Hauswürstel
Die Herstellung von Hauswürsteln gehörte traditionell zum Standardrepertoire des Hausschlachtens.
Registernummer: 228
Offenlegungsdatum
Die Kochbücher des Mittelalters und der Renaissance empfehlen das Fleisch von fast allen essbaren Tieren auch zur Wurstverarbeitung. Die Herstellung von Hauswürsteln gehörte traditionell zum Standardrepertoire des Hausschlachtens und wurden in regional sehr unterschiedlich geprägten Rezepturen hergestellt.
Titel
Hauswürstel
Kurzdarstellung oder Behauptung
Hauswürstel sind Würste aus Schweine- und Rindfleisch oder auch nur Schweinefleisch mit sichtbarer, dominierender Einlage von Schweinefleisch mager und fett beziehungsweise Schweinebauch, in einer Körnung zwischen 5 und 8 Millimeter. Sie werden meist in Schweinesaitlinge (Schweinedünndärme) beziehungsweise in essbare Kollagendärme gefüllt. Hauswürstel werden entweder als schnittfeste, kaltgeräucherte Rohwürste ohne Belag hergestellt, und kalt zur Brettljause oder aber auch heiß serviert, oder als heißgeräucherte und gebrühte Fleischwurst (Brühwurst) hergestellt und in der Regel heiß genossen.
Produktbezeichnung, Produktklasse
Wursterzeugnisse, Fleischprodukte
Name der Region
Österreich
Suchgebiet
Lebensmittel und Speisen
Name des Informationsgebers
DI Wolfgang Wernert
Name des Antragstellers für den Titel
Keine Angabe
Inhaber des Wissens oder zugehöriger Quellen
Keine Angabe
Empfänger, Inhaber, Bevollmächtigter, Eigentümer eines Titels
Keine Angabe
Beschreibung
Geschichte:
Die Herstellung verschiedenster Würste ist seit der Antike bekannt. Vorläufer der heutigen Sorten finden sich im Mittelalter. Die Kochbücher des Mittelalters und der Renaissance empfehlen das Fleisch von fast allen essbaren Tieren auch zur Wurstverarbeitung.
Hauswürstel, also Würstel nach Art des Hauses, werden vermutlich seit Beginn der Schweinehaltung und regional oftmals nach individueller Rezeptur produziert. Die Herstellung von Hauswürsteln gehörte traditionell zum Standardrepertoire des Hausschlachtens.
Heute werden je nach Gegend die Hauswürstel heiß geräuchert und gebrüht (wie zum Beispiel Burgenländische Hauswürstel) aber auch roh (eher alpine Gegend) hergestellt.
In den Kochbüchern, die dem römischen Gourmet Apicius zugeschrieben werden (2. Jahrhundert vor Christus, und Ergänzungen bis etwa 400 nach Christus), kann die Variationsbreite von Würsten mit allerlei Fleischeinlage nachempfunden werden. Man kannte wohl bereits das Räuchern. Die Verwendung von Salpeter zur Konservierung und zum Erhalt der gewünschten Fleischfarbe wurde erst sehr viel später entdeckt.
Traditionell wurde in Europa vor allem vor Feiertagen, wie Weihnachten oder Ostern, sowie in der kalten Jahreszeit geschlachtet. Diese Zeit war arbeitsärmer und überdies hielt sich Frischfleisch in der kalten Jahreszeit länger. Was nicht sehr bald gegessen wurde, musste eingesalzen (gepökelt) werden.
Überlieferungen zur Herstellung der klassischen Rohwürste kennt man erst seit circa 250 Jahren. Früher konnte die Herstellung von Rohwürsten aus hygienischen und technologischen Gründen ja nur in den kalten Jahreszeiten, von Oktober bis März, erfolgen. Begriffe wie „Wintersalami“ und „Sommerwurst“ weisen auf diesen Umstand hin.
