Tennengauer Berglamm
Die Erzeugung von Tennengauer Berglamm ist das Ergebnis Traditionellen Wissens über Schafzucht und Tierhaltung im alpinen Gebiet Salzburgs.
Registernummer: 72
Offenlegungsdatum
Jahrhunderte lange Tradition der Schafhaltung in alpinen Gebieten Salzburgs.
Titel
Tennengauer Berglamm
Kurzdarstellung oder Behauptung
Die Erzeugung von Tennengauer Berglamm ist das Ergebnis Traditionellen Wissens über Schafzucht und Tierhaltung im alpinen Gebiet Salzburgs.
Das Tennengauer Berglamm ist ein junges Lamm, maximal 6 Monate alt, mit hellem, zartem und mild schmeckendem Fleisch.
Die Grundlage für das Tennengauer Berglamm sind die heimischen Schafrassen.
Es wird in traditioneller extensiver Schafhaltung in der alpinen Region Tennengau gehalten und trägt damit zur Aufrechterhaltung der Kulturlandschaft bei.
Produktbezeichnung, Produktklasse
Lamm, Frischfleisch
Name der Region
Tennengau, Salzburg, Österreich
Suchgebiet
Lebensmittel und Landwirtschaft
Name des Informationsgebers
Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen
Matthias Pleschberger
Name des Antragstellers für den Titel
Keine Angabe
Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen
Circa 100 Bauern in der Region Tennengau
Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels
Keine Angabe
Beschreibung
Geschichte:
Schafe sind eines der ältesten Haustiere der Welt und liefern der Menschheit bereits seit der frühen Steinzeit Fleisch, Milch, Fell und Wolle. Die Schafzucht entstand wahrscheinlich in den Steppen Südwestasiens und kam über Persien und den Balkan nach Mitteleuropa.
Seit Mitte des 12. Jahrhunderts findet häufig eine Sonderform der intensiven Viehwirtschaft in Tirol und Salzburg, das sogenannte „Schwaigen“, Erwähnung. Das Wort „Schwaig“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bezeichnet eine spezielle Siedlungs- und vor allem Wirtschaftsform im alpinen Raum. Vielfach wurden "Schwaighöfe" als Dauersiedlungsform von den Landesherren zum Zweck der Rinder- und Schafzucht oder vor allem der Milchviehzucht (besonders für die Käseerzeugung) selbst gegründet. Sie sind für Tirol und Salzburg seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar. Der Begriff „Schwaige“ ging später fallweise auf nur während der Sommermonate bewirtschafteten Almen über. Senner und Sennerin werden auch "Schwaiger" und "Schwaigerin" genannt.
Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts war auf den Schwaighöfen die Schafzucht vorherrschend.
Die Schafhaltung auf ausgedehnten Almen hat daher, insbesondere in den Gebirgsregionen in Salzburg, eine jahrhundertelange Tradition.
Im ausgehenden Mittelalter war Lammfleisch in der österreichischen Küche in den Bergbauerngebieten reichlich vertreten.
Dennoch wird in einem Bericht der Handels- und Gewerbekammer für das Herzogtum Salzburg von 1858 erwähnt, dass Salzburg in den Jahren 1854 bis 1857 über keine eigenen Schäfereien verfügte.
Gelegentlich wurde bei der „Käsebereitung auf der Alm“ Schafsmilch der Kuhmilch beigemischt. Weiters wird berichtet, dass Mästung von Schafen im 19. Jahrhundert nicht sehr gebräuchlich war.
Während der letzten Jahrzehnte hat sich die Zahl der Schafe in Salzburg nur gering verändert: 39.662 Schafe im Jahr 1934, etwa 43.500 Schafe im Jahr 1947 und zirka 30.000 im Jahr 2006.
1948 wurde in Salzburg ein Zuchtverband der Schafzüchter gegründet.
Im Jahr 1992 wurde die Gruppe der Lämmerproduzenten in den Zuchtverband eingegliedert.
Ab 1995 gründete die Landwirtschaftskammer Salzburg den „Salzburger Zuchtverband für Schafe und Ziegen“ durch den erstmals die Möglichkeit einer landesweiten Herdebuchzucht gegeben war.
