Zackelschaf

weiße zackelschafherde
Foto: Biozackelhof Schornsteiner/Carolina Schornsteiner

Das Zackelschaf ist das Ergebnis Traditionellen Wissens über Schafzucht und Tierhaltung in Österreich.

Registernummer: 199

Offenlegungsdatum

Das Zackelschaf geht auf die Zeit der Landnahme durch die Magyaren im 9. Jahrhundert zurück.

Titel

Zackelschaf

Kurzdarstellung oder Behauptung

Zackelschaf ist das Ergebnis Traditionellen Wissens über Schafzucht und Tierhaltung in Österreich. Das Zackelschaf (Ovis aries strepsiceros Hungaricus) ist durch Mischung einiger Karpatenrassen entstanden. Das Fleisch ist mager, feinfasrig, sehr schmackhaft und im Geschmack dem von Wild sehr ähnlich.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Schaf, Frischfleisch

Name der Region

Oberösterreich, Niederösterreich, Burgenland, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Volker Krennmair
Landesverband für Schafzucht und –haltung in Oberösterreich

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Keine Angabe

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Zackelschaf:

Der Vorfahre des Zackelschafs ist ein Wildschaf, der Urial (Ovis orientalis vignei), auch Steppenschaf genannt, dessen Verbreitungsgebiet sich vom nördlichen Iran und Westkasachstan bis Belutschistan und Ladakh erstreckt.

Das Zackelschaf geht auf die Zeit der Landnahme durch die Magyaren zurück (9. Jahrhundert). Die Heimat des finno-ugrischen Volkes lag ursprünglich in den Steppen zwischen den Flüssen Wolga und Ural. 500 nach Christus gingen die Magyaren auf Wanderschaft. Zuerst zogen sie an die nördlichen Ausläufer des Kaukasus und von dort weiter in die Ukraine. Nach missglückten Kriegen wandten sie sich Mitteleuropa zu und gelangten nach der Überquerung der Karpaten schließlich in die ungarische Tiefebene, wo sie sich 896 unter ihrem Führer Arpád († 907) niederließen. Die auf ihren Wanderzügen aus den östlichen Steppengebieten mitgebrachten Pferde, Rinder und Schafe (unter anderem Zackelschaf) gediehen auch in Ungarn bestens.

Von Ungarn aus begannen die Magyaren eine Reihe von Raubzügen, die auch als Ungarneinfälle in die Geschichte eingingen. Diese führten sie bis nach Konstantinopel und Frankreich. Nach der Niederlage in der Schlacht am Lechfeld im Jahr 955 wurden die Magyaren jedoch sesshaft und widmeten sich der Viehzucht.

Die Schafe der Landnahmezeit hatten keine gedrehten V-förmigen Hörner. Erst in schriftlichen Erwähnungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert ist von V-förmig gehornten Schafen die Rede. Da die charakteristische Hornform weder bei der Wildform noch bei anderen Primitivrassen vorkommt, wird angenommen, dass die Art der Behornung das Ergebnis jahrhundertelanger gezielter Zucht durch den Menschen ist.

Während des gesamten Mittelalters und bis etwa um 1800 galt das Zackelschaf als vorherrschende Rasse in Ungarn. Zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie (1867 bis 1918) war es im gesamten Alpenraum verbreitet. Viele Herden lebten aber auch im Karpatenbogen, in der Ukraine, in Bulgarien und in der Türkei.

Die Schafe wurden in Herden in der offenen Steppe gehalten und von Hirten betreut. Die Tiere wurden nahezu vollständig verwertet. Die grobe Wolle und die gegerbten Felle dienten der Herstellung wetterunempfindlicher Kleidung für Hirten und andere Berufe, die Innereien und das Fleisch der menschlichen Ernährung. Der Schafspelz war einst ein unentbehrliches Kleidungsstück der ungarischen Bauern. Bei trockenem Wetter trugen sie den Pelz mit der Fellseite nach innen und bei Regen sowie Schnee nach außen.

