Rheindelta, Bodensee
Das Rheindelta ist eine charakteristische Riedlandschaft. Das Gebiet umfasst den Mündungsbereich des Rheins in den Bodensee, das größte Süßwasserdelta Europas.
Das Rheindelta ist eine charakteristische Riedlandschaft. Das Gebiet umfasst den Mündungsbereich des Rheins in den Bodensee, das größte Süßwasserdelta Europas. Der Alte Rhein bildet die Westgrenze, im Osten wird das Gebiet von der Dornbirner Ache begrenzt.
Gebietsbeschreibung
Durch das Schutzgebiet fließt der sogenannten "Neue" Rhein; sein künstliches Flussbett wurde aus Hochwasserschutzgründen angelegt. Im Bodensee verläuft die Grenze parallel zur Uferlinie, in etwa 1 km Entfernung. Große Teile der Fußacher Bucht fallen bei Niedrigwasser trocken und legen große Schlickflächen frei.
Die Schlickflächen sind gemeinsam mit den Flachwasserzonen wichtige Rast- und Nahrungsplätze für durchziehende Wasser- und Watvögel sind. Siedlungen grenzen an das Ramsar-Schutzgebiet an.
Im Schutzgebiet liegen die ausgedehntesten Flachwasserbereiche des Bodensees, die für die Vogelwelt von enormer Bedeutung sind. Etwa zwei Drittel des Ramsar-Gebietes nimmt die Wasserfläche (1.300 ha) ein. Sie weist meist eine Tiefe von nur wenigen Metern auf. Streuwiesen und Röhrichte nehmen etwa ein Drittel des Schutzgebietes in Anspruch.
Die artenreichen Streuwiesentypen können Moortümpelgesellschaften, saure und kalkreiche Kleinseggenrieder, Pfeifengraswiesen, Straußgraswiesen und Großseggenrieder umfassen. Nur ein geringer Teil der Schilfflächen wird heute noch genutzt, der Großteil der Steifseggenrieder und Rohrglanzgrasröhrichte bleibt ungenutzt. Diese Flächen sind den Seespiegelschwankungen voll ausgesetzt.
Die Flächen innerhalb des 8 km langen Polderdammes, der zum Hochwasserschutz errichtet wurde, und die höhergelegenen Bereiche außerhalb des Polderdammes werden als Streuwiesen extensiv genutzt. Mit der Bewirtschaftung dieser Wiesen, insgesamt etwa 300 ha Gesamtfläche, wurde der offene Charakter dieser Riedlandschaft geschaffen. Im Bereich des Rheinspitzes ist Hartholz-Auwald ausgebildet, das sogenannte Rheinholz (ca. 60 ha). An den neu aufgelandeten Flächen an der Mündung des Neuen Rheins kommen kleinflächige, weidendominierte Wälder vor.
Der alte Rhein mit dem Rheinspitz, wo Kleingewässer, Röhrichte, überschwemmte Wiesen und naturnahe Waldflächen erhalten blieben, ist das wichtigste Laichgebiet und der bedeutendste Lebensraum für Amphibien in Vorarlberg.
Das Rheindelta zählt zu den wichtigsten Wasservogel- und Wiesenvogelbrutgebieten Österreichs. Außerdem ist das Rheindelta das bedeutendste Überwinterungsgebiet für Wasservögel in Österreich und ein wichtiger Limikolenrastplatz (Dvorak & Karner 1995). Das Gebiet ist aber auch ein bedeutender Erholungsraum.