Als neuer Verbandsname wurde „Verband der Schafzüchter und Lämmermäster“ ausgewählt.
Im Jahr 1996 wurde die Betreuung der gefährdeten Tierrassen dem Verband übergeben und der „Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen“ gegründet.
Die Verwendung des Optimate – Anpaarungsprogramms ermöglichte ab dem Jahr 2000 eine genaue Anpaarung der gefährdeten Rassen.
Im Jahr 2001 wurde der „Sortierstall Kuchl“, eine gemeinsame Absatzplattform für alle Schafhalter, aufgebaut.
Gebiet/ Region:
Der Tennengau ist ein Teil des Bundeslandes Salzburg, Österreich, und ist deckungsgleich mit dem politischen Bezirk Hallein.
Der Tennengau grenzt im Norden an den Flachgau, im Westen an Bayern (Deutschland), im Osten an das Salzkammergut (Oberösterreich) und im Süden an die Salzburger Region Pongau.
Der Tennengau wird von Bergen sowie von Tälern und Almen beherrscht.
Klima:
Das Gebiet Tennengau weist ein subalpines Klima auf. Kurze, eher kühle Sommer und lange, kühle Winter sind für diese Region charakteristisch. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 6 Grad Celsius. Die Jahresniederschlagsmenge liegt bei 1.500 Millimeter; die Regenfälle sind gleichmäßig verteilt. West- und Nordwinde sind typisch für die Region, im Fall von Föhnwinden, Süd- und Südostwind.
Lebensraum:
Die Almen im Tennengau liegen auf einer Seehöhe von 1.000 bis 1.700 Meter.
Die Bergflora ist das Ergebnis von Boden und Klimabedingungen und ist gekennzeichnet durch eine Vielfalt an alpinen Pflanzen wie Alpenaster (Aster alpinus), Alpenleinkraut (Linaria alpina), Enziangewächse, Schwertliliearten, Engelwurz, Blutweidrich et cetera.
Die spezielle Artenvielfalt an alpinen Gräsern und Kräutern im Grünfutter und im daraus erzeugten Heu liefern die Basis für den einzigartigen Geschmack des Tennengauer Berglamms.
Durch die Weidehaltung der Schafe bleibt die Vegetationsdecke stabil und das Wasserspeichervermögen des Bodens wird verbessert.
Tennengauer Berglamm:
Das Tennengauer Berglamm wird ausschließlich in der Region Salzburg, größtenteils in der Region Tennengau geboren.
Das Tennengauer Berglamm wird ausschließlich in der Region Tennengau aufgezogen.
Die Zuchtherde besteht aus Mutterschafen der örtlichen Rassen Tiroler Bergschaf.
Das Tiroler Bergschaf ist das Ergebnis einer Kreuzung des Tiroler Steinschafs mit dem Bergamaskerschaf. Es ist ein robustes, mittelgroßes bis großes Schaf mit langen, breiten, hängenden Ohren. Beide Geschlechter sind hornlos.
Die Schafböcke stammen von fleischbetonten Rassen (Texel, Suffolk, Jura, Dorper und so weiter).
Das Tennengauer Berglamm ist ein Freiland-Schaf, wobei die Herden fast das ganze Jahr im Freien sind. Es ist gut an trockene, harte Wetterbedingungen in den Salzburger Berggebieten angepasst. Es ist robust und im alpinen Gelände trittsicher.
Erzeugungsverfahren
Zucht/Mast:
Die Erziehungsart der Zuchtherde ist typisch für die Region. Es handelt sich dabei um Extensivhaltungssysteme.
Tennengauer Berglamm wird in klein- und mittelbäuerlichen Betrieben mit durchschnittlich 16,1 Hektar produziert. Ungefähr 21 Tiere werden pro Betrieb gehalten.
Die Lämmer werden gemeinsam mit dem Mutterschaf von April bis November auf der Weide gehalten. Diese Erziehungsart gewährleistet die Aufzucht in natürlicher Umgebung und ist ein wesentlicher Faktor für das Wohlbefinden der Tiere. Die Populationsdichte ist limitiert durch das zur Verfügung stehende Grünland.
