Weizer Berglamm
Die Erzeugung von Weizer Berglamm ist das Ergebnis traditionellen Wissens über Schafzucht und Tierhaltung im Weizer Bergland.
Registernummer: 71
Offenlegungsdatum
Bereits im späten Mittelalter galt das Schaf als Grundnahrungsmittel und die Tiere wurden vor allem in Berggebieten der Steiermark gehalten.
Titel
Weizer Berglamm
Kurzdarstellung oder Behauptung
Die Erzeugung von Weizer Berglamm ist das Ergebnis traditionellen Wissens über Schafzucht und Tierhaltung im Weizer Bergland. Das Weizer Berglamm ist ein junges Lamm, zwischen 3 bis 6 Monaten, mit hellem, zartem und mild schmeckendem Fleisch. Für das Weizer Berglamm wurden weiblichen Tiere der Rassen Tiroler Bergschaf, Merinolandschaf und Juraschaf mit männlichen Tieren der Rasse Texel gekreuzt. Dazu kamen die Rassen Lacaune anstelle des Tiroler Bergschafs und u.a. Berrichon du cher als Zuchtbock. Die traditionelle Schafhaltung im Weizer Bergland trägt zur Aufrechterhaltung und Pflege der Kulturlandschaft bei.
Produktbezeichnung, Produktklasse
Lamm, Frischfleisch
Name der Region
Weizer Bergland, Steiermark, Österreich
Suchgebiet
Lebensmittel und Landwirtschaft
Name des Informationsgebers
Karin Trummer, MSc, (Geschäftsführung Weizer Schafbauern eGen)
Name des Antragstellers für den Titel
Weizer Schafbauern eGen
Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen
Circa 315 Weizer Schafbauern in der Region Weizer Bergland
Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels
Weizer Schafbauern eGen, Obmann Siegfried Reitbauer
Beschreibung
Geschichte:
Das Schaf ist eines der ältesten Haustiere der Welt und lieferte der Menschheit bereits in der frühen Steinzeit Fleisch, Milch, Fell und Wolle. Die Schafzucht entstand wahrscheinlich in den Steppen Südwestasiens und kam über Persien und den Balkan nach Mitteleuropa.
Die Schafhaltung auf Almen, welche für die Rinderhaltung nicht geeignet waren, hat in der Steiermark eine lange Tradition. Im späten Mittelalter galt das Schaf als Grundnahrungsmittel und wurde vor allem in den Bergbauerngebieten der heutigen Steiermark, Tirols und Teilen Salzburgs gehalten.
Im „Grätzerischen Kochbuch“ von 1804 finden sich bereits zahlreiche Lamm- und Schafrezepte.
Im 19. Jahrhundert war Fleisch vorwiegend den vermögenden Bürgern vorbehalten und wurde dabei ausschließlich an den sogenannten „Fleischtagen“ verzehrt.
J.R. Bünker schreibt 1897 von einem Bauern in Stubenberg (nahe Weiz), der in seinen Ställen Rinder, Schweine und Schafe gehalten haben soll. Zur damaligen Zeit galten Schafe und Schweine als Hauptlieferant für Fleisch.
Weiters berichtet er, dass Nachbarn Mahlzeiten wie „Steirisches Schöpsernes“ dargeboten wurde, nachdem diese beim „Dungführen“ im Spätherbst beziehungsweise Vorfrühling oder beim Heu mähen oder Brecheln geholfen haben.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war das „Lämmerne“ und „Schöpserne“ vom Bürgertisch jedoch fast gänzlich verschwunden und wurde durch das Schwein ersetzt.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in die Steiermark weiße Schafrassen aus der Schweiz und aus Württemberg (Deutschland) eingeführt, was zu einer raschen Vergrößerung der Schafherden führte. Im Herbst wurden überzählige Tiere geschlachtet und frisch verwertet beziehungsweise geselcht. Besonders zu Martini (11. November) kam „Kastraunenes“ auf den Tisch.
In der Vergangenheit wurde das Schaf auch abwertend als „arme Leute Kuh“ bezeichnet. Lämmer konnten an den heimischen Dorfwirt zu recht guten Preisen verkauft werden. Alte Mutterschafe beziehungsweise der Schafbock wurden am Hof geschlachtet, verarbeitet und verkocht.