Gebietsdaten und Übersichtskarte
Die wichtigsten Daten des Ramsar-Gebiets "Rheindelta, Bodensee":
Bundesland: Vorarlberg
Politischer Bezirk: Bregenz
Koordinaten: 47 o 28' - 47 o 30'N, 9 o 34' - 9 o 40'E
Seehöhe 395 m
Feuchtgebietstypen:
- Dauernd wasserführende Seen (Typ O)
- Moore (Typ U)
- Ständig wasserführende Flüsse (Typ M)
Ramsar-Gebiet seit 1983
Besitzverhältnisse: Privat, öffentliches Gut
Fläche 1.960 ha
Hydrologie
Der aus den Alpen kommende Rhein hat sich im Lauf der Jahrhunderte durch die Ablagerung großer Geschiebemassen immer wieder verlagert. Bis 1900 mündete der Rhein beim Rheinspitz. Der Rohrspitz, eine in den See reichende Landzunge, ist der verbliebene Rest eines alten Mündungskegels.
Um die Gebiete des Bodensees vor Hochwasser zu schützen, wurde der Alte Rhein um die Jahrhundertwende in ein neues Bachbett umgeleitet. Der Rhein mündet jetzt östlich des Rohrspitzes in die Fußacher Bucht. Die Mündung des Neuen Rheins schiebt sich von Jahr zu Jahr weiter in die Bucht hinaus. Um die Verlandung der Bucht durch die großen Geschiebemassen zu verhindern, werden die Dämme, die das Material in tiefere Bereiche des Bodensees führen sollen, laufend verlängert. Auch der Verlauf der Dornbirner Ache wurde verändert. Sie mündet heute östlich neben des Neuen Rheins in den Bodensee.
Ende der 1950er Jahre wurde ein Damm zwischen Altem und Neuem Rhein errichtet. Damit wurde ein großer Teil der Riedwiesen von den Seespiegelschwankungen abgeschnitten. Die Dammerrichtung hatte eine Senkung des Grundwassers zur Folge. Diese Auswirkung wurde mit der Errichtung von Pumpwerken verstärkt.
Auswahlkriterien
Für das Rheindelta treffen folgende internationale Ramsar-Kriterien zu:
- Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es repräsentative, seltene oder einzigartige Beispiele von natürlichen oder naturnahen Feuchtgebietstypen innerhalb der entsprechenden biogeographischen Region aufweist (Kriterium 1).
- Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es gefährdete, stark gefährdete Arten oder vom Aussterben bedrohte ökologische Gemeinschaften beherbergt (Kriterium 2).
- Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es Populationen von Pflanzen- und/oder Tierarten beherbergt, die für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in der jeweiligen Region von Bedeutung sind (Kriterium 3).
- Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es Pflanzen- und/oder Tierarten in einem kritischen Stadium ihrer biologischen Entwicklungszyklen beherbergt, oder als Lebensraum bei ungünstigen Bedingungen dient (Kriterium 4).
- Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es regelmäßig 20.000 Wasser- und Watvögel beherbergt (Kriterium 5).
Aktuelle Nutzung
Folgende Nutzungsarten sind zu nennen:
Landwirtschaft: Die Streuwiesen im und außerhalb des Schutzgebietes werden landwirtschaftlich genutzt; vereinzelt wird beweidet oder mehrmals gemäht.
Erholung: Das Gebiet wird zur Erholung genutzt, wie z. B. zum Baden, Campen, Bootsfahren, Radfahren und Angeln.
Jagd: Das Schutzgebiet wird auch jagdlich genutzt. Verboten ist die Jagd auf Wasservögel vom Boot aus und das Jagen in einigen Uferabschnitten.
Fischerei: Der Bodensee wird von der Berufsfischerei als auch von Sport- und Amateurfischern genutzt. Für die Fischereiwirtschaft hat das Naturschutzgebiet jedoch kaum Auswirkung, da sie von der geltenden 50 m-Sperrzone vor Schilfflächen sowie dem Fahrverbot in der Fußacher Bucht im Zeitraum von 1. September bis 30. April ausgenommen wurde.
Erhaltungsmaßnahmen
Das Rheindelta ist seit 1976 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Das Gebiet wurde auch als Natura 2000-Gebiet nominiert.
Seit dem Bau von Kläranlagen in den 1970er Jahren nimmt die Nährstoffbelastung, die den Nährstoffhaushalt massiv belastete, deutlich ab.
