Neusiedler See - Seewinkel
Der Neusiedler See ist der westlichste Steppensee Europas. Das Neusiedler See-Gebiet ist geprägt von Elementen verschiedener Landschaftsräume: Alpine, pannonische, asiatische, mediterrane und nordische Einflüsse machen sich bemerkbar und tragen zur hohen Artenvielfalt erheblich bei.
Der Neusiedler See liegt als westlichster Steppensee Europas in der tiefsten Stelle der Kleinen Ungarischen Tiefebene. Er ist 36 km lang und zwischen 7 und 15 km breit. Der Seewinkel erstreckt sich vom Ostufer des Sees bis zur ungarischen Grenze.
Grenzüberschreitendes Ramsar-Gebiet "Neusiedlersee-Seewinkel-Waasen"
Österreich und Ungarn haben im Jahr 2009 ihre Zusammenarbeit in der Region Neusiedlersee-Seewinkel-Hansag intensiviert: Sie errichteten das grenzüberschreitende Ramsar-Gebiet „Neusiedlersee – Fertö – Hansag“, zu deutsch: "Neusiedlersee-Seewinkel-Waasen“.
Beschreibung des österreichischen Ramsar-Gebiets "Neusiedler See - Seewinkel"
Der Neusiedler See prägt das Landschaftsbild des Ramsar-Gebiets. Etwa drei Viertel der Seefläche liegen auf österreichischem Staatsgebiet, der Rest befindet sich auf ungarischem Gebiet.
Die durchschnittliche Wassertiefe des Neusiedler Sees beträgt 1,1 m. Der Seespiegel schwankt vor allem im Sommer aufgrund der hohen Verdunstungsrate. Der für den See charakteristische erhöhte Salzgehalt ist vor allem auf Soda (Natriumkarbonat) zurückzuführen. Das feintonige Sediment und die geringe Seetiefe führen bei Wind zu einer intensiven Durchmischung und damit zu einer starken Trübung des Wassers.
Die Ufer des Neusiedler Sees sind von einem Schilfgürtel eingefasst, dessen Breite auf Westseite bis zu fünf Kilometer beträgt. Hingegen ist der Schilfgürtel am Ostufer nur an wenigen Stellen mehr als einen Kilometer breit. Schilfinseln sind nur im Südteil des Sees vorhanden.
Der Seewinkel erstreckt sich vom Ostufer des Neusiedler Sees bis zur ungarischen Grenze. Im südlichen Teil des Seewinkels, auch Lackengebiet genannt, finden sich die größten Salzbodenflächen Österreichs mit einer Ausdehnung von rund 25 km2. Besonders charakteristisch sind die Lacken, die einzigen österreichischen Salzgewässer. Die Wasserführung der etwa 40 bis 60 cm tiefen, oberflächlich meist zu- und abflusslosen Lacken unterliegt starken jahreszeitlichen Schwankungen. Die Anzahl der Lacken ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Im Jahr 1957 waren von den ursprünglich 139 Lacken nur mehr 79 übrig. Bis 1986 sank die Zahl der Lacken weiter auf 63 (Dick et al.1994). Die Lacken des Seewinkels haben vor allem wegen ihrer einzigartigen Vogelwelt internationale Bedeutung erlangt.
Der Hanság, ein im äußersten Südosten des Neusiedler See-Gebietes gelegenes ehemaliges Niedermoor, wird heute größtenteils als Ackerfläche genutzt.
Das Seegebiet ist aus biologischer Sicht ein Grenzraum, in dem zahlreiche Elemente verschiedener Landschaftsräume zusammentreffen. Auf engstem Raum findet man hier Pflanzen- und Tierarten aus alpinen, pannonischen, asiatischen, mediterranen und nordischen Gebieten. Die verschiedenen Lebensräume, wie Feuchtgebiete, Trockenrasen, Sandsteppen, Eichenwälder, Weide- und Wiesenflächen, bilden durch ihre mosaikartige Verteilung die Voraussetzung für eine vielfältige, bemerkenswerte Flora und Fauna.
