Appell an die neue EU-Kommission: Landwirtschaftsminister:innen fordern Fitness-Check für Green Deal

Sitzungssaal Rat Landwirtschaft und Fischerei Brüssel
Foto: Rat der Europäischen Union

Am 15.07.2024 kamen die EU Landwirtschaftsministerinnen und Landwirtschaftsminister zum ersten Mal unter ungarischem Vorsitz in Brüssel zusammen, um über aktuelle landwirtschaftliche Themen zu diskutieren. Im Rahmen dessen präsentierte Landwirtschaftsminister Totschnig auch einen Forderungskatalog an die zukünftige EU-Kommission.

Die europäischen land- und forstwirtschaftlichen Sektoren gehen in ihrer Bedeutung weit über die reine Produktion von Lebensmitteln und die Bereitstellung natürlicher Rohstoffe hinaus. Die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion schafft beispielsweise mehr als 12 Millionen Arbeitsplätze in der EU und bringen der europäischen Wirtschaft jährlich eine Bruttowertschöpfung von € 178 Milliarden. Der europäische Forstsektor bietet 17,5 Millionen Jobs und eine Bruttowertschöpfung von € 1,1 Billionen. Sie sind damit bedeutende Grundlage vitaler ländlicher Gebiete, der strategischen Autonomie der EU und ein zentraler Faktor für Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Um die Bedeutung der Sektoren hervorzuheben, brachte Bundesminister Norbert Totschnig, unterstützt von 22 Mitgliedsstaaten, einen Diskussionspunkt mit dem Titel „Europäische Land- und Forstwirtschaft: das Rückgrat einer wettbewerbsfähigen, souveränen und erfolgreichen EUein.

Ziel der Diskussion war es unter anderem das zukünftige Kommissarskollegium und die Europäische Kommission auf zentrale Herausforderungen in der Land- und Forstwirtschaft mit einem klaren Forderungskatalog aufmerksam zu machen. Gefordert wurde beispielsweise ein Fitnesscheck des Green Deals, um insbesondere die kumulativen Auswirkungen zu evaluieren. Des Weiteren, wurde die dringend notwendige Verlängerung der Umsetzungsfrist im Hinblick auf die Entwaldungsverordnung eingemahnt. Ebenso wurde eine Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfes zum Erhalt der traditionellen Almwirtschaft und extensiven Landwirtschaft gefordert.

Im Rahmen der Ratstagung wurde außerdem das Arbeitsprogramm des seit 1. Juli amtierenden ungarischen Ratsvorsitzes vorgestellt. Unter dem Motto „Make Europe Great Again“ setzt der ungarische Vorsitz den Schwerpunkt auf die Schaffung und Sicherung eines wettbewerbsfähigen, krisensicheren, nachhaltigen und wissenschaftsbasierten Lebensmittelsystem in Europa, das auch die Bäuerinnen und Bauern ins Zentrum stellt. Unter anderem wird Bedeutung der Entwicklung der ländlichen Gebiete hervorgehoben.

Im Rahmen der Ratstagung diskutierten die EU Landwirtschaftsministerinnen und Landwirtschaftsminister außerdem handelsbezogene Agrarfragen, welche derzeit von den geopolitischen Entwicklungen geprägt sind.

Auf der Tagesordnung standen zudem Diskussionspunkte zu: „Lebensfähigkeit ländlicher Gebiete – Generationswechsel und demografische Aspekte“, Ergebnisse des Politikforums zur Förderung von Forschung und Innovation in Mittel- und Osteuropa, sowie notwendige Verbesserungen bei der Harmonisierung der Kriterien für die Verwaltung der europäischen Programme zur Absatzförderung von Agrarerzeugnissen.

Am Rande der Ratssitzung fand des Weiteren ein Arbeitsmittagessen der Ministerinnen und Minister zum Thema „Bewahrung der europäischen Lebensmitteltraditionen statt. Österreich hatte sich in einer „Kulinarik Allianz“ gemeinsam mit Italien und Frankreich insbesondere in der Frage „Laborfleisch“ bereits beim Landwirtschaftsrat im Jänner 2024 eindeutig positioniert. Noch vor einer allfälligen Zulassung zellbasierter Produkte für den menschlichen Verzehr, ist aus Sicht der Allianz eine transparente Diskussion, faktenbasierte Information und umfassende Folgenabschätzung im Hinblick auf zahlreiche Fragestellungen (Nachhaltigkeit, soziale Implikationen, öffentliche Gesundheit, Transparenz und Fragen der Kennzeichnung wie auch rechtliche Aspekte). Nicht zuletzt sind Auswirkungen auf die strategische Autonomie und der Lebensmittelversorgungssicherheit der Union zu berücksichtigen.