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Zackelschaf von anderen Schafrassen verdrängt. Vor allem ab den 1880er Jahren ging die Anzahl der Zackelschafe stark zurück. Grund dafür war der vermehrte Einsatz von Schafrassen mit feinerer Wolle. Auch die Intensivierung der Rinder- und Pferdezucht wirkte sich nachteilig auf den Bestand der Zackelschafe aus.

1903 betrachtete man die Rasse als vom Aussterben bedroht.

Heute existieren in Österreich nur mehr wenige Zackelschafherden, deren züchterische Basis teilweise auf ungarische Importe zurückgeht.

Das Zackelschaf gilt in Österreich gemäß ÖPUL als „hochgefährdet“ und wird als „Seltene Nutztierrasse“ gefördert.

Gebiet/Region:

Die Hauptzuchtgebiete der Rasse liegen in Ober- und Niederösterreich sowie im Pusztagebiet des österreichisch-ungarischen Nationalparks Neusiedler See.

Aufgrund ihres ursprünglichen Aussehens und ihrer außergewöhnlichen Hornform werden Zackelschafe gerne in Tierparks gehalten.

Ähnliche, der Gruppe der Zackelschafe zugeordnete Populationen kommen im gesamten Raum östlich von Ungarn, von der Türkei bis zu den Karpaten, vor.

Zackelschaf:

Das Zackelschaf (ungarisch: Magyar racka juh, lateinisch: Ovis aries strepsiceros Hungaricus) ist durch Mischung einiger Karpatenrassen entstanden.

Ältere Bezeichnungen sind Hortobágyer Zackelschaf, Hortobágyi racka juh, Ovis aries strepsiceros Hortobágyiensis.

Rassenbeschreibung:

Das Zackelschaf ist ein kleines bis mittelgroßes, zierliches Schaf mit auffallend schmalem Kopf, bewollter Stirn und Stirnlocke. Die Augen sind groß, die Ohren kleiner als bei den meisten anderen Rassen. Sie stehen waagrecht ab und sind bei Gefahr aufgerichtet.

Widder verfügen über eine Widderristhöhe von 65 bis 70 Zentimeter, das Schaf von 60 bis 65 Zentimeter und über ein Gewicht von 60 bis 80 Kilogramm beziehungsweise von 40 bis 50 Kilogramm.

Die Klauen sind eher klein, aber hart und unempfindlich.

Das besondere Merkmal der Zackelschafe sind die schrauben- beziehungsweise korkenzieherförmig gedrehten Hörner, die beim ungarischen Typ V-förmig (Winkelstellung 60 bis 90 Grad) und beim bosnischen Typ waagrecht (Winkelstellung 180 Grad) gestellt sind. Die Hörner treten bei beiden Geschlechtern auf, können jedoch bei den Widdern beachtliche Ausmaße erreichen. Die Hornlänge ist altersabhängig und beträgt bei männlichen Tieren bis zu 1 Meter, bei weiblichen Tieren etwa die Hälfte. Im Gehörn der weißen Variante finden sich ein bis zwei dunkle Streifen, während die Hörner und Klauen der schwarzen Tiere schwarz sind. Das Zackelschaf ist die letzte noch erhaltene Schafrasse, die derartige Schraubenhörner aufweist.

Die Rasse kommt in den Farbschlägen weiß und schwarz vor. Die Lämmer der weißen Zackelschafe sind bei der Geburt hell mit dunkelbraunen Kopf, der vordere Rumpfteil sowie Beine und Schwanz sind ebenfalls braun. Sie können aber auch ganz braun zur Welt kommen. Mit der Zeit färbt sich das Fell cremefarben, während das Maul und die Beine eine hellbraune Färbung annehmen.

Schwarze Lämmer werden mit einem glänzenden, gekräuselten Fell geboren, dessen Glanz mit dem Alter abnimmt und sich grau verfärbt.