Gebietsdaten und Übersichtskarte
Die wichtigsten Daten des Ramsar-Gebiets "Neusiedler See - Seewinkel":
Bundesland: Burgenland
Politischer Bezirk: Neusiedl, Eisenstadt-Umgebung, Freistadt Rust
Koordinaten: 48 o 42'-47 o 58'N, 16 o 40'-17 o 06' E
Seehöhe: 115 bis 120 m
Feuchtgebietstypen:
- Dauernd wasserführende Salzwasserseen (Typ Q);
- Saisonal oder periodisch wasserführende Salzwasserseen und -böden (Typ R);
- Dauernd wasserführende Salzwasserteiche und -tümpel (Typ Sp);
- Moore (Typ U)
Ramsar Gebiet seit 1983
Besitzverhältnisse: Großgrundbesitz, kleingestreuter Privatbesitz, Gemeindebesitz, Pachtgebiete des NP Neusiedler See - Seewinkel
Fläche 44.229 ha
Hydrologie
Der Wasserspiegel des Neusiedler Sees unterlag in der Vergangenheit starken Schwankungen. Sie reichten von vollständiger Austrocknung bis zu großflächigen Überflutungen. Noch heute betragen die jährlichen Schwankungen trotz Schleusenregelung des Einserkanals bis zu 40 cm.
Der Wasserhaushalt des Sees wird vor allem durch die aktuellen Witterungsverhältnisse (Niederschlag, Verdunstung) bestimmt. Die Wulka ist der einzige größere Zufluss des Neusiedler Sees (14 % des oberirischen Zuflusses). Sie ersetzt nur etwa ein Viertel der Verdunstung des Sees. Der Wasserkörper des Neusiedler Sees kann in zwei Bereiche geteilt werden: Der stark getrübte, offene See und das klare Braunwasser im Schilfgürtel.
Die Wasserstandführung der Lacken hängt neben den klimatischen Faktoren, wie Temperatur und Niederschlag, auch von der Ausgestaltung der Lackenwanne, dem Untergrund und anderen Faktoren ab. Bei vielen Gewässern spielt das Grundwasser eine bedeutende Rolle. In den letzten Jahren ist der Wasserhaushalt, der bisher eine regelmäßige Wiederbefüllung der Lacken bewirkte, aus dem Gleichgewicht geraten. In Folge von Drainagierungen und landwirtschaftlichen Wasserentnahmen ist im Großteil des Seewinkels der Grundwasserhorizont seit den Fünfziger Jahren gefallen.
Auswahlkriterien
Für den Neusiedler See – Seewinkel treffen mehrere Ramsar-Kriterien zu:
* Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es repräsentative, seltene oder einzigartige Beispiele von natürlichen oder naturnahen Feuchtgebietstypen innerhalb der entsprechenden biogeographischen Region aufweist (Kriterium 1).
* Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es gefährdete, stark gefährdete Arten oder vom Aussterben bedrohte ökologische Gemeinschaften beherbergt (Kriterium 2).
* Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es Populationen von Pflanzen- und/oder Tierarten beherbergt, die für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in der jeweiligen Region von Bedeutung sind (Kriterium 3).
* Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es Pflanzen- und/oder Tierarten in einem kritischen Stadium ihrer biologischen Entwicklungszyklen beherbergt, oder als Lebensraum bei ungünstigen Bedingungen dient (Kriterium 4).
* Ein Feuchtgebiet gilt als international bedeutend, wenn es regelmäßig 20.000 Wasser- und Watvögel beherbergt (Kriterium 5).
Aktuelle Nutzung
Folgende Nutzungsarten sind zu nennen:
Erholung: Der Neusiedler See ist im Sommer das wichtigste Erholungs- und Tourismusgebiet dieser Region. Der Neusiedler See ist auch ein beliebtes Wassersportgebiet (Segeln, Surfen). Der Segelsport wird mit Ausnahme des für den öffentlichen Verkehr gesperrten Südteils am ganzen See ausgeübt. Die Verwendung von Verbrennungsmotoren ist allerdings nicht gestattet. Mit der Errichtung von Radwegen nahm auch der Radsport in den letzten Jahren enorm zu.
Landwirtschaft: Neben landwirtschaftlicher Nutzung, wie z.B. Acker- und Gemüsebau, ist vor allem der Weinbau ein wichtiger Wirtschaftszweig im Gebiet.
Jagd: Die Jagd auf Wasserwild, Niederwild und Reh erfolgt in den landseitigen Bereichen des Schutzgebietes.
Fischerei und Schilfschnitt: Die Berufsfischerei befindet sich im Rückgang, ebenso die Ausübung des Schilfschnittes. Heute wird nur mehr ein Viertel der Schilffläche regelmäßig genutzt.
Bemerkenswerte Tierarten
Ausgewählte Tierarten werden nachfolgend genannt:
Säugetiere: *Ziesel (Spermophilus citellus), *Sumpfwühlmaus (Microtus oeconomus mehelyi), Zwerg- (Sorex minutus) und Sumpfspitzmaus (Neomys anomalus), Nordische Wühlmaus (Microtus oeconomus) etc.
* Anhang II Art der FFH Richtlinie
Amphibien: Massenhafte Vorkommen von *Rotbauchunke (Bombina bombina); Laubfrosch (Hyla arborea) und Wasserfrosch (Rana esculenta), *Donau-Kammmolch (Triturus cristatus), Teichmolch (Triturus vulgaris) und Moorfrosch (Rana arvalis).
* Anhang II Art der FFH Richtlinie
Fische: Schleie (Tinca tinca), Zander (Stizostedion lucioperca), Hecht (Esox lucius) u.a.
Vögel: National bedeutende Brutbestände von Rohrdommel (Botaurus stellaris: 90 %); Zwergrohrdommel (Ixobrychus minutus: 70 % des nationalen Brutbestandes), Purpurreiher (Ardea purpurea: 100%), Löffler (Platalea leucrorodia: 100 %), Moorente (Aythya nyroca: 65 %), Schnatterente (Anas strepera: 10%), Knäkente (Anas querquedula: 20 %), Kolbenente (Netta rufina: 80%) und Rotschenkel (Tringa totanus: 8%).
Brutvorkommen von Anhang I-Arten der EU-Vogelschutzrichtlinie: Rohrdommel (Botaurus stellaris ), Zwergrohrdommel (Ixobrychus minutus), Silberreiher Casmerodius albus, Purpurreiher (Ardea purpurea), Löffler (Platalea leucrorodia), Moorente (Aythya nyroca), Rohrweihe (Circus aeruginosus), Wiesenweihe (Circus pygargus), Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana), Kleines Sumpfhuhn (Porzana parva), Stelzenläufer (Himantopus himantopus), Blaukehlchen (Luscinia svecica) und Mariskensänger (Acrocephalus melanopogon).
Nahrungsgäste, Durchzügler und Überwinterer: Der Neusiedler See ist vor allem im Herbst ein international bedeutendes Rastgebiet für Wasservögel. Maximalzahlen aus den Jahren 1990-1991: Schnatterente (Anas strepera: ca. 2.000), Krickente (Anas crecca: ca. 7.000), Stockente (Anas platyrhynchos: 2.545), Löffelente (Anas clypeata: mind. 2.300), Kolbenente (Netta rufina: mind. 100), Weißkopfmöwe (Larus cachinnans: 282), Lachmöwe (Larus ridibundus: 1.546).
Bemerkenswerte Pflanzenarten
Ausgewählte Pflanzenarten werden nachfolgend genannt:
Salz-Kresse (Lepidium cartilagineum), Schlitzblatt-Beifuß (Artemisia laciniata) – vom Aussterben bedroht, Färber-Scharte (Serratula tinctoria), Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica), Teufelsabbiss (Succisa pratensis), Weißer Germer (Veratrum album), Grau-Kratzdistel (Cirsium canum) sowie die extrem seltenen Arten Salzwiesen-Schwertlilie (Iris spuria), Graue Aster (Aster canus), Schuppenschwanz (Pholiurus pannonicus), Salz-Zyperngras (Cyprus pannonicus, Einjahrs-Kampferkraut (Camphorosma annua), Dünnähren-Wegerich (Plantago tenuifolia) u.a.
Erhaltungsmaßnahmen
Das Neusiedler See-Gebiet ist Landschaftsschutzgebiet und wurde, einschließlich der Flächen des Nationalparks, als Natura 2000-Gebiet nominiert. Einige Teile des Neusiedler See-Gebietes sind Naturschutzgebiet. Teile des Ramsar-Gebietes stehen seit 1993 als Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel unter international hochrangigem Schutz.
Der Nationalpark umfasst eine strenge Schutzzone mit ca. 5.500 ha (Naturzone) und eine Bewahrungszone mit ca. 4.000 ha. Der österreichische Teil des Sees wurde bereits 1977 von der UNESCO http://www.unesco.org als Biosphärenreservat anerkannt.
Lange Lacke:
Der WWF präsentierte im Mai 2015, gemeinsam mit dem burgenländischen Wasserbau, der Wassergenossenschaft Apetlon, der Gemeinde Apetlon und dem Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel die neuen Wehranlagen zur Rettung der Langen Lacke. Durch Entwässerungskanäle wurde der Grundwasserspiegel im Gebiet in den letzten Jahrzehnten massiv abgesenkt und die Lacken dadurch vom überlebenswichtigen Salznachschub aus dem Untergrund abgeschnitten. Wegen der damit verbundenen Salzverluste sind von den ursprünglich 139 Gewässern heute nur mehr etwa 24 ökologisch einigermaßen intakt. Dabei waren die Lacken ein wesentlicher Grund für die Gründung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel, gelten sie doch als europaweit einmalige Gewässer und wahre Biodiversitätshotspots. Sie beherbergen eine große Zahl von gefährdete Vogelarten, seltenen Pflanzen und bedrohten Amphibien. Finanziell unterstützt wird das Projekt von Coca-Cola Österreich.
Schutzstatus
Seit 1983 ist der Neusiedler See einschließlich der Lacken im Seewinkel Ramsar-Gebiet, seit 1988 Schutzgebiet im Europäischen Netzwerk Biogenetischer Reservate des Europarates.
Weltkulturerbe
2001 wurde die Kulturlandschaft des Neusiedlersees von der UNESCO als grenzüberschreitendes Weltkulturerbe (Österreich/Ungarn) ausgezeichnet.
Wasserfahrzeuge sind nur auf der offenen Seefläche zugelassen. Der Südteil des See ist für den öffentlichen Schiffsverkehr zu Gänze gesperrt. Mit dem Bau von Kläranlagen und der dadurch verbesserten Abwassersituation hat sich die Situation der Wasserqualität seit 1980 deutlich verbessert.
Zuständige Verwaltung
Amt der Burgenländischen Landesregierung
Abt. 4; Hauptref. Natur-, Klima- und Umweltschutz
Europaplatz 1
A-7000 Eisenstadt
E-Mail: post.a4-natu-klima-umwelt@bgld.gv.at
Biologische Station Neusiedler See
A-7142 Illmitz
E-Mail: post.bs-illmitz@bgld.gv.at
Informationszentrum Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel
Hauswiese
A-7142 Illmitz
E-mail: info@nationalpark-neusiedlersee-seewinkel.at