer: 261

Offenlegungsdatum

Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen des Turopoljeschweins gehen auf den Kroatisch-Ungarischen König Ljudevit den Grossen im Jahr 1352 zurück. Die Haltung von Turopoljeschweinen in Österreich ist durch eine Bildquelle aus dem Jahr 1955 in der Weststeiermark belegt.

Titel

Turopoljeschwein

Kurzdarstellung oder Behauptung

Die Aufzucht von Turopoljeschweinen ist das Ergebnis Traditionellen Wissens um die Zucht und extensive Viehhaltung. Das Turopoljeschwein ist eine der ältesten, vom Aussterben bedrohte Schweinerasse Europas. Die robusten Tiere werden extensiv auch nach biologischen Richtlinien gehalten. Dies, gemeinsam mit einer optimalen Fleischreifung bedingen hervorragenden Qualität des Schweinefleisches. Das Fleisch des Turopoljeschweins eignet sich hervorragend für die Herstellung von Dauerwurstwaren und Speck. Aber auch als Frischfleisch findet es vermehrt Einzug in die Küche.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Schweinefleisch, Frischfleisch

Name der Region

Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Florian Schipflinger, Vinzenz Krobath

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

ARCHE Austria als anerkannte Zuchtorganisation, Züchter der Rasse Turopolje und deren Partnerbetriebe

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Das Schwein gehört zu den ältesten Wirtschaftstieren des Menschen. Ihre Domestikation im 8. Jahrtausend vor Christus vollzog sich offenbar unabhängig voneinander in verschiedenen Gebieten Asiens und wurde, von dort ausgehend, nach Europa gebracht.

Turopoljeschweine stammen ursprünglich aus der Region „Turopolje“ während der Zeit der Österreich-Ungarischen Monarchie.
Die Region liegt zwischen den Flüssen Kupa und Save östlich von Zagreb, der heutigen Hauptstadt von Kroatien.

Das Turopoljeschwein stammt vermutlich vom inzwischen ausgestorbenen Siska-Schwein, einem Abkömmling des mitteleuropäischen Wildschweins ab.

Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über das Turopoljeschwein gehen auf eine Anordnung des Kroatisch-Ungarischen Königs Ljudevit den Grossen im Jahr 1352 zurück, in dem eine Untersuchung zur Plünderung von Schweinen im Waldland von Turopolje gefordert wird.

Im Laufe der Zeit wurden immer wieder Einkreuzungen vorgenommen, um die Nachfrage nach magerem Schweinefleisch zu decken.

Es wird vermutet, dass englische Leicester- Schweine, 1777 unter Maria Theresia eingeführt, eingekreuzt wurden und später wahrscheinlich Berkshire Schweine in die Züchtung miteinbezogen wurden. Abbildungen lassen weiters vermuten, dass ein verwandtschaftliches Naheverhältnis zum Krainer Landschwein und somit zum ausgestorbenen Gurktaler Schwein besteht. Die vereinzelt vorkommende Kräuselung der Borsten spricht für den Einfluss des Syrmischen Mangalitza Schweins.

In der zweiten Hälfte des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte der heutige Typ des Turopolje Schweins. Während dieser Zeit verbreitete sich die Rasse über Slowenien, Podravina und Südwest Ungarn. Es fand auf den Märkten Österreichs und Ungarns große Beliebtheit.

1911 wurde das Turopoljeschwein als selbstständige Rasse anerkannt.

Die Haltung von Schweinen der Rasse Turopolje in der Weststeiermark ist durch eine Bildquelle aus dem Jahr 1955 belegt.

1958 konnten in Kroatien 58.000 Turopolje Schweine gezählt werden.

Als Folge auf den Krieg, welcher zum Zerfall Jugoslaviens führte, wurde nach 1991 der Bestand der reinrassigen Turopoljeschweine in Kroatien stark dezimiert.

1980 wurde das Turopolje Schwein von der „EAAP´s Commission on Animal Genetics“ in die am meisten gefährdete Klasse aufgenommen, da weniger als 200 Sauen oder 20 Zuchteber vorhanden waren und sind.

1993 gab es nur mehr 20 bis 30 Turopoljeschweine in Kroatien, welche von einem einzigen Schweinehirten aus Sicherheitsgründen im Stall gehalten wurden.

Nach Kriegsende wurden zwei Pärchen Turopoljeschweine nach Wien in den Tiergarten Schönbrunn gebracht; von dort aus wurden zwei trächtige Sauen in die Weststeiermark gebracht.

