Stauseen am Unteren Inn
Die Stauseen am Unteren Inn liegen an der oberösterreichisch-bayrischen Grenze im nördlichen Alpenvorland.
Die Stauseen am Unteren Inn liegen an der oberösterreichisch-bayrischen Grenze im nördlichen Alpenvorland. Das Gebiet befindet sich ca. 90 km westlich von Linz. Auch das angrenzende bayerische Gebiet ist als Ramsar-Gebiet ausgewiesen und vom Rat für Vogelschutz mit dem Prädikat „Europareservat“ ausgezeichnet.
Gebietsbeschreibung
Die vier langgezogenen Stauseen am Unteren Inn erstrecken sich auf einer Länge von 24,6 km. Hier wurden in den Jahren 1938 bis 1961 vier Laufkraftwerke errichtet, die den Inn von der Salzachmündung bis Schärding stauen. Innerhalb der Staustufen Ering- Frauenstein, Eggelfing-Obernberg und Schärding-Neuhaus erstreckt sich das Ramsar-Gebiet.
Die weitgefassten Hochwasserschutzdämme umfassen ein ausgedehntes Rückstaugebiet. Große Teile der ehemaligen Staustufe wurden überflutet. Die durch Anlandungen und die nachfolgend einsetzende Sukzession und Zonation der Vegetation bereicherten Feuchtgebiete und Aueninseln verteilen sich im Stauraum.
Diesem vielfältigen und großzügigen, bis zu 3 km breiten Stauraum verdankt das Gebiet seine ornithologische Bedeutung (Dvorak & Karner 1995). Die Stauseen am Unteren Inn sind einer der wichtigsten Rast- und Überwinterungsplätze für Wasservögel in Mitteleuropa. Die bedeutendsten Teilgebiete auf österreichischer Seite sind die Hagenauer Bucht, die Mühlheimer Bänke, die Große Stauseeinsel und die Reichersberger Au.
Die Hagenauer Bucht liegt im oberen Bereich des Rückstauraums des Kraftwerks Ering-Frauenstein. Sie war schon zur Zeit des Einstaus durch eine schmale Landzunge vom Inn getrennt, wird bei Hochwasser aber zeitweise von Seitenarmen der Mattig und nach Dammbrüchen auch vom Inn durchflutet. Dadurch verfüllt sich die Bucht zunehmend mit Sedimenten.
Ähnlich gestaltet wie die Hagenauer Bucht nur etwas kleinflächiger sind die Mühlheimer Bänke im oberen Teil des Stauraums Obernberg. Die Reichersberger Au liegt am rechtsufrigen Terrassenhang, im oberen Teil des Stauraums Schärding-Neuhaus.
Insgesamt sind am Unteren Inn 54 Brutvogelarten als zeitweilige oder regelmäßige Brutvögel beschrieben, davon zahlreiche Reiher- und Entenarten. Eine Besonderheit stellt eine Brutkolonie des Nachtreihers dar, die in den letzten Jahren bis zu 49 Brutpaare aufwies.
Die hohe Sedimentfracht in den Staubereichen des Inn führten zur Verlandung und zur Bildung von Pionierstandorten, auf denen sich zuerst Annuellenfluren und letztlich Auwälder oder Röhrichte entwickeln. Die Verlandung des Unteren Inn mit der entsprechenden Entwicklung von Pflanzengesellschaften ist noch nicht abgeschlossen. Durch Managementmaßnahmen wird versucht, die zeitliche und räumliche Stabilität der Anlandungsflächen zu beeinflussen.
Gebietsdaten und Übersichtskarte
Die wichtigsten Daten des Ramsar-Gebiets "Stauseen am Unteren Inn".
Bundesland: Oberösterreich
Politischer Bezirk: Braunau, Ried
Koordinaten: 48 15'-48 22' N, 13 00'-13 25' E
Seehöhe 317 bis 345 m
Feuchtgebietstyp
- Stausee (Typ 6)
Ramsar-Gebiet seit 1983
Besitzverhältnisse: Grenzkraftwerke AG und Verbundgesellschaft
Fläche 870 ha
Bemerkenswerte Pflanzenarten
Gefährdete Arten: Tannenwedel (Hippuris vulgaris) und Schwanenblume (Butomus umbellatus).
Bemerkenswerte Tierarten
Ausgewählte Tierarten werden nachfolgend genannt:
Der Europäische Biber (Castor fiber) wurde in den 1970er Jahren auf der bayerischen Seite der Innstauseen wiedereingeführt und hat sich im gesamten Gebiet ausgebreitet.
Vorkommen des Seefrosches (Rana ridibunda) und kleine Vorkommen von Springfrosch (Rana dalmatina) und Laubfrosch (Hyla arborea).
National bedeutende Brutbestände von Nachtreiher (Nycticorax nycticorax), Schnatterente (Anas strepera), Kolbenente (Netta rufina (15 %) und Uhu (Bubo bubo). International bedeutender Rastplatz für Wasservögel (Dvorak & Karner 1995).
Brutvögel: *Zwergrohrdommel (Ixobrychus minutus), *Nachtreiher (Nycticorax nycticorax), Schnatterente (Anas strepera), Knäkente (Anas querquedula), Kolbenente (Netta rufina), *Schwarzmilan (Milvus migrans), *Wespenbussard (Pernis apivorus), Turmfalke (Falco tinnunculucs), *Rohrweihe (Circus aeruginosus), Wachtel (Coturnix coturnix) - außerhalb der Stauräume, Uferschnepfe (Limosa limosa), Sturmmöwe (Larus canus), Eisvogel (Alcedo atthis), *Uhu (Bubo bubo), *Grauspecht (Picus canus), *Schwarzspecht (Dryocopus martius), *Blaukehlchen (Luscinia svecica), *Neuntöter (Lanius collurnio), Haubentaucher (Podiceps cristatus) u.v.a.
