Tiroler Bergschaf

Tiroler Bergschaf
Foto: Carina Kienast

Tiroler Bergschaf ist das Ergebnis Traditionellen Wissens über Schafzucht und Tierhaltung in Österreich.

Registernummer: 104

Offenlegungsdatum

Das Tiroler Bergschaf ist in der Zwischenkriegszeit im 20. Jahrhundert entstanden.

Titel

Tiroler Bergschaf

Kurzdarstellung oder Behauptung

Tiroler Bergschaf ist das Ergebnis Traditionellen Wissens über Schafzucht und Tierhaltung in Österreich. Das Tiroler Bergschaf eine Kreuzung des Bergamaskerschafes mit verschiedenen bodenständigen Landschafrassen wie etwa dem Steinschaf. Das Fleisch des Tiroler Bergschafs ist zartrosa und feinfasrig. Die Rasse wird als Mutterlinie zur Kreuzungszucht mit Fleischrassen, für die Almwirtschaft und zur Landschaftspflege eingesetzt.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Schaf, Frischfleisch

Name der Region

Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

Johannes Fitsch
Geschäftsführer der Schaf- und Ziegenzucht Tirol eGen

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Keine Angabe

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Das Schaf ist eines der ältesten Haustiere der Welt. Es lieferte der Menschheit bereits seit der frühen Steinzeit Fleisch, Milch, Fell und auch Wolle. Die Schafzucht nimmt ihren Anfang wahrscheinlich in den Steppen Südwestasiens und kam über Persien und den Balkan nach Mitteleuropa.
Tirol als Hochgebirgsland eignete sich seit jeher als Zuchtgebiet für Schafe.

Seit Mitte des 12. Jahrhunderts findet häufig eine Sonderform der intensiven Viehwirtschaft in Tirol, das sogenannte „Schwaigen“, Erwähnung. Das Wort „Schwaig“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bezeichnet eine spezielle Siedlungs- und vor allem Wirtschaftsform im alpinen Raum. Vielfach wurden „Schwaighöfe“ als Dauersiedlungsform von den Landesherren zum Zweck der Rinder- und Schafzucht selbst gegründet. Sie sind für Tirol seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar. Der Begriff „Schwaige“ ging später fallweise auf nur während der Sommermonate bewirtschafteten Almen über. Senner und Sennerin werden auch „Schwaiger“ und „Schwaigerin“ genannt.

Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts war auf den Tiroler Schwaighöfen die Schafzucht vorherrschend. Die Schafhaltung auf ausgedehnten Almen in Tirol kann daher auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken.

In der Vergangenheit wurde das Schaf auch abwertend als „arme Leute Kuh“ bezeichnet. Lämmer konnten an den heimischen Dorfwirt zu recht guten Preisen verkauft werden, alte Mutterschafe bzw. der Schafbock wurden am Hof geschlachtet, verarbeitet und verkocht.

Bis circa 1950 diente die Schafzucht jedoch hauptsächlich der Wollproduktion. Mit Zunahme des Baumwoll- und Kunstfaserbedarfs bei Textilien rückte die Fleischproduktion in den Vordergrund.

Schaffleisch in der österreichischen Küche:

Noch im ausgehenden Mittelalter war in der österreichischen Küche Lamm- und Hammelfleisch reichlich zu finden.
Doch bereits damals war das Schaffleisch naturgemäß auf die Bergbauerngebiete beschränkt. Bis zum 19. Jahrhundert ging die Schafzucht in Österreich jedoch weitgehend zurück und das Schaf wurde mehr und mehr vom Schwein verdrängt. Heute erlangt das Schaf wieder zunehmend an Bedeutung.

Geschichte Bergschaf:

Das Tiroler Bergschaf entstand in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts und ist züchterisch im Wesentlichen auf das norditalienischen Bergamaskerschaf, lokale Rassen wie etwa das Schnalser Schaf oder das Bschlabser Schaf sowie verschiedene Steinschafschläge zurückzuführen.

