Kommunale Abwasserrichtlinie: Letzte Hürde genommen

Ein Drohnenfoto der Kläranlage Korneuburg.
Foto: Max Slovencik

Nach intensiven Verhandlungen wurde die kommunale Abwasserrichtlinie (KARL) am 5. November 2024 im Rat für Wirtschaft und Finanzen gebilligt. 24 Mitgliedsstaaten haben sich für die neue Richtlinie ausgesprochen.
 

Einer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU steht nun nichts mehr entgegen. 20 Tage danach tritt die überarbeitete KARL in Kraft. Anschließend haben die EU-Mitgliedsstaaten 30 Monate Zeit, um die neuen Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen, also die betroffenen nationalen Gesetze und Verordnungen zu ändern. Die Anpassung von Kanalisationen und Kläranlagen an die neuen Bestimmungen wird schrittweise bis 2045 erfolgen.

Die eigentliche politische Einigung der europäischen Co-Gesetzgeber ist bereits am 29. Januar 2024 erfolgt. Nun konnte auch das sogenannte Corrigendum-Verfahren abgeschlossen werden: Das neu gewählte Europaparlament hat am 8. Oktober 2024 seine bisherige Position bestätigt. Der Rat hat den Text am 5. November 2024 angenommen.

Die Annahme bedeutet eine umfassende Änderung der KARL. Die KARL wurde im Jahr 1991 veröffentlicht. Ihr Ziel ist es, die Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen von kommunalem Abwasser und dem Abwasser bestimmter Industriebranchen zu schützen. Sie bildet den Rechtsrahmen für die geordnete Sammlung und Behandlung von kommunalem Abwasser in der gesamten Europäischen Union.

Einige wesentliche Änderungen durch die neue KARL sind:

Absenkung des Geltungsbereichs auf 1.000 Einwohnerwerte

Der Geltungsbereich der Richtlinie wird von bisher 2.000 Einwohnerwerten (EW) auf kommunale Kläranlagen ab 1.000 EW ausgeweitet.

Integrierte Bewirtschaftungspläne für Ab- und Regenwasser

Bis 2033 brauchen Siedlungsgebiete ab 100.000 EW, und bis 2039 brauchen ausgewählte Siedlungsgebiete ab 10.000 EW integrierte Bewirtschaftungspläne für kommunales Ab- und Regenwasser. Die Pläne werden mindestens alle 6 Jahre aktualisiert und enthalten Maßnahmen zur Verbesserung der Bewirtschaftung von Ab- und Regenwasser, die auch umzusetzen sind. Blau - grüne Infrastrukturlösungen sollen vorrangig berücksichtigt werden.

Strengere Anforderungen an die Stickstoffentfernung

Große kommunale Kläranlagen ab 150.000 EW müssen bis 2039 eine Entfernungsrate von mindestens 80 % für Stickstoff erreichen. Mittelgroße Kläranlagen ab 10.000 EW haben Zeit bis 2045.

Strengere Anforderungen an die Phosphorentfernung

Für große kommunale Kläranlagen ab 150.000 EW sieht die neue KARL ab 2039 einen Grenzwert von 0,5 mg/L für Phosphor vor. Für mittelgroße Kläranlagen ab 10.000 EW gelten 0,7 mg/L ab 2045.

Neue vierte Reinigungsstufe

Große kommunale Kläranlagen ab 150.000 EW müssen schrittweise bis 2045 mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Entfernung eines breiten Spektrums an chemischen Spurenstoffen nachgerüstet werden. Ebenso müssen ausgewählte mittelgroße Kläranlagen ab 10.000 EW nachgerüstet werden, falls sie in ein Gebiet einleiten, in dem ein Risiko in Hinblick auf Spurenstoffe besteht. Finanziert wird die 4. Reinigungsstufe zu mindestens 80 % über ein System der Erweiterten Herstellerverantwortung. Vereinfacht beschrieben bedeutet das, dass Hersteller, Importeure oder Vertriebspartner aus gewissen Industriebranchen, die Spurenstoff-freisetzende Produkte auf den österreichischen Markt bringen, einen finanziellen Beitrag leisten müssen.

Energieaudits für Kanalisation und Kläranlage

Neu sind verpflichtende Energieaudits für Kanalisationen und Kläranlagen ab 10.000 EW, sowie das Ziel, auf Mitgliedsstaaten-Ebene schrittweise bis zum Jahr 2045 ein Energieneutralitätsziel für diese Kläranlagen zu erreichen. In Summe über Österreich sollen Kläranlagen ab 10.000 EW künftig nicht mehr Energie verbrauchen, als sie erzeugen. Dabei kann die Energie zum Betrieb der Kläranlagen in den Anlagen selbst oder anderswo erzeugt werden. Auch können im Endausbau bis zu 35 % an nicht-fossiler Energie von externen Anbietern zugekauft werden.

Zugang zu sanitären Einrichtungen verbessern

Der Zugang zu sanitären Einrichtungen soll verbessert werden. Gemeinden ab 5.000 EW sollen ermutigt werden, eine ausreichende Anzahl an frei zugänglichen sanitären Einrichtungen in öffentlichen Gebäuden zur Verfügung zu stellen. Gemeinden ab 10.000 EW sollen diese auch im öffentlichen Raum zur Verfügung stellen. Kooperationen mit Gastronomie und Handel sollen verstärkt dazu führen, dass deren sanitären Einrichtungen kostenlos oder gegen geringe Gebühr zugänglich sind.

Weitere Informationen