Fleckvieh

Fleckvieh
Foto: Genostar GmbH

Die Aufzucht von Fleckvieh ist das Ergebnis von Traditionellem Wissen um die Zucht und Viehhaltung über Jahrhunderte hinweg in Österreich. Das Fleckvieh ist robust, effizient und nachhaltig.

Registernummer: 103

Offenlegungsdatum

1830 wurden die ersten Simmentaler nach Österreich importiert und durch Einkreuzungen mit lokalen Rassen entstand das Fleckvieh als eigenständige Rasse.

Titel

Fleckvieh

Kurzdarstellung oder Behauptung

Die Aufzucht von Fleckvieh ist das Ergebnis von Traditionellem Wissen um die Zucht und Viehhaltung über Jahrhunderte hinweg in Österreich. Fleckvieh stellt mit rund 1,4 Millionen Tieren 75 % des österreichischen Rinderbestandes. Damit ist Österreich, bezogen auf den länderspezifischen Rassenanteil, das fleckviehreichste Land der Welt. Fleckvieh ermöglicht effiziente Milchviehhaltung mit robusten und anpassungsfähigen Kühen. So erfüllt Fleckvieh die neuen Anforderungen an Tierwohl und Klimawirkung perfekt. Fleckvieh bringt Doppelnutzung und die einzigartige Kombination von Fruchtbarkeit, Eutergesundheit, Stoffwechselstabilität und Resilienz. Fleckvieh kann Milch und Fleisch in höchster Qualität mit weiblichen und männlichen Tieren in Reinzucht produzieren. Das macht Fleckvieh wissenschaftlich belegbar zur Rasse der Zukunft in Ökonomie und Ökologie.

Produktbezeichnung, Produktklasse

Milch, Rindfleisch, Frischfleisch

Name der Region

Österreich

Suchgebiet

Landwirtschaft, Lebensmittel, Milch, Fleisch, Fleckvieh

Name des Informationsgebers

Ing. Johann Tanzler Arbeitsgemeinschaft österreichischer Fleckviehzüchter (AGÖF), Ing. Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria

Name des Antragstellers für den Titel

Keine Angabe

Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen

Keine Angabe

Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels

Keine Angabe

Beschreibung

Geschichte:

Im Zuge der Sesshaftwerdung der Menschen in der Frühzeit gewann die Haltung von Haustieren zunehmend an Bedeutung, da diese die Menschen zunehmend von der Jagd unabhängig machten. Denn die Haustiere lieferten Milch, Fleisch und Eier. Zu den wichtigsten Haustieren gehörte immer schon das Rind. Der Auerochse oder „Ur“ gilt als Stammvater unserer Hausrinder.

Bereits im 5. Jahrtausend vor Christus wurden die natürlichen Weideflächen oberhalb der Waldgrenze in Österreich genutzt. Bereits im 7. Jahrhundert nach Christus begann die alpine Weidewirtschaft und wurde kontinuierlich weiterentwickelt.

Die Rinder sicherten seither das menschliche Überleben, indem sie als Milch- und Fleischlieferanten, aber auch als nützliche Arbeitskraft, beispielsweise im Ackerbau als Zugtiere dienten. Um die jeweilige Nutzung zu optimieren, wurden Rinderrassen in Hinblick auf ihre jeweilige Verwendung gezielt gezüchtet.

Geschichte Fleckvieh:

Das Fleckvieh geht auf Hausrinder im Simmental im Berner Oberland zurück, das bereits im Mittelalter für seine großwüchsigen-gescheckten Rinder bekannt war.

Alten Überlieferungen zufolge sollen bereits die Römer Vieh im Simmental gekauft und diese über Alpenpässe nach Italien getrieben haben. Durch die Völkerwanderung brachten die verschiedenen Kulturen ihre eigenen Tiere mit. Es gab meist keine einheitlichen Rassen, sondern Rinder, die aus verschiedenen Schlägen stammten. Auch das Simmentaler Fleckvieh ist aus verschiedenen lokalen Schlägen entstanden.

Nachweislich begann die Zucht der Simmentaler im 13. Jahrhundert im Kloster Einsiedeln in der Schweiz. Freiherr Rudolf II. von Waediswil hatte zu dieser Zeit die Aufsicht über die Zucht der Simmentaler im Kloster. Den Bauern war es damals nicht erlaubt, Vieh nach eigenem Willen zu züchten. Der Freiherr brachte die Tiere vom Kloster in das Simmental im Berner Oberland. Etwa ab 1459 wurde dann mit der eigentlichen Züchtung des Simmentaler Fleckviehs begonnen.

Bereits um 1750 wurde Simmentaler Fleckvieh exportiert. Bis an den russischen Hof in Sankt Petersburg war das Schweizer Vieh zu finden, wohin sie zu Fuß gelangten. Später übernahm die Eisenbahn den Transport. Allein in Erlenbach im Simmental, wo die Simmental-Linie endete, wurden bis über 5.000 Tiere jährlich verladen. Sie waren wegen ihrer guten Anpassungsfähigkeit ans Klima, ihrer hohen Fruchtbarkeit und ihrer Milch- und Fleischleistung zu einer der beliebtesten Rassen weltweit geworden.

Fleckvieh in Österreich:

Im Jahr 1830 wurden die ersten Simmentaler nach Österreich importiert. Zu dieser Zeit waren die Simmentaler Rinder bekannt für ihre Milch- und Zugleistung. Sie waren jedoch spätreif und großknochig.

Durch die Einkreuzung der Tiere mit lokalen Zweinutzungsrassen wie etwa Weißkopfschecken, Rotscheckenvieh, Ennstaler Bergschecken, Welser Schecken, Innviertler Schecken und Pustertaler Schecken, Oberinntaler, Unterinntaler oder Zillertaler wurde die Entstehung eines mittelrahmigen Tieres mit sehr guter Bemuskelung, guter Milchproduktion und Zugleistung angestrebt. Durch diese Einkreuzungen entstand eine eigenständige österreichische Rinderrasse: das Fleckvieh.

Um 1900 verlagerte sich der Schwerpunkt im Zuchtziel zunehmend auf die Milchleistung. Einkreuzungen führten dazu, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts das leistungsstärkere Fleckvieh andere Rassen, wie zum Beispiel Ennstaler Bergschecken, Murbodner oder Blondvieh zunehmend verdrängte.

Als um 1950 die Abortus-Bang-Seuche, eine durch das Bakterium Brucella abortus verursachte Infektionskrankheit bei Rindern, ausbrach, nutzten viele Bauern die Notschlachtungen zur Umstellung auf Fleckvieh. Während der österreichische Fleckviehbestand im Jahr 1947 noch 36 Prozent ausmachte, waren es 1978 bereits etwa 75 Prozent.

1950 wurde die AGÖF (Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Fleckviehzüchter) gegründet. Die Arbeitsgemeinschaft wurde im Jahr 2021 offiziell in „Fleckvieh Austria“ umbenannt und besteht aktuell aus 11 Mitgliedsverbänden. Fleckvieh Austria ist die Interessensvertretung der österreichischen Fleckviehzuchtverbände und ihrer Mitglieder. Die Arbeitsgemeinschaft ist bestrebt, auf nationaler und internationaler Ebene durch bestmögliche Kooperation im züchterischen Bereich sowie durch modernes Marketing den fleckviehhaltenden Betrieben jene Hilfestellung zu gewähren, die sie zur kontinuierlichen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit benötigen.

In den 1960er Jahren wurde in Österreich mit Mutterkuhhaltung auf Basis des heimischen Fleckviehs begonnen. Daraus entwickelte sich auch die spezielle Zuchtrichtung „Fleckvieh-Fleisch“. Die Mutterkuhhaltung ist eine Form der extensiven Rinderhaltung, bei der Kühe nicht zum Zwecke der Milchgewinnung, sondern zum Zweck der Rindfleischproduktion durch die Aufzucht von Saugkälbern gehalten werden.

2000 wurde von der AGÖF das gemeinsame Zuchtprogramm „Fleckvieh Austria“ erarbeitet. Als Zuchtziel wird die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Milch- und Fleischproduktion unter den gegebenen wirtschaftlichen und natürlichen Rahmenbedingungen angestrebt.

Im Jahr 2011 wurde die genomische Selektion als züchterisches Instrument bei Fleckvieh in Österreich eingeführt und damit verbunden auch die Arbeit in den Zuchtprogrammen adaptiert.

Fleckvieh weist mit 13.918 Zuchtherden und 312.174 Herdebuchkühen die größte Population von insgesamt 15 in Österreich unter Milchleistungsprüfung stehenden Rassen auf.

Gebiet / Region:

Fleckvieh ist in ganz Österreich sowohl in den alpinen Regionen als auch im Flachland verbreitet.

Die Weidehaltung erfolgt vor allem in den Grünlandregionen Österreichs, welche sich von den Niederungen des flachhügeligen Ostösterreichs bis hin zu den niederschlagsreichen Berggebieten erstreckt. Die Weideflächen liegen auf einer Seehöhe zwischen 200 und 2.000 Meter. Die Nutzung reicht von extensiv bis intensiv. Die Alpung von Fleckviehtieren spielt vor allen in den westlichen Regionen Österreichs eine bedeutende Rolle.

Fleckvieh:

Bezeichnung:

Die Benennung der Rinderrasse ist in Österreich, Deutschland und der Schweiz unterschiedlich. In Österreich und Deutschland wird die Bezeichnung „Fleckvieh“ verwendet, während in der Schweiz zwischen Simmental und Swiss Fleckvieh (höherer Anteil an Red-Holstein) unterschieden wird.

Rassenbeschreibung:

Die Rasse ist mittel- bis großrahmig, lang, breit und tief im Rumpf angelegt. Fleckviehtiere haben trockene, in der Stärke zum Körperbau passende Gliedmaßen mit festen Klauen und zeigen eine gute Bemuskelung. Besonderer Wert wird auf die Euter gelegt.

Die Widerristhöhe der ausgewachsenen Stiere beträgt 150 bis 170 Zentimeter bei 1.100 bis 1.300 Kilogramm, die der ausgewachsenen Kühe 145 bis 155 Zentimeter bei 700 bis 850 Kilogramm.

Das gescheckte Haarkleid weist Farbstufungen auf, vom dunklen Rotbraun bis zum hellen Gelb auf weißem Grund. Neben gedeckten und gescheckten Tieren finden sich gelegentlich mit weniger weißen Flecken gedeckte Tiere. Ein wichtiges Kennzeichen bildet der weiße Kopf (wobei Augenringe beziehungsweise Pigmente im Augenbereich vorkommen) mit breitem rosa Flotzmaul.

Eigenschaften:

Fleckvieh ist eine fitnessstarke und leistungsbereite Doppelnutzungsrasse.

Die vielschichtige Rasse Fleckvieh besitzt eine genetisch verankerte hohe Grundfruchtbarkeit mit problemlosen Kalbeverlauf sowie hervorragende Stoffwechselstabilität. Fleckvieh zeichnet eine lange Nutzungsdauer und starke Resilienz aus. Das ist die Eigenschaft, sich auf wechselnde Umweltbedingungen hinsichtlich Haltungsforum und Futterangebot anzupassen – selbst unter extremen Bedingungen.

Fleckviehtiere besitzen eine hohe Wachstumsleistung, eine optimale Futterverwertung, einen sehr guten Fleischansatz sowie ein langanhaltendes Muskelwachstum. Die Rasse weist eine hohe Schlachtausbeute, beste Masteigenschaften und gute Schlachtkörperqualitäten auf.

Die Kälber gelten als vital und widerstandsfähig. Männliche Fleckviehkälber aus der Milcherzeugung eignen sich Gegensatz zu einseitigen Milchrassen bestens für die Qualitätsrindermast! Durch das hohe Grundfutteraufnahmevermögen werden sehr gute Zunahmen und hohe Endgewichte erreicht.

Die Kühe weisen zudem ausgeprägten Mutterinstinkt und einen ruhigen Charakter auf. So kann der Mutterkuh in dieser Haltungsform auch ein zweites Kalb zugeführt werden.

Als Milchkühe besitzen sie eine hervorragende Milchleistung gepaart mit hohen Milchinhaltstoffen und bester Eutergesundheit. Denn als robuste Rasse punktet Fleckvieh mit einer enorm hohen Resistenz gegen Euterentzündungen, erwiesen durch das flächendeckende österreichische Gesundheitsmonitoring. Dies wirkt sich auch auf die Milchqualität aus.

Genetisch hornlose Tiere können in allen im Zuchtziel definierten Merkmalen zunehmend überzeugen.

Erzeugungsverfahren:

Zucht/Mast:

Dank seiner Anpassungsfähigkeit kommt das Fleckvieh mit allen Klimabedingungen gut zurecht und eignet sich hervorragend für alle gängigen Haltungsformen sowie die die Weide- und Almwirtschaft.

Das Erstkalbealter der Kühe liegt durchschnittlich bei aktuell bei 29 Monaten. Im Durchschnitt werden 95 Prozent der weiblichen Tiere künstlich besamt.

Österreich hat als eines der ersten Länder den ökonomischen Gesamtzuchtwert als Hauptindex für die Selektion eingeführt. Dabei werden alle Eigenschaften eines Tieres erfasst, damit diese bei der Selektion berücksichtigt werden können.

Der große Erfolg der Fleckvieh-Genetik aus Österreich beruht auf einem hochprofessionellen Zuchtprogramm. Es enthält flächendeckende Leistungs- und Qualitätskontrollen mit Erfassung von Parametern zur Tier- und Klauengesundheit, Stoffwechselstabilität, Futtereffizienz und Umweltwirkung. All diese Daten münden in eine darauf aufbauende Zuchtwertschätzung, die in Österreich, Deutschland und Tschechien länderübergreifend gemeinsam erfolgt.

Mithilfe der genomischen Selektion ergibt sich aufgrund der genetischen Varianz und der geringen Inzucht ein ungeahntes Potenzial bei den funktionalen Merkmalen.

Die österreichische Fleckviehzucht strebt ein produktionsstarkes Doppelnutzungsrind mit den Leistungsmerkmalen Milch (38 Prozent), Fleisch (18 Prozent) und Fitness (44 Prozent) an. Ziel ist eine Verbesserung der Eiweißmenge und der Fitness beziehungsweise Gesundheit der Tiere unter Konstanthaltung der Fleischleistung sowie eine Steigerung der Lebensleistung.

Die milch- oder fleischbetonte Doppelnutzungsrasse ist ein ausgezeichneter Kreuzungspartner in der Mutterkuhhaltung und Fleischproduktion, ebenso wie für die Milchproduktion.

Fütterung:

Das Futterangebot ist von Region zu Region unterschiedlich. Grundlage der Rationen sind Grundfuttermittel wie Gras- und Maissilage, Heu, Weidegras sowie Ergänzungsfuttermittel auf Getreidebasis.

Transport und Schlachtung:

Die männlichen Tiere, welche für die Rindermast bestens geeignet sind, werden zwischen 15 und 20 Monaten bei einem Schlachtkörpergewicht von 350 bis 450 Kilogramm geschlachtet. Nach der Schlachtung werden die Schlachtkörper durch Veterinäre offiziell kontrolliert und nach EUROP-Klassifizierung beurteilt.

Fleischbeschreibung:

Fleckvieh liefert zartes und gut marmoriertes Fleisch. Knapp 70 % der Schlachtkörper entsprechen den Fleischklassen E und U.

Ursprungsnachweis:

Fleckvieh ist identifiziert durch offizielle Ohrmarken, gemäß der österreichischen Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung, und ist in einer Datenbank registriert.

Die Rückverfolgbarkeit sowohl der Rinder als auch des Herkunftsbetriebes wird am Verkaufsort durch das „bos“ System der AMA (Agrarmarkt Austria) sichergestellt. Das „bos“ Symbol ist ein Kennzeichen für Rindfleisch und garantiert die volle Rückverfolgbarkeit von der Geburt des Tieres an bis zum Fleisch.

Qualitätskontrolle:

Für das Zuchtprogramm Fleckvieh Austria ist eine verpflichtende Leistungs- und Qualitätskontrolle der Tiere vorgesehen, die nach den Bestimmungen der Rinderzucht Austria von den regional zuständigen Landeskontrollverbänden durchgeführt wird. Es werden sowohl Produktions- als auch Reproduktionsparameter erfasst.

Vermarktung:

Österreich ist nicht nur ein Ursprungsland der Fleckviehzucht, sondern in Relation zur Rinderpopulation auch das erfolgreichste Exportland für Fleckvieh-Zuchtrinder. Pro Jahr werden zwischen 25.000 und 30.000 Fleckvieh-Zuchtrinder über Zuchtrinderversteigerungen und Ab-Hof Ankäufe national und international vermarktet.

Pro Jahr werden zwischen 60.000 und 70.000 Fleckvieh-Kälber zur Mastnutzung über Kälbermärkte vermarktet und sichern damit die Produktion von Qualitätsrindfleisch in Österreich.

Fleckvieh Fleisch und Milch werden frisch oder verarbeitet ganzjährig ab Hof, über den Lebensmitteleinzelhandel, sowie über die Gastronomie und Fleischereien angeboten

Schutz:

Keine Angabe

Schlüsselworte

Landwirtschaft, Traditionelles Wissen, Österreich, Lebensmittel, Milch, Fleisch, Fleckvieh

Bibliographie / Referenzen

Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 03.01.2023.

Sprachcode

Deutsch

Regionaler Ansprechpartner

Ing. Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria

Autoren

Ing. Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria

Daniela Trenker B.A., Mag.a Eva Sommer