Die Herkunft des Bergamaskerschafes ist nicht ganz geklärt, es führen aber Spuren bis in den Sudan. Die Tiroler Züchter waren besonders von der Größe der Bergamaskerschafe, die sie von den Wanderherden aus Oberitalien her kannten, beeindruckt. Bergamaskerschafe haben einen langen Rücken und einen tiefen, breiten Körper und charakteristische große und breite Hängeohren.

Das Bergamaskerschaf entwickelte sich in den Gebirgszonen zu einer sehr bedeutenden Rasse und hat sehr viel Einfluss auf die Entwicklung der verschiedensten Bergschafrassen im gesamten Alpenraum. So gründen sich alle langohrigen Bergschafrassen immer auch auf das Bergamaskerschaf.
Die Landrassenschläge wie etwa jene vom Steinschaf waren kleiner, aber sehr fruchtbar.

Die daraus entstehenden Bergschafe wurden in der Abgeschiedenheit der Gebirgstäler Österreichs und der Schweiz weitergezüchtet. Ursprünglich gab es verschiedene Schläge, die in den 1930er Jahren zusammengefasst und vereinheitlicht wurden und durch Selektion die heute bestehenden Zuchtmerkmale bekommen hatten. 1937 wurde mit der Reinzucht der Tiere begonnen. Eine Herdbuchführung existiert seit 1938.

Das Tiroler Bergschaf die verbreitetste Rasse in Österreich. Derzeit besteht kein spezielles Förderprogramm für das Tiroler Bergschaf.

Gebiet/Region:

Bergschafe sind Landschafrassen aus dem Alpenraum, deren Hauptzuchtgebiete in Bayern, Österreich und der Schweiz liegen.

Das Tiroler Bergschaf wird in ganz Österreich gezüchtet, wobei die Hauptverbreitungsgebiete Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten und Steiermark sind. Außerhalb von Österreich sind Tiroler Bergschafe in Deutschland, der Schweiz sowie in Südtirol verbreitet.

Tiroler Bergschaf

Beim Bergschaf kann prinzipiell zwischen dem weißen, dem braunen und dem schwarzen Bergschaf unterschieden werden.

Das Tiroler Bergschaf ist eine regionale Züchtung aus dem Bergamaskerschaf mit verschiedenen bodenständigen Landschafrassen beziehungsweise Schlägen, etwa dem Steinschaf.

Rassenbeschreibung:

Das Tiroler Bergschaf ist ein robustes, mittelgroßes bis großes Schaf mit schmalem, geramstem (das heißt mit hervorgewölbter Nasenpartie), auf der Stirn bewolltem, hornlosem Kopf mit langen, breiten, hängenden Ohren. Weiters wird das Tiroler Bergschaf wie folgt charakterisiert: gut verwachsene Körperteile, mit tiefem Rumpf, gewölbter Rippe, fester Nierenpartie, langem, geraden Rücken, kompakter Schulter und leicht fallendem Becken.

Die Beine sind kräftig ausgebildet, mit straffer Fessel und harter Klaue. Die Hinterbeine sind leicht gewinkelt.

Männliche Tiere verfügen über eine Widerristhöhe von 90 bis 100 Zentimeter und ein Gewicht von 70 bis 120 Kilogramm. Die Widerristhöhe von weiblichen Tieren beträgt 80 bis 90 Zentimeter und ihr Gewicht liegt bei 60 bis 100 Kilogramm.

Das Tiroler Bergschaf wird reinweiß gezüchtet und darf keine Pigmente oder Birkaugen aufweisen. Dabei weist die braune Iris einen oder mehrere weiße Bereiche auf. Braun und weiß pigmentierte Bereiche wechseln einander ab, vergleichbar mit einem Birkenstamm.

