Tag der Ressortforschung: Forschung für die Versorgungssicherung

Tag der Ressortforschung
Foto: BML / Matthias Jaidl

Steigende Energiekosten, Futtermittel- und Düngemittelpreise auf Rekord-Niveau, fehlende Arbeitskräfte und immer höhere Lebensmittelpreise. In dieser Situation rückt die Versorgungs- und Ernährungssicherung immer mehr in den Mittelpunkt. Was kann die Forschung zur nationalen Versorgungssicherung beitragen? Diese Frage stand beim Tag der Ressortforschung des BML im Mittelpunkt.

Der Ukraine-Krieg stellt die Landwirtschaft vor enorme Herausforderungen - und das nach mehr als zwei Jahren Pandemie. Wie die Politik auf die Krisen reagiert und welche Rolle die Forschung dabei spielt, damit beschäftigte sich das BML beim „Tag der Ressortforschung“ am 21. April 2022.  Unter dem Titel „Unser täglich Brot gib uns morgen“ gingen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Praxis der Frage nach, was Forschung zur nationalen Versorgungssicherung beitragen kann.

„Der furchtbare Krieg Russlands in der Ukraine und die andauernde Pandemie haben das Thema Versorgungs- und Ernährungssicherung in den Mittelpunkt gerückt. Eine krisenfeste und zukunftsorientierte Versorgung mit Lebensmitteln, Energie und Produktionsmitteln ist heute wichtiger denn je“, betonte Bundesministerin Elisabeth Köstinger bei der Veranstaltung in der Aula der Wissenschaften in Wien. In Krisensituationen sei besonders die Politik gefordert, so die Ministerin.  „Wir brauchen für unsere Entscheidungen die Unterstützung der Wissenschaft, das ist eines der zentralen Ziele der Ressortforschung im BML.  Forschung und Entwicklung sind ein Motor für wichtige Innovationen in der Land- und Forstwirtschaft. Damit Österreich auch in Zukunft versorgungssicher bleibt, müssen wir uns heute schon mit den Fragestellungen von morgen beschäftigen. Mit den forschenden Einrichtungen und Partnern des BML tun wir genau das.“

Covid-19 Lessons Learnt

Schon in der Covid-19-Krise hat sich gezeigt, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher auf die Bäuerinnen und Bauern verlassen können. Dennoch ist es notwendig, aus den Erfahrungen zu lernen und entsprechend zu reagieren.

Bereits im Frühjar 2020 hat das BML ein umfassendes Forschungsprojekt initiiert, um Lehren aus der Krise zu ziehen. Neben der Primärproduktion in der Land- und Forstwirtschaft wurde die gesamte Wertschöpfungskette mit Verarbeitungsindustrie, Handel sowie die Gastronomie und die Hotellerie einbezogen. Während die COVID-Maßnahmen noch im Gange waren, wurden mit dieser Studie die Auswirkungen und Konsequenzen der COVID-Krise für gesamte Sektoren (Wertschöpfungskette Lebensmittel, Wertschöpfungskette Holz) wissenschaftlich evaluiert. Die wissenschaftliche Koordination lag beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen (BAB).

Die Ergebnisse der verschiedenen Teilstudien zeigen, dass krisenbewusstes Handeln in den betroffenen Unternehmen kombiniert mit gezielter öffentlicher Unterstützung die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Krise begrenzen konnte. Einzelne Unternehmen, ja ganze Regionen, wurden besonders hart getroffen und werden noch in den kommenden Jahren die Folgewirkungen spüren. Für nicht wenige Betriebe eröffnete die Krise neue Chancen und Absatzmöglichkeiten, die in Zukunft genutzt werden können.

Mit der umfassenden Studie wurden auch neuen Datenquellen zur Funktionsweise der Wertschöpfungsketten und einzelner Marktsegmente erschlossen, die eine wertvolle Basis für künftige Entscheidungen darstellen. Ziel ist es, die Widerstandsfähigkeit aller Sektoren in der Wertschöpfungskette zu stärken. „Zu den spezifischen Vorteilen Österreichs zählen ein hoher Grad an Selbstversorgung mit land- und forstwirtschaftlichen Rohstoffen sowie wettbewerbsfähige und außenwirtschaftsorientierte Verarbeitungsunternehmen mit Produktionsstandorten in ländlichen Räumen“, betonte Studienleiter Franz Sinabell.

