Fischerei als wichtiger Politikbereich in der Europäischen Union
Die Generaldirektion Maritime Angelegenheiten und Fischerei in der Europäischen Kommission wirkt als Triebfeder einer nachhaltigen europäischen Fischereipolitik.
Historische Entwicklung
Das Zustandekommen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, das die Nutzung der Meere regelt und die grenzüberschreitende Natur von Fischbeständen führten in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Schaffung der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der EU, die mehrmals reformiert wurde - zuletzt 2013.
Artikel 43 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union legt fest, dass die EU-Gesetzgebung in der Fischerei im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erfolgt, dh in Mitentscheidung mit dem Europäischen Parlament. Die einzige Ausnahme bilden die Verordnungen des Rates zur Festlegung der jährlichen Fangmöglichkeiten in den einzelnen Meeresbecken der EU.
Wesentliche Inhalte
Neben dem allgemeinen Ziel der nachhaltigen Durchführung der Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten regeln die GFP und die davon abgeleiteten Rechtsakte wann, wo und wie viel gefischt werden darf. Dabei gilt es grundsätzlich zwischen der internen und der externen Dimension der GFP zu unterscheiden.
Die interne Dimension betrifft die Fischerei in EU-Gewässern. Für die europäischen Meeresbecken (Mittelmeer, Schwarzes Meer, Ostsee, Nordsee/Nordatlantik) werden für die wirtschaftlich wichtigsten Arten jährliche Gesamtfangmengen festgelegt und nach einem fixen Verteilungsschlüssel auf die betroffenen Mitgliedsstaaten aufgeteilt (Quoten). Eines der Kernziele der GFP von 2013 - der höchstmögliche Dauerertrag (MSY = Maximum Sustainable Yield) bis spätestens 2020 - wurde noch nicht vollinhaltlich erreicht.
Ein weiteres zentrales Element der GFP von 2013 ist die Anlandeverpflichtung. Damit soll verhindert werden, dass wertvolle Fischressourcen zurück ins Meer geworfen werden, weil die Fische entweder zu klein oder die Quoten schon erschöpft sind. In der Praxis stellten sich zahlreiche Probleme, sodass Ausnahmen ermöglicht wurden, zB für Arten mit hohen Überlebenschancen. Ein geeignetes Instrument zur Vermeidung unerwünschter Beifänge und deren Rückwürfe ist die Erhöhung der Selektivität. Diese kann beispielsweise durch besondere Fanggeräte oder durch die sorgfältige Auswahl des Fischereigebietes und der Fangzeiten gesteigert werden.
Außerdem sieht die GFP vor, dass die Mitgliedsstaaten ein Gleichgewicht zwischen der Fangkapazität ihrer Flotten und den ihnen zur Verfügung stehenden Fangmöglichkeiten schaffen. Für jeden Mitgliedsstaat wurde eine Kapazitätsgrenze festgelegt. Die Zugangs-/Abgangsregelung sieht vor, dass neue Kapazitäten erst möglich sind, wenn dafür in mindestens gleichem Umfang bestehende Kapazitäten abgebaut wurden.
Fischerei außerhalb der EU-Gewässer
Die externe Dimension der GFP betrifft die Tätigkeit der EU-Flotten in Gewässern anderer Staaten oder in den internationalen Gewässern auf hoher See. Die EU hat eine Reihe unterschiedlichster Abkommen mit Drittstaaten, in denen die Bedingungen geregelt werden, unter denen die EU-Schiffe fischen dürfen. Das bedeutendste dieser Abkommen ist wohl das Handels- und Kooperationsabkommen mit dem Vereinigten Königreich, welches ein umfangreiches Fischereikapitel enthält.
Internationale Fischereibewirtschaftungsorganisationen regeln die Fischerei in bestimmten geografischen Bereichen, zB im Indischen Ozean. Die EU ist derzeit Mitglied in insgesamt 16 dieser Organisationen. Manche von ihnen haben nur eine beratende Rolle, die meisten von ihnen können aber „Empfehlungen“ annehmen, die trotz dieses verwirrenden Namens für die Mitglieder rechtlich verbindlich sind. Da geht es um Fangbegrenzungen, Kontrollverpflichtungen und sogenannte technische Maßnahmen. Unter technischen Maßnahmen versteht man alle Bestimmungen mit direktem Bezug zur Fischerei, zB die Maschenweiten der eingesetzten Netze oder die Schließung bestimmter geografischer Gebiete während der Laichzeit.
Sowohl in den Beziehungen mit Drittstaaten, als auch in den internationalen Fischereibewirtschaftungsorganisationen vertritt aufgrund der Vergemeinschaftung der Fischereipolitik die Europäische Kommission die EU. Die entsprechenden Positionen werden gemeinsam mit den Mitgliedstaaten entwickelt.
Auswirkungen auf Österreich
Obwohl Österreich keine Meeresfischerei betreibt, hat die Gemeinsame Fischereipolitik auf für uns Bedeutung. Österreich importiert jährlich mehr als 70.000 Tonnen Fisch und Fischereiprodukte. Der Pro-Kopf-Konsum von Fisch und Aquakulturerzeugnissen lag 2018 (es gibt noch keine aktuelleren Daten) bei 13,12 kg Lebendgewicht. Damit liegt Österreich zwar unter dem europäischen Durchschnitt, aber deutlich über unseren nachbarlichen Binnenländern Slowakei, Ungarn und Tschechische Republik. Bei den jährlichen Ausgaben für Fischerei- und Aquakulturprodukte lag Österreich über traditionellen Fischereinationen wie den Niederlanden oder Irland.
Daher ist es auch für Österreich von Bedeutung, dass Fischerei sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU nachhaltig betrieben wird, um die Versorgung weiterhin zu gewährleisten und um die Meeresressourcen für zukünftige Generationen zu erhalten.