Die Fortführung der extensiven Nutzung in Form von Streumahd ist Voraussetzung für die Erhaltung der Streuwiesen und wird daher seit Anfang der 80erJahre durch eine Bewirtschaftungsprämie gefördert. Entsprechend den ökologischen Anforderungen ist ein Mähtermin erst im Herbst möglich.
Das Ramsar-Gebiet wurde 1983 ausgewiesen. Seit 1985 ist ein Koordinator für Landschaftspflege für das Management im Naturschutzgebiet verantwortlich. In den "Grundlagen für ein Entwicklungskonzept" wurden 1995 Entwicklungsziele für das Naturschutzgebiet und die notwendigen Umsetzungsmaßnahmen formuliert. Der bereits ein Jahr später gegründete "Verein für die Betreuung des Naturschutzgebietes Rheindelta" hat die Erhaltung, Pflege und Entwicklung des Schutzgebietes zum Ziel. Der Vereinsname wurde mittlerweile auf "Naturschutzverein Rheindelta" geändert.
Zur Verbesserung der hydrologischen Situation im Rheindelta wurde 1998 das LIFE Projekt "Wasserhaushalt Naturschutzgebiet Rheindelta" begonnen. Ziel des Projektes war die Verbesserung des Wasserhaushaltes sowie Verbesserung der Lebensräume für Wiesenvögel. Die im Projekt definierten Maßnahmen konnten auf Grund der geomorphologischen Gegebenheiten allerdings nicht umgesetzt werden. Mittlerweile wurden jedoch bereits neue Konzepte zur Verbesserung des Wasserhaushaltes entwickelt (siehe vorgeschlagene Erhaltungsmaßnahmen).
Zur Verbesserung des Lebensraums und der Brutbedingungen des Großen Brachvogels wurden von 1999 bis 2000 vom Naturschutzverein Rheindelta Brutgebiete durch gezieltes Entfernen von Gehölzen (Entbuschung) aufgewertet.
In der Naturschutzverordnung ist ein Begehungsverbot der Mausergebiete sowie der Wasserinseln festgelegt.
Bemerkenswerte Pflanzenarten
Ausgewählte Pflanzenarten werden nachfolgend genannt:
Weit verbreitet in den Streuwiesen des Rheindeltas ist die Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica). Die einst großflächigen Bestände wurden jedoch mit der Intensivierung zerstört.
Eine Besonderheit ist das Vorkommen des Wassernabels (Hydrocotyle vulgaris), der hier sein einziges Vorkommen in Österreich hat. Höchst selten und vom Aussterben bedroht ist die Sommer-Drehwurz (Spiranthes aestivalis). Bemerkenswert ist das Massenvorkommen von Einknolle (Herminium monorchis) am Rheindamm, einer gefährdeten Orchideenart. Eine kleine Schwimmpflanze, die seltene Dreifurchige Wasserlinse (Lemna trisulca) wächst in Vorarlberg ausschließlich in Tümpeln im Einflussbereich des Bodensees. Bemerkenswert auf den Anlandungsflächen des Neuen Rheins sind die Zwergrohrkolben-Bestände (Typha minima), die in Mitteleuropa sehr selten sind.
Weitere Pflanzenarten sind u.v.a.: Kanten-Lauch (Allium angulosum), Honiggras (Holcus lanatus), Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata), Teufelsabbiss (Succissa pratensis), Duftlauch (Allium suaveolens), Lungenenzian (Gentiana pneumonanthe), Mittlerer Sonnentau (Drosera intermedia), Langblättriger Sonnentau (Drosera anglica) und Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia).