Das grasende Schaf findet auf den steilen Hängen und Weiden eine große Auswahl an aromatischen alpinen Kräutern und Pflanzen. Diese Pflanzenvielfalt trägt zur Milchqualität bei und daraus resultierend, zu einer gesunden Entwicklung der Lämmer.
Die Winterhaltung erfolgt im Laufstall. Je nach Witterung und Lage des Betriebes ist auch Auslauf möglich.
Fütterung:
Die Lämmer werden vom Mutterschaf circa zwei bis drei Monate gesäugt.
Lämmer, die von der Mutter nicht angenommen werden oder deren Mutter krank oder verstorben ist, werden mit der Flasche oder einem Amme-Schaf aufgezogen.
In den Ställen wird in einem eigenen Futtertrog („Lämmerschlupf“) eine Kraftfuttermischung (hauptsächlich Gerste) angeboten, welcher für die Lämmer zugänglich ist, nicht aber für erwachsene Schafe.
Der Lämmerschlupf enthält Grummet und eine Getreidemischung und dient der gezielten Endmast.
Falls die Notwendigkeit besteht, wird Gras oder Heu zugefüttert.
Die Verwendung von Silofutter ist sowohl für Lämmer als auch für ausgewachsene Schafe erlaubt.
Weiters werden Lecksteine angeboten, um die Schafe und Lämmer mit Mineralstoffen und Salz zu versorgen.
Die vorbeugende Gabe von Antibiotika ist untersagt.
Ablammung:
Die Ablammung erfolgt ganzjährig (asaisonale Rassen).
Transport und Schlachtung:
Durch die kurzen Transportwege zum Sortierstall Kuchl (zwischen 10 und 15 Kilometer) kann für die Tiere unnötiger Stress vermieden werden, was in der Fleischqualität seinen Niederschlag findet.
Die Schafe werden momentan von zwei bäuerlichen Schlachtstellen in der Region Tennengau ausschließlich für den regionalen Markt (Gastronomie, Letztverbraucher) geschlachtet.
Die Lämmer werden bereits vor der Geschlechtsreife, im Alter von maximal 6 Monaten, geschlachtet. Das Schlachtgewicht liegt zwischen 16 bis 24 Kilogramm, was einem Lebensgewicht von rund 40 bis 48 Kilogramm entspricht.
Fleisch und Schlachtkörperbeschreibung:
Das Fleisch stammt von Lämmern, welche im Bundesland Salzburg geboren und im Tennengau aufgewachsen sind.
Das Fleisch ist sehr zart, mild im Geschmack, aber würzig. Da die Schlachtung der Lämmer bereits vor der Geschlechtsreife erfolgt, ist es besonders feinfasrig.
Das Fett der jung geschlachteten Lämmer hat einen niedrigen Schmelzpunkt und schmeckt nicht talgig.
Das Fleisch des Tennengauer Berglamms besitzt ein einzigartiges Aroma und Geschmack, welche direkt mit den lokalen Wildpflanzen zusammenhängen, die die Tiere aufnehmen.
Das Fleisch entspricht E, U, R nach dem EUROP-Klassifizierungssystem (O bei Schlachtgewicht von 16 bis 18 Kilogramm).
Die Fettgewebsklasse entspricht 2 bis 3 nach dem EUROP-Klassifizierungssystem.
Lammfleisch ist fettarm (3,7 Prozent) und reich an wertvollen Proteinen.
Ursprungsnachweis:
Die Lämmer sind, gemäß der Österreichischen Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009 idgF, durch ein offizielles Zeichen (Ohrmarke) gekennzeichnet.
In der Folge ist die Rückverfolgbarkeit von der Verkaufsstelle zum Aufzuchtbetrieb gewährleistet. Dies bedeutet, dass in jeder Phase der Erzeugung das betreffende Lamm und sein Ursprungsbetrieb, wo es geboren wurde, genau ermittelt werden können.
Qualitätskontrolle:
Die Fleischsicherheit und Qualität wird durch amtliche tierärztliche Überwachung gesichert.
Vermarktung:
Etwa 8.000 Lämmer werden ganzjährig vermarktet.