Das Vlies besteht aus weißer, schlichter bis gewellter Wolle mit einer mittleren Feinheit von C-D (32 bis 36 Mikron), und einer Länge von 4 bis 7 Zentimeter bei zweimaliger Schur. Der jährliche Wollertrag beträgt bei Widdern 3 bis 5 Kilogramm, bei weiblichen Tieren 2,5 bis 4 Kilogramm. Die Schur erfolgt zweimal jährlich. Das Tiroler Bergschaf ist nicht ident mit dem Weißen Bergschaf. Tiroler Bergschafe sind nicht nur wesentlich größer und rahmiger als das Weiße Bergschaf, sondern sie besitzen auch eine etwas feinere Wolle.

Eigenschaften:

Durch die Steig- und Trittsicherheit und gute Widerstandsfähigkeit ist das Tiroler Bergschaf besonders für die Nutzung von Alpflächen geeignet. Darüber hinaus gilt die Rasse als anpassungsfähig, robust, und genügsam.

Tiroler Bergschafe sind ideale Landschaftspfleger für Almen und Gebirgsregionen und eignen sich dementsprechend für den Einsatz auf Extensivflächen sowohl im Hochgebirge als auch im niederschlagsreichen Alpenvorland.

Auf Grund ihrer Wollstruktur eignen sie sich besonders für niederschlagsreiche Gegenden.

Ein hervorstechendes Merkmal der Schafrasse ist die hohe Fruchtbarkeit (2 bis 2,5 Lämmer pro Jahr). Die Muttertiere weisen eine gute Eutergesundheit, gute Säugeleistung und ausgeprägte Mutterinstinkte auf.

Erzeugungsverfahren:

Haltung:

Tiroler Bergschafe werden in Herden unterschiedlicher Größe gehalten, wobei der Durchschnitt bei 20 Muttertieren liegt. Die Schafe verbringen im Sommer 3 bis 4 Monate auf der Alm. Im Winter werden die Tiere in Aufstallungen gehalten.

Fütterung/Mast:

Das grasende Schaf findet auf den Gebirgsweiden und Almen eine große Auswahl an aromatischen Kräutern und Pflanzen.

Die Lämmer werden vom Mutterschaf gesäugt. Ab der 3. Lebenswoche erhalten die Lämmer Zugang zu einem Lämmerschlupf, wo sie getrennt von der Herde, individuell und jederzeit zusätzlich eiweißreiches Futter, Getreidemischungen, Kraftfuttermischungen und Grummet (2. Grasschnitt, besser verdaulich als das Heu der ersten Ernte) aufnehmen können.

Lämmer, die von der Mutter nicht angenommen werden oder deren Mutter krank oder verstorben ist, werden mit der Flasche aufgezogen.

Zusatzfutter (Kraftfutter) zur Endmast darf verwendet werden, einerseits geschrotet, oder als Fertigfutter pelletiert. Das Kraftfutter besteht aus verschiedenen Getreidekomponenten und Mineralstoffen.

Die Endmast dauert 4 bis 6 Wochen. Die Verwendung von Silofutter ist erlaubt.

Zuchtziele:

Ziel der Zucht ist eine Erhöhung der Aufzuchtleistung bei kurzen Zwischenlammzeiten und die Verbesserung der Fleischleistung.

Ablammung:

Der Brunstzyklus der Tiroler Bergschafe ist asaisonal. Die Tiere verfügen über eine frühe bis mittlere Zuchtreife und sind mit 6 Monaten geschlechtsreif.

Die Ablammung erfolgt zweimalig im Jahr. Das Erstlammalter liegt bei 12 bis 18 Monaten.

Transport und Schlachtung:

Die Tiere sind mit 4 bis 6 Monaten beziehungsweise mit einem Mastendgewicht von etwa 42 bis 45 Kilogramm schlachtreif. Die Schlachtung erfolgt überwiegend regional, teils auch bei EU-Schlachthöfen.

Nach der Schlachtung werden die Schlachtkörper durch Veterinäre offiziell tierärztlich beschaut und nach EUROP-Klassifizierung beurteilt.

Mehr als 65 Prozent der Tiere erreichen die Fleischklasse „R“ in der EUROP-Klassifizierung, 15 Prozent die Fleischklasse „U“ und der Rest „O“.

