Pinzgauer Kitz

Pinzgauer Kitz am Heu
Foto: Josef Wesenauer

Die Aufzucht von Pinzgauer Kitz ist das Ergebnis Traditionellen Wissens um die Zucht und extensive Viehhaltung über Jahrhunderte hinweg in Pinzgau, Salzburg.

Registernummer: 152

Offenlegungsdatum

Bereits um das Jahr 1600 wurden in Pinzgau Ziegen gehalten. Im 19. Jahrhundert etablierte sich die autochthone Gebirgsrasse Pinzgauer Ziege in der Region.

Titel

Pinzgauer Kitz

Kurzdarstellung oder Behauptung

Die Aufzucht von Pinzgauer Kitz ist das Ergebnis Traditionellen Wissens um die Zucht und extensive Viehhaltung über Jahrhunderte hinweg in Pinzgau, Salzburg.
Das Pinzgauer Kitz ist ein junges, 8 bis 10 Wochen beziehungsweise 3 bis 6 Monate altes Kitz, das saftiges und mageres Fleisch liefert.
Das Fleisch besitzt ein einzigartiges Aroma und einen einzigartigen Geschmack, was direkt mit der regionalen alpinen Vegetation zusammenhängt. Es wird in traditioneller extensiver Haltung in der alpinen Region Pinzgau gehalten und trägt damit zur Aufrechterhaltung der Kulturlandschaft bei.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Kitzfleisch, Frischfleisch

Name der Region

Pinzgau, Salzburg, Österreich

Suchgebiet

Lebensmittel und Landwirtschaft

Name des Informationsgebers

DI Bernhard Rinnhofer
Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

50 Bauern des Salzburger Landesverbands für Schafe und Ziegen

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Die Wildziege (Capra aegagrus) gilt als Stammtier der Hausziege (Capra aegagrus hircus) und wurde bereits 10000 vor Christus im südwest-asiatischen Raum domestiziert, von wo sie sich circa 8000 vor Christus bis nach Europa verbreitete.

Seit dem Mittelalter (500 bis 1500 nach Christus) sind überall in Mitteleuropa bis zur Nordhälfte der Alpen Hausziegen verbreitet. Zu dieser Zeit genoss die Ziegenhaltung hohes Ansehen und wurde auch von Karl dem Großen (747 bis 814 nach Christus), der angeblich eine Vorliebe für Ziegenkäse gehabt haben soll, gefördert.

Im 14. Jahrhundert war das Ackerland begrenzt und Ziegen wurden oft zum Weiden in den Wald getrieben.

Bereits um 1600 wurden im Pinzgau Ziegen gehalten. Nach einer Zählung des Gerichtsbezirks Zell am See betrug im Jahr 1601 die Gesamtzahl etwa 1.328 Stück.

Um die Jahrhundertwende des 18./19. Jahrhunderts war die Ziegenhaltung in Österreich weit verbreitet.
In der Region Pinzgau stieg der Ziegenbestand bis zum Jahr 1857 auf circa 14.000 Stück. Zwischen 1880 und 1920 erreichte die Ziegenhaltung ihren Höhepunkt.

Im 19. Jahrhundert etablierte sich die Gebirgsrasse Pinzgauer Ziege in der Region, die in ihrer Wildform von der Bezoarziege abstammt und als Mehrnutzungsrasse für Milch, Fleisch und Landschaftspflege diente.

Zwischen 1960 und 1980 erlebte die Ziegenzucht im Pinzgau einen starken Rückgang, ausgelöst durch die Spezialisierungen in der Landwirtschaft.

1980 wurde der „Pinzgauer Ziegenzuchtverein“ gegründet, mit dem Ziel den Ziegenbestand in der Region wieder zu erhöhen.

1995 gründete die Landwirtschaftskammer Salzburg den „Salzburger Zuchtverband für Schafe und Ziegen“ durch den erstmals die Möglichkeit einer landesweiten Herdebuchzucht gegeben war.

Derzeit werden in der Region Pinzgau rund 600 Ziegen samt Nachzucht gehalten.

Gebiet/Region:

Der Pinzgau ist eine Landschaft im Westen des Bundeslandes Salzburg, die an die Bundesländer Tirol und Kärnten grenzt.

Es ist deckungsgleich mit dem politischen Bezirk Zell am See.

Der Pinzgau ist eine Hochgebirgslandschaft umgeben von den Hohen Tauern im Süden, den Kitzbüheler Alpen und dem Steinernen Meer im Norden. Der Pinzgau hat flächenmäßig den größten Anteil am Nationalpark Hohe Tauern.

Die Landschaft wird von Gesteinszonen bestimmt, den sogenannten „Steinbergen“ (Kalkalpen), „Grasbergen“ (mit grünen, saftigen Almen und sanften Kuppen) und „Keesbergen“ („chees“ althochdeutsches Wort für Gletscher oder Eis).

Das Gebiet Pinzgau umfasst 20 größere und kleinere Seen.

Lebensraum:

Die Weideflächen liegen auf einer Seehöhe zwischen 800 und 2.000 Meter. Sie befinden sich zum Großteil im Privatbesitz, nur ein geringer Teil der Bauern besitzt ein Weiderecht.