Damals diente die Schafhaltung vor allem der Wollproduktion. Mit Zunahme des Baumwoll- und Kunstfaserbedarfs bei Textilien rückte jedoch die Fleischproduktion in den Vordergrund. Manche Kleinbauern begannen auch mit der Milch- und Käseproduktion.
Vor rund einem Jahrzehnt haben innovative Schafbauern den Trend zu hochqualitativem Lammfleisch erkannt und begonnen, Lamm und Schafmilchprodukte gemeinsam zu vermarkten.
1995 schlossen sich die Weizer Schafbauern zur Genossenschaft „Weizer Schafbauern - Die Schaferei“ zusammen.
Eine Gemeinschaft aus heimischen Bauern und Fleischern gründete die „Weizer Bergland Spezialitäten Vertriebs- GmbH“, die seit 1995 einen EU-Schlachthof betreibt.
2005 wurden die Weizer Schafbauern von der AMA (Agrarmarkt Austria) als „Produzent des Jahres“ ausgezeichnet.
Gebiet / Region:
Das Weizer Bergland liegt in der Oststeiermark und zählt zum mittelsteirischen Karst.
Es erstreckt sich vom Raabtal im Westen bis in den Raum Feistritz - Anger im Osten (Naintschbachtal) und wird im Norden durch das Becken von Passail sowie die Fischbacher Alpen und im Süden durch das Tertiär des Oststeirischen Beckens begrenzt.
Lebensraum:
Das Weizer Berglamm weidet auf zahlreichen Alm- und Weideflächen mit gebirgigem Charakter auf einer Seehöhe von 400 bis 1270 Meter. Die spezifischen Boden- und Klimabedingungen ergeben eine Bergflora, die durch eine Vielfalt von alpinen Pflanzen gekennzeichnet ist. Die spezielle Artenvielfalt an Gräsern sowie Kräutern im Grünfutter und Heu der Tiere liefern die Basis für den einzigartigen Geschmack des Weizer Berglamms. Die Weidehaltung der Schafe trägt zur Stabilisierung der Vegetationsdecke und zur Verbesserung des Wasserspeichervermögens des Bodens bei.
Klima und Bodenverhältnisse:
Die Region um Weiz ist geprägt durch illyrisches Klima mit einer mittleren Jahrestemperatur von 8,2 Grad Celsius und einem Niederschlagsmittel von 880 Millimeter.
Die Sommer sind meist heiß und trocken mit sehr hoher Bereitschaft zu Unwettern, die Winter sind regnerisch, schneearm und mild.
Am Aufbau des Weizer Berglandes sind Dolomitsandsteine, Schöcklkalk, Dolomit, Quarzit, Metavulkanite, Grünschiefer und Phyllite beteiligt.
Weizer Berglamm:
Das Weizer Berglamm wird in den Berggebieten der Oststeiermark geboren und aufgezogen.
Die Zuchtherde besteht aus Mutterschafen der Rassen Merinolandschaf und Juraschaf, die großteils in der Region um Weiz geboren und aufgezogen werden.
Die Schafböcke stammen überwiegend aus der Region von der fleischbetonten Rasse Texel sowie Berrichon du Cher. Zur Blutauffrischung und Bestandsergänzung wird auf Tiere aus anerkannten österreichischen Zuchtbetrieben zurückgegriffen.
Weizer Berglamm wird in Koppelhaltung mit Unterstand gehalten beziehungsweise im Laufstall mit Auslauf.
Es ist gut angepasst an die Wetterbedingungen des Weizer Berglandes, sowie robust und trittsicher im alpinen Gelände.
Erzeugungsverfahren
Zucht/Mast:
Die Erziehungsart der Zuchtherde ist typisch für die Region. Schafe werden in klein strukturierten, bäuerlichen Mischbetrieben gehalten und mit naturnaher Fütterung artgerecht aufgezogen. Es werden nur etwa 20 Mutterschafe pro Betrieb gehalten, die rund 4,5 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche besitzen. Nur wenn Schafmilch produziert wird, bestehen die Herden aus ungefähr 160 Schafen.