Das Fell des Zackelschafs ist grob und buschig. In Körpernähe verfilzt die Wolle eigentümlich, wodurch es so aussieht, als würde sie in Locken herabhängen. Die Wolllänge beträgt zwischen 25 bis 30 Zentimeter, wobei das Fell der schwarzen Zackelschafe in der Regel kürzer ist. Bedingt durch die Mischwolle mit langer Grannendecke sind die Tiere besonders wetterfest und widerstandsfähig gegen Hitze, Kälte, Regen, Schnee und Sandstürme.

Der jährliche Wollertrag beträgt bei Widdern 4 bis 5 Kilogramm, bei weiblichen Tieren 2 bis 3 Kilogramm. Die Schur erfolgt einmal jährlich.

Eigenschaften:

Die Schafrasse zeichnet sich durch Robustheit, Anspruchslosigkeit, Krankheitsresistenz, Vitalität und Lebhaftigkeit aus. Zackelschafe reagieren sehr sensibel gegenüber äußeren Einflüssen wie Stress oder Lärm und sind ausgesprochen scheu. Sie neigen zu nervöser Fluchtbereitschaft, weshalb sie im Freien nur schwer zu fangen sind. Sie beobachten ihre Umwelt sehr genau und sind ständig wachsam. Die Schafe können sich hervorragend an regionale Klima- und Nahrungsbedingungen anpassen. Auffallend gute Euter- und Zitzenform sowie Melkbarkeit. Das Zackelschaf gilt allgemein als relativ gute Milchrasse und wird teilweise noch heute in der Puszta gemolken. Während der Laktationsdauer von 100 Tagen geben die Schafe bis zu 70 Kilogramm Milch.

Methode der Produktion:

Haltung:

Zackelschafe werden sowohl von Privatzüchtern als auch vom Nationalpark Neusiedler See gehalten, wo die Tiere durch gezielte Beweidung im Rahmen des Nationalpark-Flächenmanagements wesentlich zur Erhaltung der Biotope beitragen. Aufgrund ihrer Genügsamkeit bei der Futterauswahl sind Zackelschafe auch für die Nutzung auf extremen Magerweiden einsetzbar.

Die Haltung der ausgesprochen anspruchslosen Rasse ist sehr einfach. Ein trockener, windgeschützter Unterstand würde den Tieren reichen.

Ab Vegetationsbeginn (April/Mai) bis zum Wintereinbruch im November weiden die Tiere meist auf extensiven Grünflächen. Im Winter sind sie in Stallungen mit Auslaufmöglichkeiten untergebracht.

54 Zuchtbetriebe halten aktuell 60 Widder und 520 Zuchtschafe.

Fütterung:

Die Tiere werden vorwiegend mit Grundfutter (wirtschaftseigenes Futter) gefüttert. Im Sommer ernähren sie sich auf den Weiden von frischem Gras, im Winter erhalten sie Heu. In der Säugeperiode wird gelegentlich auch Getreide zugefüttert. Kraftfutter kommt kaum zum Einsatz. Die Verwendung von Silofutter zur Steigerung der Mastleistung ist erlaubt.

Ablammung:

Der Brunstzyklus ist streng saisonal mit einmaliger jährlicher Ablammung am Ende des Winters, vorwiegend Jänner oder Februar. Die Tiere sind besonders fruchtbar. Probleme bei der Ablammung oder Ausfälle bei der Geburt treten kaum auf. In der Regel wird nur ein Junges pro Jahr zur Welt gebracht. Zwillingsgeburten sind eher selten (5 bis 15 Prozent) und für die Mütter schwer zu bewältigen. Die Lämmer sind sehr robust und kommen meistens im Freien zur Welt.

