Minister Totschnig am EU-Landwirtschaftsrat: einige offene Fragen in EU-Forstpolitik

Landwirtschaftsminister Totschnig in Brüssel
Foto: BML

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig nahm am 21. November 2022 am EU-Landwirtschaftsrat in Brüssel teil. Einen Schwerpunkt der Sitzung bildete der Austausch zur europäischen Forstpolitik, insbesondere im Zusammenhang mit der neuen EU Waldstrategie 2030. Österreich und weitere waldreiche Länder wiesen dabei darauf hin, dass die Kompetenz zu diesen Themen klar in den Mitgliedsländern liegt.

Außerdem wurde die Situation der Düngemittelverfügbarkeit und Lebensmittelversorgungssicherheit in Europa, wie auch die neueEU-Algen-Initiative diskutiert.

Austausch zur EU Waldstrategie 2030

Die EU-Waldstrategie 2030 war bereits im Juli 2021 durch die EU-Kommission vorgestellt worden, die ein Schwerpunkt des Green Deals ist. Vor knapp einem Jahr wurden die Schlussfolgerungen des Rates dazu angenommen. Dies nahm der tschechische Vorsitz zum Anlass, das Thema wieder aufs Tapet zu bringen. Aus österreichischer Sicht und auch anderer waldreicher Staaten, wird das Subsidiaritätsprinzip in waldpolitischen Fragen nicht ausreichend berücksichtigt. Vermehrt werden Initiativen der Kommission ohne vorgelagerte Einbeziehung der Mitgliedsstaaten vorgebracht. Bundesminister Totschnig hat daher die Kommission aufgefordert den Dialog zwischen Kommission und den Mitgliedsstaaten zu forstpolitischen Maßnahmen zu verstärken und setzt sich für die Wahrung der aktiven und nachhaltigen Waldbewirtschaftung ein. Dies sei auch deswegen unerlässlich, da die Mitgliedsstaaten für ihre jeweiligen Gegebenheiten bereits viel Expertise erlangt haben, die weiterhin genutzt werden sollte. In Österreich spielen Schutzwälder eine wichtige Rolle, die nur durch nachhaltige Aufforstung ihre Funktion weiterhin erfüllen können. Minister Totschnig betonte außerdem, dass er sich weiterhin für eine aktive und nachhaltige Waldbewirtschaftung in Österreich sowie die weitere energetische Verwendung von Holz einsetzen werde. Im Zusammenhang mit der EU-Waldstrategie hat die Kommission einen neuen Rechtsrahmen für Datenerhebung zum Wald angekündigt. Landwirtschaftsminister Totschnig hat im Rahmen der Ratssitzung erneut betont, dass bestehende nationale Datenerhebungssysteme berücksichtigt werden müssen. Um forstpolitische Themen gezielt auf die europäische Agenda zu heben, hat Österreich die For Forest Group initiiert.

Situation der Düngemittelverfügbarkeit

Um die Düngemittelverfügbarkeit und damit die Lebensmittelversorgungssicherheit in Europa zu gewährleisten, hat die EU-Kommission Anfang November eine Düngemittelstrategie vorgelegt. Darin werden Maßnahmen, die unter anderem auf Markttransparenz, finanzielle Unterstützung sowie Förderung von neuen und grünen Technologien abzielen, vorgeschlagen. Die Düngemittel Stickstoff, Phosphor und Kalium spielen eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit. In Österreich sind derzeit ausreichend Düngemittel verfügbar. Die internationale Verfügbarkeit ist nicht nur für die europäische, sondern für die globale Ernährungssicherheit zentral. Ziel muss jedenfalls die strategische Autonomie im Düngemittelsektor sein. Damit untrennbar verbunden ist auch eine verstärkte Resilienz im Energiesektor durch die Nutzung erneuerbarer Energien wie Windkraft und Sonnenenergie und vor allem auch der nachhaltigen Biomasse. Ein effizienter Düngemitteleinsatz ist Österreich schon lange ein wichtiges Anliegen. Mit einer ausgewogenen Kombination aus gesetzlichen und freiwilligen Maßnahmen konnte hier bereits sehr viel erreicht werden, wie beispielswiese begleitende Bildungs- und Beratungsaktivitäten.

Unterstützung der österreichischen Bäuerinnen und Bauern

Die Covid-19-Pandemie und die damit verbundenen Unterbrechungen der Lieferkette haben bereits Ende 2021 zu gestiegenen Düngemittelpreisen geführt. Die gestiegenen Gaspreise haben zu einer Drosselung der EU Produktion von Ammoniak geführt, was sich ebenfalls auf die Düngemittelpreise ausgewirkt hat. Um die Betriebsmittelkosten abzufedern und die bäuerlichen Familienbetriebe zu unterstützen, hat die Bundesregierung bereits zahlreiche Maßnahmen gesetzt:

  • Zusätzlich zum 28 Milliarden Euro Anti-Teuerungs-Paket mit dem bereits ausgezahlten Klimabonus oder der doppelten Familienbeihilfe im August wird noch heuer das 110 Millionen Euro Versorgungssicherungspaket an Landwirtinnen und Landwirte ausgezahlt.
  • Ende September wurden bereits 9 Millionen Euro für den geschützten Anbau, also die Obst- und Gemüseproduktion in Glashäusern ausgezahlt.
  • Ein 120 Millionen Euro Stromkostenzuschuss für landwirtschaftliche Betriebe ist in Finalisierung.

Stärkung eines nachhaltigen Algensektors

Im Rahmen des Landwirtschaftsrates wurde auch eine neue Strategie der Europäischen Kommission vorgestellt – nämlich zum Algensektor. Die EU-Algeninitiative soll dazu beitragen, neue und nachhaltige Wege für die Ernährung zu entwickeln. Algen haben großes Potenzial – insbesondere als Proteinquelle in der Futter-, Düngemittel-, und Biokraftstoffproduktion, sowie im Bereich Dekarbonisierung, aber auch für Produktion von Kosmetika, Arzneimittel oder in der Energieerzeugung. Die Produktion bietet auch neue Beschäftigungsmöglichkeiten in der sogenannten „blauen Wirtschaft“. Die EU ist einer der größten Importeure von Algenprodukten weltweit. Es wird erwartet, dass die Nachfrage im Jahr 2030 rund 9 Milliarden Euro erreichen wird. In der Mitteilung werden 23 Maßnahmen in vier Bereichen vorgeschlagen, um die wachsende Nachfrage in der EU zu decken.

  • Verbesserung der Gesetzgebung
  • Verbesserung des Unternehmensumfelds
  • Schließen von Wissens-, Forschungs-, Technologie- und Innovationslücken
  • Verbesserung des gesellschaftlichen Bewusstseins und der Marktakzeptanz von Algen und algenbasierten Produkten in der EU.