Das Turopoljeschwein wird seit 1995 im Rahmen des Österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) als gefährdete Rasse gefördert.

Im Frühjahr 2001 wurde der österreichische Verein zur Erhaltung seltener Haustierrassen, die ARCHE Austria als Zuchtorganisation zur Betreuung der Schweinerasse Turopolje in Österreich anerkannt. Bis heute gibt es nur in Österreich eine organisierte Turopolje Erhaltungszucht (Herdebuch). Siehe auch: ÖNGENE Österreichische Nationalvereinigung für Genreserven.Trotz mittlerweile langjähriger Erhaltungsbemühungen ist die Rasse Turopolje jene, die die geringste genetische Basis besitzt und somit in Österreich auch den höchsten Inzuchtanstieg aufweist.

Derzeit gibt es 51 Turopolje-Züchter in ganz Österreich.

Gebiet/Region:

Die Rasse ist in ganz Österreich mit Schwerpunkt Ober- und Niederösterreich sowie Steiermark verbreitet. Die Tiere in Deutschland, Südtirol und der Schweiz stammen alle aus österreichischer Zucht.

Turopoljeschwein:

Namensursprung:

Das „Turopoljeschwein“ (in Kroatien: turopoljska svinja) ist nach der Region „turopolje“, die zwischen den Flüssen Kupa und Save östlich von Zagreb liegt, benannt.

Rassenbeschreibung:

Das Turopolje Schwein ist ein spätreifes, gutmütiges Fettschwein mit kräftigem, laufstarkem Fundament. Es hat einen mittelgroßen Körperbau mit starkem Kopf, breiter Stirn und einer konkaven nahezu geraden Profillinie. Der Rüssel ist halblang, die Ohren sind lang, breit und halbhängend, die Rückenlinie ist gerade, der Rumpf ziemlich gestreckt und rund, Brust und Rücken breit und die Hinterhand abgerundet. Der Bauch ist nicht hängend, die Beine sind kurz und stark, die Afterklauen reichen weit herunter. Der Schwanz mit tief angesetzter Schwanzwurzel ist meist schwach geringelt. Die schwarzweiß gescheckten Schweine weisen als Grundfarbe weiß bzw. grau auf, darauf sind kleinere und größere schwarze Flecken in verschiedener Anzahl über den ganzen Körper verteilt. Die Zeichnung ist vollkommen unregelmäßig und man findet nicht zwei Exemplare, die die gleiche Zeichnung haben. Die Haut ist am ganzen Körper pigmentiert. Die Borsten sind dicht am ganzen Körper, von gleichmäßiger Stärke und gewöhnlich gerade und glatt anliegend, gelegentlich leicht gekraust.

Wichtig ist es, den Tieren eine artgerechte Haltung (Freilandhaltung und Stallhaltung mit planbefestigtem Boden und Einstreu mit großzügigem, ausgestaltetem Auslauf) zu bieten, dann können die Turopolje Schweine ihre wahre Leistung (sehr gute Raufutter-Verwerter, Langlebigkeit usw.) entfalten. Turopolje Schweine sind anspruchslos bezüglich Futterqualität. Da sie resistent gegenüber üblichen Schweinekrankheiten sind und auch extreme Witterung ohne Probleme ertragen, eignen sie sich vorzüglich für extensive Haltung und biologische Landwirtschaft. Sie ergeben damit einen guten Zuerwerb für interessierte Bauern. Eine ganzjährige Haltung im Freien ist auf Grund der Kälteresistenz möglich. Die ausdauernden Tiere sind besonders lauffreudig.

Erzeugungsverfahren:

Turopopljeschweine wachsen wesentlich langsamer und können auch nach biologischen Richtlinien aufgezogen werden. Dies ergibt langsam wachsende, gesunde Schweine mit Fleisch und Speck von höchster Qualität.

Zucht/Mast:

Vorrangiges Zuchtziel ist die Konsolidierung des Phänotyps und der Fruchtbarkeit bei Erhaltung der genetischen Vielfalt. Auf Grund der kleinen Population wird auf eine entsprechende Linienvielfalt geachtet, der Inzuchtkoeffizient soll möglichst geringgehalten werden. Es handelt sich somit um ein Erhaltungszuchtprogramm. Die Rasse Turopolje wird im Rahmen dieses Zuchtprogrammes in Reinzucht gezüchtet. Es sind keine Fremdrassen zugelassen.