Transport und Schlachtung:

Der Transport von lebenden Tieren muss so schonend wie möglich gestaltet werden. Nur Schafe, deren körperlicher Zustand es zulässt, dürfen transportiert werden. Außerdem wird versucht, den Transportweg möglichst kurz zu halten, damit Stresssituationen weitgehend vermieden werden. Viele Lämmer werden für den Eigenbedarf geschlachtet, ein Großteil davon im Herbst.

Fleischbeschreibung:

Das Fleisch des Zackelschafs ist mager, feinfasrig, sehr schmackhaft und im Geschmack wildbretähnlich.

Ursprungsnachweis:

Die Lämmer sind, gemäß der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009, durch ein offizielles Zeichen (Ohrmarke) gekennzeichnet.

In der Folge ist die Rückverfolgbarkeit von der Verkaufsstelle zum Aufzuchtbetrieb gewährleistet. Dies bedeutet, dass in jeder Phase der Erzeugung das betreffende Lamm und sein Ursprungsbetrieb genau ermittelt werden kann.

Die meisten Tiere sind herdbuchmäßig erfasst. Einmal jährlich melden die Züchter die Geburten und den aktuellen Tierbestand.

Qualitätssicherung:

Alle männlichen und weiblichen Tiere, die für die Zucht eingesetzt werden, werden einer Exterieurbewertung unterzogen. Diese findet größtenteils am Zuchtbetrieb im Rahmen von Betriebsbesuchen statt. Zusätzlich werden alle Zuchtwidder mittels Gewebeprobe auf ihre vollständige Abstammung untersucht.

Vermarktung:

Fleisch vom Zackelschaf und daraus hergestellte Produkte werden über ausgewählte regionale Geschäfte (Feinkost- und Bioläden) sowie über die Gastronomie vermarktet.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen

  • Besondere Boden und Klimaverhältnisse in Ober- und Niederösterreich sowie im Burgenland ergeben eine vielfältige natürliche Flora, die eine Schafhaltung auf Weiden ermöglicht.
  • Ernährung der Schafe durch Futtermittel wie Heu, Silage und Getreide, die aus der Region stammen.
  • Dank dieser Haltungsweise kann Schaffleisch mit charakteristischen Merkmalen bezüglich Zusammensetzung erzeugt werden. Das Fleisch des Zackelschafs ist mager, feinfasrig, sehr schmackhaft und im Geschmack wildbretähnlich.
  • Die Aufzucht von Zackelschafen ist das Ergebnis Traditionellen Wissens, das an die in diesem Bereich Tätigen weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Tierhaltung (Anpassung der Haltung der Herden an die Gegebenheiten der Umwelt, Know-how der Landwirte, Art der Schaffleischproduktion, Verbesserung des Erbguts), Know-how der Schlachter (Tiertransport, Erfahrung bei Schlachtung, Zerlegung, Fleischreifung) und des Landesverbandes für Schafzucht und –haltung in Oberösterreich.

Verwertung:

Fleisch und Innereien vom Zackelschaf werden frisch sowie tiefgekühlt oder verarbeitet in Form von Wurstwaren (Bratwürsten, Salami, Cabanossi, Käsewurst, Kaminwurzen, Wurst Wienerart, Schinken) angeboten.

Die Milch findet in Österreich außer zur Lämmeraufzucht keinerlei Verwendung.

Die Wolle hat keine wirtschaftliche Bedeutung mehr. Die Züchter verarbeiten sie zu Kleidungsstücken und Ziergegenständen oder setzen sie im Gartenbau (Dünger, Wühlmausschutz, und so weiter) ein. Meist organisieren die Landesverbände Wollsammlungen, bei denen die Schurwolle übernommen wird.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Burgenland, Region, Schaf, Schaffleisch, Zackelschaf, Ovis aries strepsiceros Hungaricus

Bibliographie/Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 25.07.2024

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Volker Krennmair
Landesverband für Schafzucht und –haltung in Oberösterreich
Auf der Gugl 3
4021 Linz
Telefon: 050 6902-1313
E-Mail:
office@schafe-ooe.at

Autorin

Mag.a Doris Reinthaler