Die Bergflora ist durch die lokalen Boden- und Klimaverhältnisse bedingt und ist gekennzeichnet durch eine Vielfalt an Pflanzen wie Punktierter Enzian (Gentiana punctata), Stängelloser Enzian (Gentiana clusii), Blauer Eisenhut (Aconitum napellus), Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus glacialis), Trollblume (Trollius europaeus), Gletscher-Fingerkraut (Potentilla frigida) oder die Orchidee Schwarzes Kohlröschen (Nigritella nigra ssp. austriaca) sowie großen Mengen an Lärchen und Zirbelkiefer (Pinus cembra).

Die Viehhaltung auf Weiden verhindert das Aufkommen von Sträuchern und Wäldern und leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Landschaft.

Klima:

Die alpinen Klimaverhältnisse in der Region Pinzgau variieren und hängen stark vom Landschaftsbild und den Höhenlagen ab.

Kurze, eher kühle Sommer und lang dauernde, kalte Winter sind charakteristisch.
Der Alpenhauptkamm wirkt als Wetterscheide und Regen fällt nur entweder im Süden oder im Norden des Kammes, abhängig von den Wetterbedingungen. Die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge beträgt 1.150 bis 1.200 Millimeter, die durchschnittliche Jahrestemperatur beträgt 6 Grad Celsius. Das Gebiet ist rund 142 Tage mit Schnee bedeckt.

Pinzgauer Kitz:

Beim Pinzgauer Kitz handelt es sich um Edelziegen sowie um die bodenständigen und als gefährdet eingestuften Rassen Pinzgauer Ziege, Tauernschecken, Pfauenziege, Pinzgauer Strahlenziege sowie Gämsfarbene Gebirgsziege.
Diese gefährdeten Ziegenrassen werden im Rahmen des österreichischen Agrar-Umweltprogramms (ÖPUL) gefördert.

Vater- und Muttertiere werden, wenn nötig, zugekauft und dürfen ausschließlich aus Österreich stammen. Diese werden in der Region großgezogen und bei ausreichend Auslauf gehalten.
Pinzgauer Kitz wird ausschließlich in der Region geboren und im selben Betrieb aufgezogen.

Pinzgauer Kitz ist gut an die Wetterbedingungen in den Salzburger Berggebieten angepasst. Es ist robust und im alpinen Gelände trittsicher.

Erzeugungsverfahren:

Zucht/Mast:

Die Erziehungsart der Zuchtherde ist typisch für die Region. Es handelt sich dabei um Extensivhaltungssysteme.
Pinzgauer Kitz wird in kleinbäuerlichen Betrieben produziert. Ein Bauer besitzt durchschnittlich 12 Ziegen, davon circa 6 Kitze.
Die Tiere werden entweder direkt am Bauernhof oder auf den umliegenden Almen gehalten.
Der Weidegang beziehungsweise Auslauf ist verteilt auf die Frühlings- und Sommermonate. Der Großteil der Tiere wird jedoch im Frühling/Sommer auf der Alm gehalten. Pro Hektar weiden 4 Ziegen samt Nachzucht.

Pinzgauer Kitze werden gemeinsam mit den Mutterziegen in Gruppen gehalten.
Diese Erziehungsart gewährleistet die Aufzucht in natürlicher Umgebung und ist ein wesentlicher Faktor für das Wohlbefinden der Tiere.

Um die Tiere vor Hitze, Unwetter oder Insekten zu schützen, muss ein entsprechender Stall oder Unterstand auf den Weiden vorhanden sein.
Rund um den Bauernhof erfolgt die Haltung in Gruppenbuchten mit Auslaufmöglichkeit.

Bei Stallhaltung ist eine Mindestfläche für die Tiere einzuhalten.
Diese beträgt 1,10 Quadratmeter pro Mutterziege mit Kitz bis zu 6 Monate und 1,40 Quadratmeter pro Mutterziege mit mehr als einem Kitz. Eine Anbindehaltung ist verboten.

50 Prozent der Bauern produzieren Pinzgauer Kitz nach biologischen Richtlinien.

Abkitzung:

Die Abkitzung erfolgt einmal im Februar oder März, dabei werden häufig Zwillinge geworfen.

Fütterung:

Das Milchkitz wird 8 bis 10 Wochen mit Milch, überwiegend mit Muttermilch, aber auch mit Heu und Gras ernährt.

Für die Produktion von klassischem Kitzfleisch (Schlachtung nach 3 bis 6 Monaten) erhält das Kitz nach circa 10 wöchiger überwiegend milchbasierter Fütterung Gras, Heu, Blätter und frische Zweige von Bäumen und Büschen. Als Ausgleichfutter wird zusätzlich eine Getreidemischung gegeben.

Circa 90 Prozent der Futtermittel stammen aus eigener Produktion, der Rest wird aus Österreich zugekauft.

Zusätze wie Antibiotika, Masthilfsmittel, Farbstoffe und gentechnisch verändertes Getreide sind verboten.