* Brutvorkommen von Anhang I-Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie
Nahrungsgäste, Durchzügler, Überwinterer:
Seit den 80er-Jahren wurden an den Inn-Stauseen als Durchzugs- und Wintergäste jährlich ca. 6.000-8.000 Wasservögel gezählt, während in den 70er-Jahren jedes Jahr bis zu 40.000 beobachtet werden konnten. Eine mögliche Erklärung ist in der Veränderung der Gewässermorphometrie zu suchen. Die Rückgänge betreffen vor allem die Tauchenten mit heute großteils weniger als 1.000 Exemplare pro Art: Reiherente (Aythya fuligula), Tafelenten (Aythya ferina) und Schellenten (Bucephala clangula). Wichtig für Mauser, Durchzug und Überwinterung sind die Innstauseen für verschiedene Schwimmentenarten: Stockente (Anas platyrhynchos: 4.800/1993), Krickente (Anas crecca: 400/1994), Schnatterente (Anas strepera:750/1993) und Pfeifente (Anas penelope: 95/1994). Bemerkenswerte Ansammlungen betreffen Kormoran (Phalocrocorax carbo: 440/1994), Lachmöwe (Larus ridibundus: 32.000/1994) und Prachttaucher (Gavia arctica: 224/1991), Kampfläufer (Philomachus pugnax: 13.000), Kiebitz (Vanellus vanellus: 8.000) sowie den Großen Brachvogel (Numenius arquata: 400).
Erhaltungsmaßnahmen
Seit 1978 sind die Stauseen am Unteren Inn als Naturschutzgebiet (870 ha) ausgewiesen.
Zudem ist ein 200 m breiter Streifen entlang des Inn ex lege vor Eingriffen in das Landschaftsbild und den Naturhaushalt geschützt. Das Ramsar-Gebiet besteht seit 1983. Der Untere Inn wurde sowohl in Österreich als auch in Deutschland als Natura 2000- und Vogelschutzgebiet nominiert.
Managementmaßnahmen betreffen in erster Linie die Regelung von Bootsanlegestellen, Unterhaltsmaßnahmen (mähen von Dammwiesen, Instandhaltung von Wegen, Einzelstammentnahmen an hochwassergefährdeten Uferabschnitten) und die räumliche und zeitliche Einschränkung der Jagd und der Fischerei.
Ein EU LIFE-Projekt "Unterer Inn mit Auen" (1998-2002) wird von Bayern länderübergreifend durchgeführt. Wesentliches Ziel waren Maßnahmen zur "Redynamisierung" der Inn-Stauräume. Auf österreichischer Seite wurden im Zuge dieses Projektes u.a. die Fisch- und Brutvogelbestände in der Reichersberger Au untersucht und erste Managementpläne zur Harmonisierung der Nutzungen sowie ein Konzept für wasserbauliche Maßnahmen (Öffnung des Leitdammes) erarbeitet. Die Untersuchungen sind Grundlagen für eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften zwischen Bayern und Österreich.
Aktuelle Nutzung
Folgende Nutzungsarten sind zu nennen:
Wasserkraft, Jagd und Fischerei: Bis in die 1850er Jahre wurden der Inn und die angrenzenden Auwälder von der Schifffahrt, der Fischerei, der Jagd und der Land- und Forstwirtschaft genutzt. Heute liegt die wirtschaftliche Bedeutung des Inn in der Nutzung der Wasserkraft und als Erholungsgebiet. Jagd und Fischerei sind durch die Bestimmungen in der Naturschutzgebietsverordnung beschränkt.
Erholung: Entlang des Ramsar-Gebietes führt ein Rad- und Wanderweg (Natur-Erlebnis-Weg).
Im Sommer werden die Stauräume von Kajakfahrern genutzt; im Winter findet Eislaufen und Eisstockschießen statt.
Auswahlkriterien
Für die Stauseen am Unteren Inn treffen folgende internationale Ramsar-Kriterien zu:
* Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es gefährdete, stark gefährdete Arten oder vom Aussterben bedrohte ökologische Gemeinschaften beherbergt (Kriterium 2).
* Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es Populationen von Pflanzen- und/oder Tierarten beherbergt, die für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in der jeweiligen Region von Bedeutung sind (Kriterium 3).
* Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es Pflanzen- und/oder Tierarten in einem kritischen Stadium ihrer biologischen Entwicklungszyklen beherbergt, oder als Lebensraum bei ungünstigen Bedingungen dient (Kriterium 4).
Hydrologie
Die Errichtung der vier Laufkraftwerke erfolgte in den Jahren 1938 bis 1961: Braunau-Simbach (1954), Ering-Frauenstein (1942), Egglfing-Obernberg (1944) und Schärding-Neuhaus (1961).
Zuständige Verwaltung
Information über die Stauseen am Unteren Inn sind u.a. bei folgenden Stellen erhältlich:
Amt der Oberösterreichischen Landesregierung
Abt. Naturschutz
Bahnhofplatz 1
4020 Linz
Literaturauswahl
Aubrecht, G. (1987):
Die Innstauseen (Oberösterreich, Bayern) als Lebensraum für Wasservögel von Internationaler Bedeutung.
In: SEIPL, W. (1987) Hrsg.: Wasservögel. Ökologie als Abenteuer. Oberösterreichisches Landesmuseum, Linz.
Dvorak, M. und Karner, E. (1995):
Important Bird Areas in Österreich.
Monographien Bd. 71. Umweltbundesamt, Wien: 310-319.
Lazowski, W. (1997):
Auen in Österreich. Vegetation, Landschaft und Naturschutz.
Monographien des Umweltbundesamt Bd. 81, Wien: 230 S.