Fleischbeschreibung:

Fleisch des Tiroler Bergschafs ist zartrosa und feinfasrig.

Ursprungsnachweis:

Die Lämmer sind, gemäß der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung, durch ein offizielles Zeichen (Ohrmarke) gekennzeichnet.

In der Folge ist die Rückverfolgbarkeit von der Verkaufsstelle zum Aufzuchtbetrieb gewährleistet. Dies bedeutet, dass in jeder Phase der Erzeugung das betreffende Lamm und sein Ursprungsbetrieb genau ermittelt werden können.

Qualitätssicherung:

Alle Zuchttiere sind herdbuchmäßig erfasst. Die Züchter werden zweimal im Jahr von der zentralen Herdbuchführung nach ihrer Bestandsentwicklung abgefragt.

Für Widder erfolgt die Einstufung ins Zuchtbuch (Widderankörung ist Zuchttauglichkeitsprüfung) nur bei Versteigerungen, weibliche Tiere werden bei lokalen Auftrieben eingestuft. Zur Exterieurbewertung werden nur Zuchtwidder zugelassen, die im Hauptbuch eingetragen sind und das Alter von 26 Monaten nicht überschritten haben.

Vermarktung:

Fleisch vom Tiroler Bergschaf wird das ganze Jahr über angeboten und sowohl direkt als auch über die Gastronomie vermarktet.

Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen

  • Besondere Boden und Klimaverhältnisse in den Regionen ergeben eine vielfältige natürliche alpine Flora, die eine Schafhaltung auf Almen ermöglicht.
  • Dank dieser Haltungsweise kann Schaffleisch mit charakteristischen Merkmalen bezüglich Zusammensetzung erzeugt werden. Das Fleisch des Tiroler Bergschafs ist zartrosa und feinfasrig.
  • Die Aufzucht von Tiroler Bergschafen ist das Ergebnis Traditionellen Wissens, das an die in diesem Bereich Tätigen weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Tierhaltung (Anpassung der Haltung der Herden an die Gegebenheiten der Umwelt, Know-how der Landwirte, Art der Schaffleischproduktion, Verbesserung des Erbguts), Know-how der Schlachter (Tiertransport, Erfahrung bei Schlachtung, Zerlegung, Fleischreifung) und der Schaf- und Ziegenzucht Tirol eGen.

Verwertung:

Fleisch des Tiroler Bergschafes wird in Teilstücken, komplett zerlegt und küchenfertig angeboten.

Die Wolle wird über die Tiroler Wollverwertung gesammelt und zur weiteren Verarbeitung nach Deutschland exportiert.

Das Bergschaf ist hervorragend geeignet für Kreuzungen als Muttergrundlage mit Widdern von Fleischschafrassen (zum Beispiel für die Erzeugung von Weizer Berglamm, Mölltal-Glockner Lamm und Osttiroler Berglamm). Diese Kreuzungslämmer sind in der ersten Kreuzungsgeneration sowohl zahlenmäßig, auf Grund der hohen Fruchtbarkeit der Bergschafmuttertiere, aber auch in Bezug auf Fleischqualität und Wüchsigkeit zufolge eines Hybrideffektes besser als die Bergschafe und gleich in der Fleischqualität einer Fleischschafrasse.

Verwandte Rassen:

Zu den verwandten Schafrassen des Tiroler Bergschafs zählen das Braune Bergschaf, das Weiße und das Schwarze Bergschaf sowie das Fuchsfarbenes Engadinerschaf.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Tirol, Region, Schaf, Schaffleisch, Tiroler Bergschaf

Bibliographie / Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 25.07.2024.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Johannes Fitsch
Schaf- und Ziegenzucht Tirol eGen
Brixner Straße 1
6020 Innsbruck
Telefon: +43 592 921860
E-Mail:
kompetenzzentrum.sz@lk-tirol.at

Autorin

Mag.a Doris Reinthaler überarbeitet von Carina Kienast