Tirol: Schutz vor Steinschlag wird immer wichtiger

Lokalaugenschein im Pitztal
Foto: die.wildbach

Vor dem Hintergrund des Klimawandels gewinnt der Schutz vor Steinschlag für das Tiroler Naturgefahrenmanagement verstärkt an Bedeutung. Wie die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Infrastruktur aussehen kann, zeigt das Projekt Weißwald im hinteren Pitztal - von den notwendigen Sofortmaßnahmen über das Monitoring bis zum finalen Schutzbauwerk.

Auswirkungen des Klimawandels

Der Schutz vor Steinschlag spielt in den alpinen und hochalpinen Regionen seit vielen Jahren eine wichtige Rolle für das Tiroler Naturgefahrenmanagement. Es ist anzunehmen, dass die Auswirkungen des Klimawandels und die daraus folgenden Wetterextreme künftig vermehrt Steinschlagereignisse zur Folge haben werden. Und auch das Abschmelzen der Permafrostböden ist ein wesentlicher Faktor. Um die Bevölkerung und die Infrastruktur zu schützen, ist es daher wichtig, im Ernstfall schnell zu reagieren und die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Es geht hier auch um die Erreichbarkeit und die Sicherheit der Täler und den Erhalt dieser Lebens- und Wirtschaftsräume.

Ein Beispiel für umfassenden Steinschlagschutz ist der Weiler Weißwald im hinteren Pitztal. Dort kam es am 12. November 2020 zu einem Steinschlagereignis. Ein Sturzblock überrollte die Landesstraße L16 und blieb in einer naheliegenden Wiese liegen. Bei der darauffolgenden Hubschrauber-Befliegung durch die Landesgeologie zeigte sich im oberen Bereich des Hanges ein Blockstapel, der eine Gefährdung für den Siedlungsraum und die Landesstraße darstellte. Als Sofortmaßnahmen wurden ein Haus evakuiert, die L16 gesperrt und eine provisorische Ersatzstraße errichtet. Außerdem wurde ein Mess- und Vorwarnsystem installiert.

In der Folge hat die Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) verschiedene Varianten für Schutzmaßnahmen geprüft. Die Wahl fiel schließlich auf einen Schutzdamm, der die wirtschaftlich, ökologisch und sicherheitstechnisch beste sowie nachhaltigste Lösung war. Die Grundlage für die Bemessung des Schutzdamms lieferten 3D Steinschlagsimulationen.

Monitoring liefert wichtige Erkenntnisse

Die Bauarbeiten für den Schutzdamm starteten Ende April 2022. Sicherheit wurde durch die WLV dabei groß geschrieben. Sämtliche Sicherheits- und Warnsysteme mit Radaranlage, Rissmessern und hochauflösender Webcam wurden vor Baubeginn installiert, um die Straße mit Ampeln sperren zu können, sollte es im Hang zu Aktivitäten kommen. Die Ampeln wurden automatisch auf Rot geschaltet, wenn das System Bewegungen am Berg gemessen hat. Diese Art des Monitorings kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn an akuten Gefährdungsbereichen, wie es im Weißwaldprojekt der Fall war, gearbeitet wird. Monitoring eignet sich auch dazu, maßgebliche Prozesse und Mechanismen besser nachvollziehen zu können und darauf aufbauend spezifische Maßnahmen passgenau zu planen.

Die anschließende Bauausführung erwies sich als aufwändiges Vorhaben, da der Großteil des Dammes in bewehrter Erde errichtet wurde. Dafür wurde Material aus den verschiedenen Geschiebeablagerungsbecken im hinteren Pitztal verwendet und damit das Räumgut sehr wirtschaftlich wiederverwertet.

Schutzdamm ist 230 Meter lang

Der Damm hat eine Länge von ca. 230 Meter und eine endgültige Schüttkubatur von zirka 47.000 Kubikmeter und ist auf der Bergseite 10,5 Meter und zur Straße hin 19 Meter hoch. Die Gesamtkosten für das Projekt betragen 2,6 Millionen Euro. 45 Prozent der Mittel kamen vom Bund, 17 Prozent vom Land Tirol, 23 Prozent von der Landesstraße und 15 Prozent von der Gemeinde St. Leonhard im Pitztal.

Die Bauzeit lag bei vier Monaten. Abgesehen von der Aufforstung und Begrünung des Schutzdamms, die 2023 erfolgt, setzte die WLV alle Maßnahmen zum Schutz der L16 und des Siedlungsraums zur Gänze im Jahr 2022 um.