Die Lämmer werden gemeinsam mit dem Muttertier von April bis Oktober auf der Weide gehalten. Diese Erziehungsart gewährleistet die Aufzucht in natürlicher Umwelt und ist ein wesentlicher Faktor für das Wohlbefinden der Tiere. Die Populationsdichte ist durch das zur Verfügung stehende Grünland limitiert. Das grasende Schaf findet auf den Gebirgsweiden und Almen eine große Auswahl an aromatischen Kräutern und Pflanzen. Diese Pflanzenvielfalt trägt zur Milchqualität bei und daraus resultierend, zu einer gesunden Entwicklung der Lämmer.
Fütterung:
Die Lämmer werden während ihres Lebens bis 1 Monat vor dem Schlachten vom Mutterschaf gesäugt. Ab der 4. Lebenswoche erhalten die Lämmer Zugang zu einem Lämmerschlupf, wo sie getrennt von der Herde, individuell und jederzeit eiweißreiches Futter, Getreidemischungen, Kraftfuttermischungen und Heu und Silage aufnehmen können.
Lämmer, die von der Mutter nicht angenommen werden oder deren Mutter krank bzw. verstorben ist, werden mit der Flasche aufgezogen.
Zusatzfutter (Kraftfutter) zur Endmast darf verwendet werden, entweder geschrotet oder als Fertigfutter pelletiert.
Weiters ist die Verwendung von Silofutter sowohl für Lämmer als auch für ausgewachsene Schafe erlaubt. Salzlecksteine und Mineralstoffmischungen versorgen Lämmer und Schafe mit notwendigen anorganischen Substanzen.
Die vorbeugende Verabreichung von Antibiotika in der Fütterung ist untersagt.
Ablammung:
Zielgerichtete Steuerung der Ablammung stellt sicher, dass Lämmer über das ganze Jahr hinweg für Konsumenten verfügbar sind.
Transport und Schlachtung:
Die Bauern liefern ihre Tiere selbst zum EU-Qualitätsschlachthof Weiz. Durch die kurzen Transportwege wird Stress vermindert. Das wirkt sich positiv auf die Fleischqualität, Fleischkonsistenz, Reifung, Haltbarkeit und das Bratverhalten aus. Die Lämmer werden bereits vor der Geschlechtsreife, durchschnittlich im Alter von 3 bis 5 Monaten geschlachtet. Das Schlachtgewicht liegt zwischen 18 bis 23 Kilogramm, was einem Lebendgewicht von rund 43 bis 50 Kilogramm entspricht.
Fleisch und Schlachtkörperbeschreibung:
Das Fleisch stammt von Lämmern, welche im Weizer Bergland geboren und aufgewachsen sind.
Das Fleisch ist sehr zart, im Geschmack mild-würzig. Da die Schlachtung der Lämmer bereits vor der Geschlechtsreife erfolgt, ist es besonders feinfasrig. Das Fett der jung geschlachteten Lämmer hat einen niedrigen Schmelzpunkt und schmeckt nicht talgig.
Das Fleisch des Weizer Berglamms besitzt einzigartiges Aroma und Geschmack, was direkt mit dem lokalen Wildpflanzenwuchs zusammenhängt.
Ursprungsnachweis:
Die Lämmer sind, gemäß der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung durch ein offizielles Zeichen (2 Ohrmarken) gekennzeichnet.
In der Folge ist die Rückverfolgbarkeit von der Verkaufsstelle zum Aufzuchtbetrieb gewährleistet. Dies bedeutet, dass in jeder Phase der Erzeugung das betreffende Lamm und sein Ursprungsbetrieb genau ermittelt werden kann.
Qualitätskontrolle:
Für die Weizer Berglämmer gelten strenge Qualitäts- und Kontrollkriterien.
Die Fleischleistungsprüfung der Zuchttiere wird von den österreichischen Zuchtverbänden durchgeführt und kontrolliert. Die Gesundheitskontrolle wird von den Veterinären und vom Tiergesundheitsdienst durchgeführt.
Vermarktung:
Pro Jahr werden von der Weizer Schafbauern eGen rund 7.000 Lämmer und Schafe sowie ca. 650.000 Liter Schafmilch verarbeitet und vermarktet. Die Vermarktung erfolgt zum Beispiel über die hauseigene Schau- und Erlebniskäserei in Obergreith/Weiz, über den eigenen Onlineshop, sowie in Kooperation mit Weizer Qualitätsfleischereien.
Auch im Handel ist das Weizer Berglamm unter der Marke „mähh“ erhältlich.