Transport und Schlachtung:

Das Milchkitz wird zwischen 8 und 10 Wochen mit einem Schlachtgewicht von circa 5 bis 7 Kilogramm geschlachtet.
Das klassische Kitz wird zwischen 3 und 6 Monate geschlachtet und weist ein Schlachtgewicht von circa 10 Kilogramm auf.

Pinzgauer Kitz wird sowohl in einem EU-zertifizierten Schlachthof in der Region als auch in regionalen Fleischereien geschlachtet.
Durchschnittlich werden pro Jahr rund 300 Tiere geschlachtet.

Die Tiere werden von den Bauern selbst auf kurzen Transportwegen zum Schlachthof gebracht, um den Stress für die Tiere zu vermindern und eine bessere Fleischqualität zu erhalten.

Nach der Schlachtung werden die Schlachtkörper durch Veterinäre offiziell untersucht. Anschließend wird das Fleisch kurz für einige Tage in den Kühl- und Reifungsräumen der Schlachter gekühlt und gereift, um eine Austrocknung oder andere Verluste zu verhindern.

Die Zerlegung und Verarbeitung des Fleisches erfolgen sowohl bei den Schlachtern als auch bei den Bauern.

Fleischbeschreibung:

Das Kitzfleisch ist besonders saftig und mager.
Das Fleisch vom Milchkitz weist eine helle Farbe auf, das klassische Kitzfleisch eine rote.
Es gibt keine EUROP-Klassifizierung.

Ernährungsaspekte von Kitzfleisch:

Mageres Kitzfleisch enthält durchschnittlich:
75 Prozent Wasser
21 Prozent Eiweiß
6 bis 8 Prozent Fett
1 Prozent Mineralstoffe und Vitamine sowie konjugierte Linolsäure

150 Gramm Kitzfleisch decken circa ein Drittel des empfohlenen täglichen Eisen- und Zinkbedarfes, über 100 Prozent des täglichen Bedarfs an Vitamin B12, circa die Hälfte des täglichen Niacinbedarfes, circa ein Viertel der täglichen Menge an Vitamin B6 sowie ein Drittel der empfehlenswerten täglichen Menge an Vitamin B1 und B2.

Qualitätskontrolle:

Ein internes Qualitätsmanagement mit unabhängigen Kontrollstellen befindet sich im Aufbau.

Vermarktung:

Pinzgauer Kitz wird über den „Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen“ sowie über die Bauern direkt und über die Gastronomie vermarktet.

Pinzgauer Kitz ist vorzugsweise zu Ostern und zu Pfingsten vermarktet.

Ursprungsnachweis:

Die Kitze werden, gemäß der österreichischen Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2007, mit offiziellen Marken (Ohrmarken) gekennzeichnet und registriert.

Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet und Traditionellem Wissen

  • Besondere Boden- und Klimaverhältnisse in der Region Pinzgau bedingen eine reichhaltige lokale Flora, die eine extensive Haltung von Pinzgauer Kitz auf Weiden ermöglicht.
  • Pinzgauer Kitz umfasst regionaltypische Ziegenrassen, die optimal an die Klimaverhältnisse in der Region angepasst sind.
  • Traditionelle Haltungssysteme: Extensivhaltung der Herden auf Weiden während der Vegetationszeit.
  • Dank dieser Haltungsweise kann Kitzfleisch mit charakteristischen Merkmalen bezüglich Zusammensetzung und Marmorierung erzeugt werden. Das Fleisch besitzt ein einzigartiges Aroma und einen einzigartigen Geschmack, welche in direkter Beziehung zur aufgenommenen lokalen alpinen Flora stehen.
  • Die Aufzucht des Pinzgauer Kitz ist das Ergebnis Traditionellen Wissens, das von Generation zu Generation weitergegeben wird: Wissen und Erfahrung der Tierhalter (Anpassung der Haltung der Herde an die Gegebenheiten der Umwelt, historische Auswahl von Lokalrassen, Know-how der Hirten, Art der Kitzfleischproduktion, Haltung in Berggebieten, Verbesserung des Erbguts), Know-how der Schlachter (Tiertransport, Erfahrung bei Schlachtung, Zerlegung, Fleischreifung) und die Erfahrung der Erzeugerorganisation (Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen).

Verwertung:

Pinzgauer Kitz wird als Rohware oder als verarbeitetes Produkt angeboten.

Besondere Spezialitäten vom Pinzgauer Kitz sind der Kitzspeck, Würste und Leberkäse sowie das Gebackene Kitz.

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Lebensmittel und Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Salzburg, Pinzgau, Region, Kitz, Pinzgauer Kitz, Pinzgauer Ziege, Tauernschecken, Pfauenziege, Pinzgauer Strahlenziege Edelziege, Gemsfärbige Gebirgsziege

Bibliographie/ Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 25.07.2024.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

DI Bernhard Rinnhofer
Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen
Schwarzstraße 19, 5024 Salzburg
Mobil: +43 664 8846 2401
E-Mail: Bernhard.Rinnhofer@lk-salzburg.at

Autoren

Daniela Trenker M.A., Mag.a Eva Sommer, Dr. Erhard Höbaus