Die Lämmer werden vom Schafzuchtverband angekauft, sortiert und den verschiedensten Absatzschienen (Lebensmittelhandel, Gastronomie, Export, Lebendhandel) zugeordnet.
Im heimischen Lebensmittelhandel werden hauptsächlich Weide- (im Herbst nach Alpung) und Mastlämmer (im Frühjahr nach Überwinterung im Stall) vermarktet.
Jährlich veranstalten die Lammgenuss-Wirte sogenannte „Lamm- Genusswochen”.
Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet und Traditionellem Wissen:
- Besondere Boden und Klimaverhältnisse im alpinen Gebiet im Tennengau führen zu einer reichhaltigen, einheimischen alpinen Flora, die eine extensive Schafhaltung auf Almen ermöglicht.
- Die Mutterschafe sind Landrassen (Tiroler Bergschaf), die typisch für die Region sind.
- Typische Haltungssysteme: Extensivhaltung der Schafherden auf Almen während der Vegetationszeit.
- Dank dieser Haltungsweise kann ein junges Lamm erzeugt werden, das mit seiner Fleischigkeit, der hellen Farbe von Fleisch und Fett, dem milden Geschmack und der Weichheit des Fleisches Besonderes bietet.
- Die Erzeugung von Tennengauer Berglamm ist das Ergebnis von Traditionellem Wissen, das an die in diesem Bereich Tätigen weitergegeben wurde: Traditionelles Wissen und Erfahrung der Schafhalter (Anpassung der Haltung der Herden an die Gegebenheiten der Umwelt, historische Auswahl von Landrassen, Know-how der Hirten, Art der Lämmerproduktion, Schafhaltung in Berggebieten, Ablammung außerhalb der klassischen Ablammsaison, Verbesserung des Erbguts, Know-how der Schlachter (frühe Beratung der Züchter, Auswahl der lebenden Tiere und der Schlachtkörper) und Erfahrung der Erzeugerorganisationen).
Verwertung:
Neben der Fleischproduktion des Tennengauer Berglamms spielt auch die Herstellung von traditionellen Schafmilchspezialitäten wie zum Beispiel Schafskäse sowie die Veredelung des naturnahen Rohstoffs Schafwolle eine wichtige Rolle.
Als regionale Spezialitäten gelten Lammcarpaccio, Lammrücken, Schöpsernes (Lammbraten), Lammschlögel und Lammkrone.
Schutz:
Keine Angabe
Schlüsselworte
Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Salzburg, Region, Tennengau, Schaf, Lamm, Berglamm, Lammfleisch, Tennengauer Berglamm
Bibliographie/ Referenzen
- Dirlmeier U., Fouquet G., Fuhrmann B. Europa im Spätmittelalter 1215 bis 1378, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2003. Seite 28 bis 29.
- Flachgauer Nachrichten. Tennengauer Berglamm: Im Zeichen des Tennengauer Lamms, 29. März 2007; Seite 34 bis 35.
- MAIER-BRUCK F. Kärnten. Fleischgerichte. In: Vom Essen auf dem Lande. Das große Buch der österreichischen Bauernküche und Hausmannskost. Verlag Kremayr und Scheriau: Wien: 1995, Seite 84.
- Geschichte - Das Schaf eines der ältesten Haustiere der Welt
- Geschichte Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen
- Lamm
- Landwirtschaft
- Rund ums Schaf
- Schafe und Ziegen als Nutztiere
- Schwaige
- Tennengauer Berglamm
- Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung (Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend über die Kennzeichnung und Registrierung von Schweinen, Schafen und Ziegen
- Wallner R.M. Alte Rassen Ziegen und Schafe
- ZOTTL C. M. "Die Hungrigen schreiben selten Geschichte, und Historiker sind selten hungrig.“ Mikrohistorische Aspekte der Alltagsernährung städtischer Unterschichten in der deutschen frühen Neuzeit: urbane Siedlungen im Vergleich, Wien/Edinburgh
Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 25.07.2024.
Sprachcode
Deutsch
Regionaler Ansprechpartner
Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen
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E-Mail: sz@lk-salzburg.at
Autorin
Mag.a Eva Sommer