Die Turopolje als spätreife Rasse sind mit zwei Jahren ausgewachsen und sollten mit ein bis eineinhalb Jahren oder mit ca. 130 kg gedeckt werden. Sie bringen in zwei Jahren drei Würfe zu je sechs Ferkel (meist aber darüber bis max. zehn Ferkel je Wurf). In Österreich ist es sehr schwierig, Angaben über die „Leistung“ zu machen, da dies sehr stark mit der Art der Haltung und Fütterung zusammenhängt. Mit entsprechendem Management sind durchaus zwei Würfe im Jahr möglich.

Turopolje Schweine können in offenen Ställen mit Auslauf gehalten werden.

Die Ferkel können zusätzlich mit Getreideschrot, Molke und Gras- oder Grassilage gefüttert werden. In der biologischen Produktion entspricht das Zusatzfutter auch den Richtlinien des biologischen Landbaues. Die Fütterung der Muttertiere mit Grassilage kann im Winter nötig sein. In den letzten Wochen vor der Schlachtung erfolgt meist eine Ausmast der Schweine mit Getreide, Molke und Heu. Eine Mineralstoffergänzung ist zu empfehlen.

Der Einsatz von Medikamenten ist kaum nötig.

Transport und Schlachtung:

Die Schweine sind rund 18 Monate alt und werden bis zu 250 kg schwer. Nach der Schlachtung werden die Schlachtkörper in einem Kühlraum ausgekühlt. Fleischereibetriebe verarbeiten das Fleisch zu Dauerwurstwaren und Speck.

Fleischbeschreibung:

Turopolje zählen zu den Fettschweinen mit hervorragender Fleisch- und Speckqualität. Das Fleisch der Turopoljeschweine besitzt auf Grund des langsamen Wachstums und der natürlichen Bewegung im Freien eine dunkelrote Farbe. Das Fleisch eignet sich bestens für die Herstellung von Dauerwurstwaren und festem, geschmackvollen Speck.

Ursprungsnachweis:

Die Schweine sind gemäß der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung, durch ein offizielles Zeichen (Ohrmarke) gekennzeichnet.

Weiters werden die lebenden Schweine im Chromosoft registriert, einem Programm zur Zucht und Erhaltung des Turopoljebestandes.

Qualitätskontrolle:

Sowohl die Lebend- als auch die Totbeschau erfolgt aufgrund gesetzlicher Bestimmungen durch Veterinäre.

Vermarktung:

In Niederösterreich gibt es erfolgreiche Vermarktungsinitiativen wie zum Beispiel die Initiative des Vereins „TuropoljeBlondviehWaldviertel“. Direktvermarktung und Eigenversorgung überwiegen, vereinzelt gibt es bereits Initiativen von Fleischhauern und Gastwirten, die die einzigartige Produktqualität erkannt haben.

Das Schweinefleisch ist ganzjährig verfügbar.

Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet und Traditionellem Wissen

  • Das Turopoljeschwein ist eine gefährdete Schweinerasse, die optimal an die Klimaverhältnisse in den Erzeugungsregionen angepasst ist und eine extensive Schweinehaltung in natürlicher Umgebung ermöglicht.
  • Traditionelle Haltungssysteme: Extensivhaltung der Herden auch nach biologischen Richtlinien.
  • Starker Bezug zur Region: die Schweine grasen zusätzlich auf lokalen Weiden.
  • Dank der Haltungsweise kann Schweinefleisch mit charakteristischen Merkmalen erzeugt werden. Das dunkle Fleisch eignet sich hervorragend für die Herstellung von Dauerwurstwaren und zartem, schmackhaften Speck.
  • Die Aufzucht des Turopoljeschweins ist das Ergebnis Traditionellen Wissens, dass von Generation zu Generation weitergegeben wird: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Schweinehalter (Anpassung der Haltung der Herde an die Gegebenheiten der Umwelt, die Methode der biologischen Produktion, Verbesserung des Erbguts), Know-how der Schlachter (Tiertransport, Schlachtung, Zerlegung, Fleischreifung).

Verwertung:

Das Turopoljeschwein wird hauptsächlich zu Speck, Schinken, Dauerwurstwaren und Aufstrichen verarbeitet sowie als Frischfleisch verwendet. Räucherung mit heimischem Buchenholz spielt eine wichtige Rolle.

Traditionell wird der Speck des Turopoljeschweins hauchdünn geschnitten. Als kulinarische Besonderheiten gelten Spanferkel und Schweinsbraten.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Steiermark, Region,Turopoljeschwein

Bibliographie/Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 03.01.2023.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Autoren

Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus überarbeitet von DI Florian Schipflinger