Der Reformweg
Seit dem Beginn der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Jahr 1962 entwickelten die Institutionen der EUderen Ausrichtung und Inhalte beständig weiter und passten die GAP mittels mehrerer Reformen stetig an neue Herausforderungen an.
Mit den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) werden auch die Fachpolitiken, darunter die GAP, einer Überarbeitung unterzogen. Die Laufzeit der Verordnungen zur Agrarpolitik ist an den Zeitrahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens der EU gekoppelt, weil die Höhe des Budgets eng mit dem Umfang und der Ausgestaltung der GAP verbunden ist. Dieser Ansatz wird auch beim Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 weiterverfolgt, wobei die inhaltlichen Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik noch nicht abgeschlossen werden konnten.
Beim Europäischen Rat im Juli 2021 konnten sich die 27 Staats- und Regierungschefs auf das Grundgerüst des MFR 2021-2027 einigen. Der Agrarhaushalt für 2021-2027 beläuft sich auf 386,6 Milliarden Euro. Das sind um 21,6 Milliarden Euro mehr Mittel, als ursprünglich von der Europäischen Kommission für die GAP vorgeschlagen wurde. Für die österreichischen Landwirtinnen und Landwirte bedeutet dies einen Anstieg der Mittel um 35 Millionen Euro gegenüber der GAP-Periode 2014-2020. Diese Steigerung ist auf die Erhöhung der Mittel für die Ländliche Entwicklung zurückzuführen und ermöglicht es Österreich, den erfolgreichen Weg in der Ländlichen Entwicklung fortzusetzen.
Mit der Vorlage der Gesetzgebungsvorschläge zur GAP nach 2020 durch die Europäische Kommission am 1. Juni 2018 begannen offiziell die Verhandlungen über eine Neugestaltung der Agrarpolitik der Union. Die Kommission legte nach einer öffentlichen Konsultation und weiteren Vorarbeiten der EU-Institutionen ein Paket von drei Gesetzesvorschlägen, den sogenannten Basisrechtsakten, vor:
- Vorschlag für eine Verordnung über die GAP-Strategiepläne
- Vorschlag für eine Verordnung über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der GAP
- Vorschlag für eine Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation (GMO) für landwirtschaftliche Erzeugnisse
Seit Juni 2018 werden die Vorschläge der Kommission auf allen Ratsebenen – in den Ratsarbeitsgruppen, im Sonderausschuss Landwirtschaft und im Rat Landwirtschaft und Fischerei – intensiv be- und verhandelt. Parallel dazu befasst sich auch das Europäische Parlament mit dem sogenannten „GAP-Reformpaket für die Zeit nach 2020“. Die Vorstellung der GAP Gesetzgebungsvorschläge erfolgte im Rat unter bulgarischem Vorsitz.
Während der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 wurden alle drei Verordnungsvorschläge in den Ratsarbeitsgruppen komplett durchgearbeitet und auf Basis dieser Diskussionen schriftliche Änderungsvorschläge formuliert. Aber auch im Sonderausschuss Landwirtschaft sowie im Rat Landwirtschaft und Fischerei standen die Gesetzgebungsvorschläge auf den Tagesordnungen. Der österreichische Vorsitz legte dem Rat Landwirtschaft und Fischerei am Ende seiner Präsidentschaft einen Fortschrittsbericht zum gesamten GAP Reformpaket sowie die überarbeiteten Rechtstexte vor.
Unter rumänischem, finnischem, kroatischem und deutschem Vorsitz wurden die Arbeiten in allen Ratsgremien fortgesetzt, wobei unter deutscher Präsidentschaft in der Ratstagung der Ministerinnen und Minister für Landwirtschaft und Fischerei am 21. Oktober 2020 die allgemeine Ausrichtung – also eine gemeinsame Position des Rates – zum GAP-Reformpaket für die Zeit nach 2020 erzielt werden konnte.
Das Europäische Parlament ist an der Reform der derzeitigen Agrarpolitik nun zum zweiten Mal als Ko-Gesetzgeber beteiligt und hat Anfang April 2019 alle drei Verordnungen des GAP Reformpakets im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (COMAGRI) zur Abstimmung gebracht. Alle drei Berichte wurden angenommen, allerdings ist eine Abstimmung im Plenum in der letzten Legislaturperiode zeitlich nicht mehr möglich gewesen. Das neue Parlament hat entschieden, auf Basis der vorliegenden Berichte weiterzuarbeiten und hat sich am 23. Oktober 2020 im Rahmen der Plenarsitzung in Straßburg wiederum auf seine Position geeinigt.
Aktuell laufen zwischen der Europäischen Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament die sogenannten „Trilogverhandlungen“, deren Ziel die Einigung zwischen den Ko-Gesetzgebern ist. Der Rat wird in den Trilogen vom Mitgliedstaat vertreten, der jeweils die Ratspräsidentschaft innehat. Im Sinne der besseren Planbarkeit insbesondere für die Landwirtinnen und Landwirte, wird eine ehestmöglich politische Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament begrüßt, denn danach muss sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene eine Vielzahl von Durchführungsbestimmungen erlassen werden.
Da die Verhandlungen zur GAP nach 2020 noch laufen, wurde für die Jahre 2021 und 2022 eine Übergangsperiode geschaffen, in der zwar die Finanzierung über den MFR 2021-2027 erfolgt, die Rechtsvorschriften jedoch weitestgehend aus der GAP-Periode 2014-2020 Anwendung finden.
Damit wurde gewährleistet, dass ein reibungsloser Übergang der GAP- Unterstützungen für Landwirte und ländliche Gebiete von der alten auf die neue GAP-Periode möglich ist. Zur besseren Bewältigung der COVID-19 Pandemie werden für die Übergangszeit aus dem Instrument NextGenerationEU zusätzliche Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung gestellt.