Bemerkenswerte Tierarten
Ausgewählte Tierarten werden nachfolgend genannt:
Das Rheindelta zählt zu den wichtigsten Wasservogel- und Wiesenvogelbrutgebieten Österreichs (Dvorak & Karner 1995). Neben zahlreichen Enten und Wiesenvögeln bestehen national bedeutende Brutbestände von Zwergrohrdommel (Ixobrychus minutus: 3-12 % des nationale Brutbestandes), Schnatterente (Anas strepera: ca. 5 %), Kolbenente (Netta rufina: ca. 50 %), Wachtel (Coturnix coturnix: 8 %) und Uferschnepfe (Limosa limosa: ca. 14 %) (Dvorak & Karner 1995).
Außerdem ist das Rheindelta das bedeutendste Überwinterungsgebiet für Wasservögel in Österreich und ein wichtiger Limikolenrastplatz. Hier befindet sich der bedeutendste Rastplatz (Mauserplatz) des Großen Brachvogels (Numenius arquata) in Österreich: durchschnittlich 450 Vögel können im Oktober gezählt werden.
Brutvögel: Purpurreiher (Ardea purpurea), *Nachtreiher (Nycticorax nycticorax), *Zwergrohrdommel (Ixobrychus minutus), Schnatterente (Anas strepera), Knäkente (Anas querquedula), *Schwarzmilan (Milvur migrans), Turmfalke (Falco tinnunculus), Wachtel (Coturnix coturnix), Uferschnepfe (Limosa limosa), Großer Brachvogel (Numenius arquata), Haubentaucher (Podiceps cristatus), *Kleines Sumpfhuhn (Porzana parva), *Flussseeschwalbe (Sterna hirundo), *Eisvogel (Alcedo atthis) u.a.
* Brutvorkommen von Anhang I-Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie
Nahrungsgäste, Durchzügler und Überwinterer: Löffelente (Anas clypeata: 422/1983), Gänsesäger (Mergus merganser: 1.050/1985), Haubentaucher (Podiceps cristatus: 1.200/1988), Singschwan (Cygnus cygnus: 70-100) u.a.
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Vorkommen von 68 Schmetterlingsarten, u. a. Ameisenbläulinge (Maculinea sp.), die in Anhang II der FFH-Richtlinie der EU aufgelistet sind.
Amphibien: Grasfrosch (Rana temporaria), Wasserfrosch (Rana esculenta), Erdkröte (Bufo bufo), Laubfrosch (Hyla arborea) und Gelbbauchunke (Bombina variegata), eine Anhang II-Art der FFH Richtlinie.
Zuständige Verwaltung/Information/Links/Literatur
Informationen über das Rheindelta/Bodensee-Gebiet sind u.a. bei nachfolgend genannten Stellen erhältlich. Anschließend an diese Adressen finden Sie Hinweise auf interessante Internet-Seiten sowie einige Buchtipps!
Amt der Vorarlberger Landesregierung
Abt. Umweltschutz
Landhaus
A-6900 Bregenz
E-mail: umwelt@vorarlberg.at
Rheindeltahaus
Im Böschen 25
A-6971 Hard
Literatur (Auswahl)
Dvorak, M. & Karner, E. (1995):
Important Bird Areas in Österreich.
Monographien Bd. 71. Umweltbundesamt, Wien: 428-435.
Dvorak, M.; Winkler, I.; Grabmayer, Ch. & Steiner, E. (1994):
Stillgewässer Österreichs als Brutgebiete für Wasservögel.
Monographien Bd. 18. Umweltbundesamt, Wien: 65-70.
Grabher, M. & Blum, V. (1990):
Teil A - Naturschutzgebiet Rheindelta.
in: Ramsar-Bericht 1 Rheindelta/Marchauen. Monographien Bd. 18. Umweltbundesamt, Wien.
Jungmeier, M. & Werner, K. (2004):
Moore in Österreich unter dem Schutz der Ramsar-Konvention.
Neuer Wissenschaftlicher Verlag GmbH Wien, Graz.
Marion Rapp (2015)
111 Schätze der Natur rund um den Bodensee die man gesehen haben muss.
Emons Verlag, Köln: 240 Seiten