Die damalige Küchentechnik erlaubte es außerdem nicht, so einfach wie heute feinstzerkleinerte Massen („Farce“ oder „Fasch“) herzustellen. Das Fleisch wurde mehr oder weniger „fein gehackt“ - und nur für die „feine Küche“ im Mörser zerrieben - mit vorhandenen Gewürzen oder sonstigen Zutaten vermengt und schließlich in die gut gereinigten Tierdärme gefüllt. Dann wurde es entweder gleich gekocht und gebraten und/oder zum Trocknen und Kalträuchern aufgehängt. So entwickelte jede Region ihre typischen Produkte.
Im 18. und 19. Jahrhundert waren die Würste, laut Anna Dorns „Neuestem Universal- oder: Wiener Kochbuch“ aus 1827, vor allem eine „sehr beliebte und schmackhafte Garnierung der Zuspeisen“ und bei der ärmeren Bevölkerung ausgesprochen beliebt.
Das Selber-Wursten gehörte zu Katharina Pratos Zeiten (1818 bis 1897) noch zu den selbstverständlichen Fertigkeiten, die sie in ihrer Haushaltskunde aus 1873 (nebst den Grundtechniken des Pökelns und Räucherns) beschreibt.
Über die Wurst ist auch im „Universallexikon der Kochkunst“ (1893) zu lesen: „Eine allgemein bekannte und beliebte Speise aus dem kleingeschnittenen oder gehackten Fleisch und Fett, häufig auch dem Blut, der Leber und anderen Theilen des Schweins, wozu man auch bisweilen Rindfleisch mit verwendet, und welche mit Gewürzen und Kräutern vermischt und in gut gereinigte Schweins- und Rinderdärme gefüllt wird, um dann in einem Kessel gekocht, häufig auch geräuchert zu werden.“
Bei dem Sprichwort „Es geht um die Wurst“ handelt es sich um eine Redewendung, die im übertragenen Sinne bedeutet, sich für eine Sache besonders einzusetzen, da bei einer möglichen Entscheidung etwas Wichtiges auf dem Spiel steht. Diese Wendung bezieht sich ursprünglich auf volkstümliche Wettkämpfe, bei denen tatsächlich eine Wurst zu gewinnen war.
Gebiet/ Region:
Österreich
Hauswürstel:
Einteilung:
Das Hauswürstel und ihm ähnliche Erzeugnisse gibt es in zwei, heute grundsätzlich zu unterscheidenden Varianten nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch Codexkapitel B14:
- als Brühwurst, Unterkategorie Fleischwurst (heißgeräucherte und gebrühte Ware) sowie
- als Rohwurst (schnittfest und ohne Belag), kaltgeräuchert
Produkte mit der Bezeichnung „Hauswürstel“ finden sich im Österreichischen Lebensmittelbuch als „Burgenländische Hauswürstel“ (= Fleischwurst), und „Hauswürstel roh“ (= Rohwurst ohne Belag).
Heute werden Hauswürstel in der Variante als Rohwurst sowohl kalt zur Brettljause als auch heiß serviert. Als heißgeräuchertes Würstel (in der Variante als Fleischwurst) werden sie in der Regel mit Senf und Gebäck oder zu Gemüse mit Kartoffeln heiß genossen.
Methode der Herstellung:
Hauswürstel sind eine meist in Schweinesaitlinge (Schweinedünndärme) gefüllte Masse von Schweine- und Rindfleisch (oder auch nur Schweinefleisch) mit sichtbarer, dominierender Einlage von Schweinefleisch mager und fett beziehungsweise Schweinebauch, in einer Körnung zwischen 5 und 8 Millimeter.
Hauswürstel werden geräuchert.
