Hydrographie in der Erde
Um die Wasserbewegung im Boden besser verstehen zu können, betreibt die Hydrographie an 11 unterschiedlichen Standorten in Österreich Messeinrichtungen mit tiefengestuften Sensoren.
Wie breitet sich das Wasser im Boden aus?
Der oberste Bereich der Erdkruste ist der Boden. Dieser ist durch Verwitterung, Um- und Neubildung (natürlich oder anthropogen verändert) entstanden und verändert sich ständig (ÖNORM L1050). Er besteht aus festen anorganischen (Mineralanteil) und organischen (Humus und Lebewesen) Teilen sowie aus Hohlräumen, die mit Wasser und den darin gelösten Stoffen gefüllt sind.
Sowohl die Menge und Spannung des Wassers im Boden als auch die Ermittlung der Grundwasserneubildung durch Messungen im ungestörten Medium sind die Ziele des Messprogramms im Boden und in der ungesättigten Zone.
Eine komplexe und nicht einfache Aufgabe.
Mit dem Ausbau der Messstellen wurde 1997 begonnen. Bis zum Jahr 2009 wurde das Messnetz auf 11 Messstellen erweitert (siehe Bild 1 der Bildergalerie). Koordiniert wurde die Errichtung durch die Abteilung I/3 – Wasserhaushalt, die Betreuung vor Ort erfolgt durch das Personal der hydrographischen Organisationseinheiten in den Bundesländern. Da die Kosten für die Errichtung, die Wartung und das Datenmanagement einer derartigen Messstelle sehr hoch sind, wurde danach der weitere Ausbau gestoppt. Vorerst galt es die Zuverlässigkeit der Sensoren (TDR- und FDR-Sonden für den volumetrischen Wassergehalt, Tensiometer und Watermark-Gipsblöcke für die Wasserspannung) und die Methode zur Berechnung der Grundwasserneubildung zu verbessern.
Wie wird gemessen?
Jede Messstellen besteht aus 1 oder 2 Freilandprofilen. Die Freilandprofile reichen bis zum anstehenden Muttergestein beziehungsweise bis zur nicht mehr wurzelbeeinflussten Bodenschichte in eine Tiefe von 0,5 bis 3 m. An diesen Messstellen (Bild 1 der Bildergalerie) werden die im Boden gespeicherten Wassermengen, die Bindungsintensität des Bodenwassers (Matrixpotential) und die Bodentemperaturen erfasst. In Leutasch, Achenkirch, Gumpenstein, Pettenbach und Frauenkirchen wird zusätzlich die in den Untergrund versickernde Wassermenge in zumeist 1,5 m Tiefe unter Gelände mittels Lysimeter gemessen. Damit soll die Wasser-Speicher- und -Transportfunktion der ungesättigte Zone als pulsierendes Bindeglied zwischen Atmosphäre und Grundwasser beobachtet werden.
Wie viel Wasser ist im Boden gespeichert?
Das Ziel ist es, durch eine tiefenabgestufte Erfassung der Bodenfeuchte und des Matrixpotentials an jeder Messstelle, die Bodenwasservorräte und deren Dynamik kontinuierlich zu erfassen. Zusätzlich werden die standörtlichen Wetterdaten, als Randbedingung zur Atmosphäre und die lokalen Grundwasserstände als untere Randbedingung simultan erhoben. Mit diesen Daten ist es für die einzelnen Standorte möglich die im Boden gespeicherten Wasservorräte, die Grundwasserneubildung und die aktuelle Verdunstung zu berechnen.
Die bisher ausgewerteten Daten brachten wertvolle Erkenntnisse über die Zeitverzögerung von Sättigungsdefiziten oder –überschüssen im Ober- und Unterboden gegenüber dem Niederschlag. Damit können die Parameter des unteririschen Speichers bei der Modellierung des Wasserhaushaltes und für die Anwendung von Niederschlags- Abflussmodellen verbessert werden. Mit Hilfe der ermittelten Grundwasserneubildungen wiederum wurden Grundwassermodelle optimiert.
Aufgrund der räumlich sehr unterschiedlichen Prozesse sind mit wenigen Messstellen nur unter Zuhilfenahme weiterer Informationen wie zum Beispiel der österreichischen Bodenkarte oder Scatterometerdaten flächendeckende Aussagen zur Grundwasserneubildung und zur Speicherkapazität im Boden zu machen. Für flächenhafte Bewertungen kommen bodenhydrologische Modelle sowie Niederschlags- Abflussmodelle zum Einsatz.
Wie kommt man zu den Daten?
Im Jahrbuch der Hydrographie Österreichs 2006 wurden erstmals detaillierte Auswertungen des Wasserhaushaltes in der ungesättigten Zone, Profilwassergehalt, Grundwasserneubildung und eine am Standort bilanzierte tatsächliche Verdunstung in mm veröffentlicht. Auf Grund fehlender Ressourcen konnten diese Auswertungen in den folgenden Jahrbüchern zwar nicht mehr veröffentlicht werden, die Messreihen werden jedoch nach wie vor im Hydrographischen Datenmanagement – HyDaMS – gespeichert und für interne Auswertungen verwendet.
Für wissenschaftliche Projekte im Zusammenhang mit der hydrologischen Prozessforschung und für Aufträge des BML können die Daten der Messparameter und weitere bodenphysikalische Kennwerte zum Bodenprofil, wie Sieblinien, Funktionen des Wassergehalts, sowie Leitfähigkeit- Matrixpotentialbeziehung durch die Abteilung I/3 - Wasserhaushalt im BML (wasserhaushalt@bml.gv.at) zur Verfügung gestellt werden.
Zusammenarbeit und Unterstützung
Ein derartiges Messnetz aufzubauen und zu betreiben ist alleine mit den der Hydrographie Österreichs zu Verfügung stehenden Mitteln nicht möglich. Nur mit der Unterstützung und Mithilfe nachfolgend genannter Institutionen war es möglich, den derzeitigen Ausbau zu realisieren:
- Bundesamt für Wasserwirtschaft, Institut für Kulturtechnik und Bodenwasserhaushalt;
- Bundesforschungszentrum für Wald (BFW), Institut für Naturgefahren, Abteilung Schnee und Lawine;
- Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein, Institut für Pflanzenbau und Kulturlandschaft, Abteilung Umweltökonomie;
- Abteilung Grund- und Trinkwasserwirtschaft der OÖ Landesregierung;
- Büro wpa, Beratende IngenieuereGmbH, 1090 Wien.