Klimawandel und seine Auswirkung auf Schnee- und Gletscherschmelze im Rheingebiet
Der Rhein ist einer der größten Ströme Europas, der wasserreichste Nordseezufluss und eine der verkehrsreichsten Wasserstraßen der Welt. Seine Wasserführung wird wesentlich von Schnee- und Gletscherschmelze in den Alpen geprägt. Aber wird das auch so bleiben?
Ein Strom mit vielen Funktionen
Von der Quellregion in den Alpen bis zur Mündung in die Nordsee in den Niederlanden durchqueren der Rhein und seine Nebenflüsse verschiedenste Landschaftstypen. Neun Länder haben Anteile an seinem Einzugsgebiet. Das Flusssystem unterliegt einer vielfältigen und intensiven Nutzung. Eine immense Bedeutung kommt ihm für die Energieerzeugung, die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser, für die Schifffahrt, aber auch für die Erholung zu. Dass der Rhein ein wertvolles Ökosystem ist, versteht sich von selbst.
Wie viel Wasser liefern Schnee und Gletscher dem Rhein – heute und in Zukunft?
Der Abfluss des Rheins wird in seinem Jahresverlauf sehr stark durch das Schmelzwasser von Schnee und Gletschern aus den Alpen geprägt. Besonders in den Sommermonaten und bis in den Frühherbst, liefert das Schmelzwasser einen bedeutenden Beitrag zum Abfluss.
In den vergangenen Jahren kam es vor allem an Mittel- und Niederrhein wiederholt zu Niederwasserperioden mit negativen Auswirkungen auf Industrie und Schifffahrt. Sind diese Niederwasserperioden noch innerhalb der natürlichen Varianz oder bereits ein Ergebnis der Veränderungen, ausgelöst durch den Klimawandel? Der seit drei Jahrzehnten andauernde Anstieg der Lufttemperatur beschleunigte den Gletscherrückgang in den europäischen Alpen. Wie sich der Rückzug der Gletscher und das sich verändernde Verhältnis zwischen festem und flüssigem Niederschlag im Winter auf das Abflussregime des Rheins auswirken werden, dazu gibt es bisher noch wenige quantifizierende Forschungsergebnisse. Darum hat die Internationale Kommission für die Hydrologie des Rheineinzugsgebietes KHR (englisch CHR) im Jahr 2012 ein Projekt mit dem Thema „Abflussanteile aus Schnee- und Gletscherschmelze im Rhein und seinen Zuflüssen vor dem Hintergrund des Klimawandels“ initiiert, finanziert und begleitet.
Das Projekt „Abflussanteile aus Schnee- und Gletscherschmelze im Rhein“
In der ersten Phase des Forschungsprojekts wurden die Abflussanteile aus Regen sowie aus Schnee- und Gletscherschmelze auf Tages- und Monatsbasis für den Zeitraum von 1901 bis 2006 ermittelt. Insbesondere die Modellierung und Analyse auf Tagesbasis gab Aufschluss über die Abflussbeiträge zu Extremereignissen, vor allem während Niederwasserperioden am Mittel- und Unterrhein. Eine wichtige Erkenntnis war, dass der Anteil der Gletscherschmelze außerhalb der Alpen zwar gering ist, aber kurzfristig bei spätsommerlichem Niederwasser substanziell zur Stützung des Abflusses im gesamten Rhein beitragen kann.
Die Betrachtung des langen Zeitraums ermöglichte, Trends und Veränderungen in Folge von Klimawandel und Gletscherrückgang sowie durch den Ausbau der Wasserspeicherung in Talsperren sichtbar zu machen und zu erklären. Großer Wert wurde darauf gelegt, die Modellierung durch eine möglichst umfassende Auswertung und Verwendung von Beobachtungsdaten aller Art zu ergänzen.
In einer zweiten Projektphase ist, aufbauend auf diesen Ergebnissen, die Bestimmung der schnee- beziehungsweise gletscherbürtigen Abflussanteile unter zukünftig geänderten Klimabedingungen vorgesehen.
Die erste Phase des Projektes lief über einen Zeitraum von 3 Jahren. Im November 2015 fand der Abschluss-Workshop in Viktorsberg/Vorarlberg statt. Die Präsentation der Ergebnisse des Projektes wurde durch weitere Vorträge zu den Themen „Schnee und Gletscher“ sowie „Hydrologische Modellierung“ umrahmt. Auf der Internet-Seite der KHR/CHR stehen das Programm des Workshops, die Kurzfassungen der Beiträge und die Präsentationen als pdf-Files zum Download zur Verfügung.
Der ausführliche Abschlussbericht ist 2016 erschienen und steht auf der Webseite der KHR zum Download bereit. Ein Synthesebericht mit einer Zusammenfassung der Inhalte und Ziele des Projektes und der wichtigsten Ergebnisse in deutscher und englischer Sprache wurde im Jänner 2017 in gedruckter Form in Schriftenreihe der KHR (KHR-Bericht I-25) publiziert und ist auch auf der KHR-Webseite zum Download verfügbar.
Die KHR – ein Fachgremium für die Zusammenarbeit der Hydrologie im Rheingebiet
Die KHR/CHR wurde 1970 im Rahmen des Internationalen Hydrologischen Programms (IHP) der UNESCO zur Förderung der Zusammenarbeit in internationalen Flussgebieten gegründet. Mitgliedsstaaten sind die Schweiz, Österreich, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande. Als zwischenstaatliche Organisation der Rheinanliegerstaaten erarbeitet die KHR länderübergreifend hydrologische Grundlagen für die nachhaltige Entwicklung im gesamten Rheingebiet. Es werden Datensätze erstellt, Methoden und Verfahren entwickelt und ausgetauscht sowie Grundlagen für Modellanwendungen bereitgestellt. Die KHR beauftragt Projekte und organisiert Workshops zu aktuellen hydrologischen Fragestellungen. In einer eigenen Schriftenreihe sowie im Internet werden die Ergebnisse veröffentlicht.