Von großer Bedeutung ist die Präsenz der Produkte in der regionalen Gastronomie, aber auch in der Gourmetgastronomie.
Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und traditionellem Wissen:
- Besondere Boden- und Klimaverhältnisse im Weizer Bergland mit reichhaltiger lokaler Flora, die eine extensive Schafhaltung auf Almen ermöglicht.
- Typische Haltungssysteme: Schafherden auf Almen während der Vegetationszeit.
- Ausgeprägte Bodenständigkeit: Ernährung der Lämmer mit Milch (Säugen), mit Weidegräsern und Futtermitteln, die im eigenen Betrieb erzeugt werden.
- Dank dieser Haltungsweise kann ein junges Lamm erzeugt werden, das mit seiner Fleischigkeit, der hellen Farbe von Fleisch und Fett, dem milden Geschmack und der Weichheit des Fleisches Besonderes bietet.
- Die Erzeugung von Weizer Berglamm ist das Ergebnis von traditionellem Wissen, das an die in diesem Bereich Tätigen weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Tierhalter (Anpassung der Haltung der Herden an die Gegebenheiten der Umwelt, historische Auswahl von Rassen, Know-how der Hirten, Art der Lämmerproduktion, Schafhaltung in Berggebieten, Ablammung außerhalb der klassischen Ablammsaison, Verbesserung des Erbguts, Know-how der Schlachter (frühe Beratung der Züchter, Auswahl der lebenden Tiere und der Schlachtkörper) und Erfahrung der Erzeugerorganisationen).
Verwertung:
Lammfleisch direkt oder verarbeitet gilt als regionale Spezialität.
Produkte sind Lammfrischfleisch, Lammleberkäse, steirisches Schöpsernes sowie zahlreiche Wurst- und Rohschinkenspezialitäten aus Lammfleisch (Lammkantwurst, Schafkäsewurst, Patscha Wurzn, Lammfurter, Lammgriller Lammextra, Lammrohschinken).
Neben der Fleischproduktion des Weizer Berglamms spielt auch die Herstellung von traditionellen Schafmilchspezialitäten wie zum Beispiel Schafmilchjoghurt natur und steirischer Schafkäse, sowie Brimsen, steirischer Selchkäse, Gutenberg Camembert, s´würzige Schaf (Brie mit Rotschmiere), Bergkäse uvm. sowie Naturmolkekosmetik und die Veredelung des naturnahen Rohstoffs Schafwolle eine wichtige Rolle.
Weiters bietet Schafmilch die Grundlage für regional produzierte Schokolade.
Schutz:
Für die Produktmarke „mähh“ der Weizer Schafbauern besteht Markenschutz. Die Marke darf ausschließlich für Fleisch- und Milcherzeugnisse aus dem Hause der Weizer Schafbauern eGen verwendet werden.
Schlüsselworte
Lebensmittel und Landwirtschaft, traditionelles Wissen, Österreich, Steiermark, Oststeiermark, Weiz, Region, Weizer Bergland, Oststeiermark, Schaf, Lamm, Berglamm, Weizer Berglamm, steirischer Schafkäse, Naaser
Bibliographie/ Referenzen
- MAIER- BRUCK F. Steiermark. Fleischgerichte. In: Vom Essen auf dem Lande. Das große Buch der österreichischen Bauernküche und Hausmannskost. Verlag Kremayr und Scheriau: Wien: 1995. Seite 372ff.
- Brecheln
- Das Land der Schafe • NEUES LAND Schafhaltung in der Steiermark
- Ennstaler Qualitätslämmererzeugerverein. Steirischer Schafzuchtverband. Tagungsbericht Fachtagung für Schafhalter zum Thema Absatzmöglichkeiten - Kreuzung - Gesundheit - Fütterung - Praktische Klauenpflege
- Grazer Bergland östlich der Mur [MUR]
- Klimaregion Weizer - Gleisdorfer Riedelland. A.6 Weizer - Gleisdorfer Riedelland
- Naas: Steiermark » Weiz (Oststeiermark)
- Schäferei im Alpenraum
- Steirische Zuchtbetriebe
- Weizer Berglamm
- Weiz: Steiermark » Weiz (Oststeiermark)
- Weizer Bergland
Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 25.07.2024.
Sprachcode
Deutsch
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Autoren
Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus überarbeitet von Siegfried Reitbauer