Herstellung als Fleischwurst (zum Beispiel Burgenländisches Hauswürstel)
Codexkapitel B14, Fleischwürste, B.4.2.2.4 nach Sorte 2a:
100 Kilogramm Masse setzen sich zusammen aus:
20 Kilogramm Brät (hergestellt aus 14 Kilogramm Rindfleisch und 6 Kilogramm Wasser/Eis)
55 Kilogramm Rindfleisch/Schweinefleisch
25 Kilogramm Speck
Diese Masse wird mit einer Körnung von circa 8 Millimeter im Kutter gemischt und in Schweinesaitlinge gefüllt. Zunächst wird die Ware umgerötet, dabei auf 50 Grad Celsius angewärmt und bei 55 bis 60 Grad Celsius getrocknet. Anschließend wird das Fleisch bei 60 bis 65 Grad Celsius mit Buchenholzrauch heiß geräuchert, zwischen 75 und 78 Grad Celsius gebrüht und dann mit Wasser auf eine Kerntemperatur von 20 bis 15 Grad Celsius abgekühlt, meist im Intervallduschverfahren. Abschließend wird auf eine Lagertemperatur von 2 bis 4 Grad Celsius weitergekühlt. Alternativ kann man Hauswürstel auch nach der Umrötephase mit Heißrauch in trockener Atmosphäre durcherhitzen (= Selchbraten). Dabei steigt im Allgemeinen die Temperatur von 60 Grad Celsius auf 75 bis 80 Grad Celsius oder sogar darüber hinaus, was stark vom Produkt abhängig ist. Die relative Luftfeuchte beträgt dabei etwa 82 bis 86 Prozent. Dann folgt wiederum die Abkühlung bis zur Kühlraumtemperatur von circa 2 bis 4 Grad Celsius. Weiters gibt es die Variante, das fertige Produkt noch einmal kalt nachzuräuchern (bei etwa 22 Grad Celsius), was ein intensiveres Räucheraroma und mehr Abtrocknung und somit eine längere Haltbarkeit gewährleistet.
Herstellung als Rohwurst (zum Beispiel Hauswürstel roh)
Codexkapitel B14, Rohwürste, B.4.5.1.2 Rohwürste ohne Belag, Sorte 2:
Die Masse setzt sich zusammen aus:
2/3 Rindfleisch und/oder Schweinefleisch
1/3 Speck
Die nachfolgende Kalträucherung erfolgt bei maximal 25 Grad Celsius, der Trockenverlust beträgt circa 15 Prozent.
Auch die Rohwürstel sollten nach erreichter Abtrocknung kühl und trocken bei 2 bis 4 Grad Celsius gelagert werden. Aus den angegebenen Basisrezepturen ist erkennbar, dass der wesentliche Unterschied in der Materialzusammenstellung darin liegt, dass bei der gebrühten Variante ein Teil des Rohmateriales als Brät (also Fleisch mit etwas Wasser zum Aufschluss des Eiweißes) eingesetzt wird. Die Würzung ist regional sehr unterschiedlich. Es wird unter anderem Pfeffer, Neugewürz, Kümmel und Knoblauch verwendet. Regional werden Hauswürstel roh auch als „Bauernkrainer“ bezeichnet. Sie werden verpackt als solche bezeichnet; werden sie unverpackt in Verkehr gebracht, genügt die Bezeichnung „Hauswürstel“.
Ähnliche Erzeugnisse:
Dem Hauswürstel ähnliche Erzeugnisse sind laut Codexkapitel B14 die geräucherten und gebrühten Fleischwürste wie Krainer, Schweinswürstel, Selchwürstel und dergleichen sowie die kaltgeräucherten Rohwürste wie Knoblauchwurst und dergleichen. Die Basisrezeptur sowie die Machart dieser Würstel sind gleich, jedoch unterscheiden sie sich in ihrer Würze sowie in ihrem Schnittbild. Die Krainer ist gröber und etwas anders gewürzt.
Schubwurst:
Eine Variante des erhitzten Hauswürstels stellt die sogenannte Schubwurst dar, eine Form, die aus dem Weinviertel oder der Gegend um Loipersbach im Burgenland stammt. Der Namen soll von der Produktionsweise abgeleitet sein: man hat früher Schweinefleisch und Speck in Streifen geschnitten, mit Schweinsnetz umgeben, und diese Füllung anschließend in einen Wurstdarm „geschoben“, der dann einer weiteren Bearbeitung (Räucherung, Brühung) unterzogen wurde.
Weitere Varianten:
Weitere neue Varianten sind Hauswürstel vom Turopolje Schwein (eine Nachzüchtung einer alten Rasse) oder Spezialitäten vom Rind, wie zum Beispiel vom Waldviertler Rind die „Weidewürstel“ oder ähnliche Produkte mit einer Variation regionaler Vielfalt, zum Beispiel Weinviertler Hauswürstel, Veltliner Würstel, Knoblauchwurst et cetera.
Wenn man allerdings das Produktangebot betrachtet, das unter Hauswürstel am Markt ist, so scheinen die rohen Produkte an der Zahl der Anbieter bei Weitem zu überwiegen (Kärntner Hauswürstel, Tiroler Hauswürstel, Steirische Hauswürstel, Kürbiskernhauswürstel, Picknick-Würstel, Jausenwürstel et cetera).
Produzenten:
Industrielle und gewerbliche Erzeuger, Direktvermarkter
Schutz:
Keine Angabe
Schlüsselworte
Lebensmittel und Speisen, Traditionelles Wissen, Österreich, regionale Spezialitäten, Fleischwurst, Rohwurst, Wurst, Hauswürstel, Krainer, Bauerkrainer, Schubwurst
Bibliographie/ Referenzen
- MAIER-BRUCK F. Vom Essen auf dem Lande, 2. Auflage, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien, 1995, Seite 22, 84, 590f.
- MAIER-BRUCK F. Klassische österreichische Küche. Seehamer Verlag, Wayarn, 2008, Seite 331ff.
- POPPMEIER A. Das Fleischer- und Selcherhandwerk, Verlag der Wirtschaftgenossenschaft der deutschen Tierärzte Österreichs, Wien, 1925; Seite 77
- SPINDLER F. et alii Fachkunde im Fleischhauer- und Fleischselchergewerbe. Ein Handbuch für das fleischverarbeitende Gewerbe Österreichs, Verlag des Bundesfachverbandes der Fleischhauer und Fleischselcher Österreichs, Wien, 1931, Seite 288
- WAGNER C. Prato – Die gute alte Küche. Pichler Verlag, Wien, 2006, Seite 308ff.
- Weinviertler Schubwurst
Persönliche Mitteilung: DIin Margit Pfaffl; Private HTL für Lebensmitteltechnologie, 2020 Hollabrunn; April 2009 - Bauernwürstel
- Der Geschmack der Stadt. Der Wiener Würstelstand – Nahversorger und Imageproduzent
- Fleischwürste
- Hauswürstl
- Hauswürstel vom Turopolje Freilandschwein
- Kärntner Hauswürstel
- Käsekrainer
- Käsekrainer
- Knoblauchwurst
- Krain
- Krajnska Klobasa – Krainerwurst
- Kürbiskern Hauswürstel
- Loipersbacher Schubwurst
- Lucanicae
- Österreichisches Lebensmittelbuch IV. Auflage: Codexkapitel B14 Fleisch und Fleischerzeugnisse
- Qualitätshandbuch für Fleisch und Fleischerzeugnisse aus bäuerlicher Produktion. Kapitel 8: Wursten.
- Verwendung von Fleisch
- Wurst
Letzter Zugriff aller Internetreferenzen erfolgte am 23.11.2023.
Sprachcode
Deutsch
Regionaler Ansprechpartner
Keine Angabe
Autoren
DI Wolfgang Wernert, Daniela Trenker B.A., Mag.a Eva Sommer