Die Rolle der Ressortforschung

Das BML betreibt und unterstützt Forschung und Entwicklung in seinem gesamten Kompetenzbereich. Eine zentrale Rolle spielt die Arbeit der insgesamt neun forschungsaktiven Dienststellen des BML, die mit Partnern aus dem In- und Ausland zusammenarbeiten. Das Spektrum der Forschungsaktivitäten reicht von den Herausforderungen des Klimawandels über eine moderne, ressourcenschonende Produktion mit den Chancen der Digitalisierung bis zur Sozial- und Bildungsforschung.

Hartmut Stalb vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Deutschland hob die besondere Rolle der Ressortforschung an der Schnittstelle von Politik und Wissenschaft hervor: „Wir brauchen eine Ressortforschung, die einerseits auf international wettbewerbsfähigem Niveau forscht, andererseits aber auch in der Lage ist, zu konkreten praktischen Fragen in der Politik und der Wirtschaft verwertbare Antworten zu liefern.“

Wissenschaft trifft Praxis

Beim Tag der Ressortforschung des BML, der heuer zum dritten Mal stattfand, geht es vor allem darum, den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu fördern und eine Plattform dafür zu bieten. Welche Herausforderungen und welche Chancen hier bestehen, das war Thema einer hochranging besetzten Podiumsdiskussion.

Petra Winter, Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität Wien, betonte die gute Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis. Die Arbeit der Veterinärmedizinischen Universität spiele eine wichtige Rolle bei der Lebensmittelproduktion und damit bei der Ernährungssicherung. Verbesserungsbedarf sieht sie bei der Kommunikation in die Gesellschaft hinein.

„Wenn wir wollen, dass die Landwirtschaft auch in Zukunft die Lebensmittel produziert, die wir brauchen, dann müssen wir die Landwirtschaft selbst resilient machen“, sagte Johann Gasteiner, Direktor der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein. Um die Forschungsergebnisse rasch in die Praxis zu bringen, sei es wichtig, dass die Forscherinnen und Forscher die Ergebnisse mit einfachen Worten erklären können. Und vor allem müsse man die Jugend noch stärker für die Forschung begeistern.

Landwirt Thomas Reisecker verwies ebenfalls auf den Kommunikationsbedarf. Man müsse den Bäuerinnen und Bauern den Nutzen der Neuerung erklären. Am besten funktioniere das von „Bauer zu Bauer“. Forschung sei für den wirtschaftlichen Erfolg wichtig, vor allem aber auch, um ökologisch und nachhaltig wirtschaften zu können. 

„Wir brauchen ein System, das auf den kleinbäuerlichen Familienbetrieb achtet“, betonte Theresa Imre, Gründerin des digitalen Bauernmarktes markta.at. Die kleinen Betriebe müssten erfahren, wie sie erfolgreich produzieren und wie sie vermarkten können. Auch das sei Aufgabe der Forschung. Wichtig sei die Kommunikation „auf einer Ebene, nicht von oben herab“. 

Reinhard Mang, Präsidialchef im BML, ging auf die vielfältigen Aufgaben der Ressortforschung ein. Im Zentrum stehe die wissenschaftliche Begleitung für aktuelle Fragen im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums. „Wir wollen eine Vernetzung sicherstellen, wir wollen uns mit allen anderen Partnern austauschen, wir wollen ganz besonders die Erfordernisse der Praxis abbilden.“ Als Beispiel nannte er die Innovation Farm. Mit diesem Projekt des BML sollen neue Technologien in der Landwirtschaft möglichst schnell den Weg in die Praxis finden.

Drei Millionen Euro für Forschungsprojekte zur Versorgungssicherung

Um nachhaltige und zukunftsfähige Lösungen sowie Strategien für die Versorgungs- und Ernährungssicherung aufzuzeigen, wird das BML weiter gezielt Forschungsprojekte zu dieser Thematik beauftragen. Für entsprechende Projekte, die in den nächsten Monaten beim BML eingereicht werden, stellt das Ministerium drei Millionen Euro zur Verfügung.

Ideen für konkrete Forschungsprojekte zu aktuellen, praxisrelevanten Fragestellungen wurden beim Tag der Ressortforschung in vier Workshops von Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertretern der Praxis erarbeitet.

Folgende Themen wurden behandelt: