Schwerpunkte der französischen EU Ratspräsidentschaft 2022 – Landwirtschaft, Fischerei und Kohäsion

EU Präsidentschaftslogo Frankreich
Foto: BML / Ministère de l'Europe et des Affaires Étrangères

Am 1. Jänner 2022 übernahm Frankreich zum 13. Mal die EU Ratspräsidentschaft. Unter dem Motto „Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeit“ wird Frankreich für die kommenden sechs Monate ein neues europäisches Wachstumsmodell, europäische Souveränität und vermehrte Bürgerinnen- und Bürgernähe anstreben.

Frankreich übernimmt zum 13. Mal den Vorsitz in der EU

Vom 1. Jänner bis 30. Juni 2022 übt Frankreich den rotierenden Ratsvorsitz und zugleich den ersten Vorsitz der Triopräsidentschaft mit der Tschechischen Republik und Schweden aus.

Das Motto der Präsidentschaft „Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeit“ wird von folgenden Überlegungen geleitet:

  • Aufschwung, damit der grüne und digitale Wandel in Europa gelingen kann
  • Stärke, um europäische Werte und Interessen zu verteidigen und zu fördern
  • Gefühl der Zugehörigkeit, um durch Kultur, europäische Werte und eine gemeinsame Geschichte und Vision zu gestalten und weiterzuentwickeln.

Frankreich verfolgt das Ziel, ein neues europäisches Wachstumsmodell zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung zu schaffen, welches Bereiche wie Produktionskapazitäten, den digitalen und grünen Übergang und soziale Aspekte umfasst. Darüber hinaus plant der Vorsitz, seine Arbeiten in Richtung eines souveränen Europas unter Berücksichtigung der Aspekte der Migration, der Verteidigung und einer stabilen Nachbarschaft der EU voranzubringen. Als drittes Ziel wird ein menschliches Europa angestrebt, das die Werte der EU verteidigt und sich auf vermehrte Bürgerinnen- und Bürgernähe mit Fokus auf die Konferenz zur Zukunft Europas konzentriert.

Prioritäten in der Landwirtschaft

Die Präsidentschaft wird ihre Arbeiten im Bereich Ernährungssouveränität und -autonomie auf die Gegenseitigkeit von Produktionsstandards, eine kohlenstoffarme Landwirtschaft und die Verringerung des Pestizideinsatzes konzentrieren.

Im Agrarbereich wird der Vorsitz den Austausch über die Gegenseitigkeit von Produktionsstandards, sogenannte „Spiegelklauseln“, im Umwelt- und Gesundheitsbereich zwischen europäischen und aus Drittländern importierten Produkten fördern. Damit sollen für importierte Produkte dieselben Produktionsanforderungen wie in der Europäischen Union gelten. Es sollen Wege aufgezeigt werden, wie die Kohärenz zwischen der Agrarpolitik, der Handelspolitik und dem Grünen Deal gestärkt werden kann. Die Präsidentschaft wird auch die Arbeiten zur Entwaldungsverordnung einleiten, was einen bedeutenden Schritt zur besseren Berücksichtigung der Produktionsstandards von importierten Produkten darstellen wird.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der kohlenstoffarmen Landwirtschaft und der Frage der Kohlenstoffspeicherung in landwirtschaftlichen Böden. Dies soll einen weiteren Schritt in Richtung des Aufbaus eines europäischen Mechanismus zur Anerkennung und allgemeinen Verbreitung einer Kennzeichnung von niedrig-Kohlenstoff darstellen sowie die Aufwertung der in landwirtschaftlichen Betrieben und Forstunternehmen umgesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ermöglichen.

Die Ratspräsidentschaft möchte des Weiteren Initiativen zur Beschleunigung des agrarökologischen Übergangs und damit zur Verringerung des Pestizideinsatzes fördern. Sie wird die Arbeiten zur Überarbeitung der Richtlinie über den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln einleiten, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der EU zu reduzieren und alternative Pflanzenschutzmaßnahmen zu fördern.

Über diese Initiativen hinaus sollen die Arbeiten an den Vorschlägen für eine Verordnung über Statistiken zu landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und Erzeugnissen (SAIO) weitergebracht und die europäischen Rechtsvorschriften zu geografischen Angaben sowie die Absatzförderungspolitik der Union für Agrarprodukte überarbeitet werden.

Die Präsidentschaft will auch den Einfluss der Europäischen Union in multilateralen Foren zu Fragen der Landwirtschaft im weiteren Sinne und der Ernährung fördern. Sie wird dort den Übergang zu nachhaltigen Nahrungsmittelsystemen unterstützen und dafür sorgen, dass die Strategien, Entscheidungen und Normen dieser internationalen Foren mit dem Grünen Deal und ihren Strategien sowie den EU-Rechtsvorschriften in Einklang stehen.

Schließlich wird der französische Vorsitz Überlegungen zur Prävention und Bekämpfung der hoch pathogenen Vogelgrippe und zum Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Tierschutzpraktiken in der Tierhaltung anregen. Sie wird sich auch mit den Entwicklungen im Rahmen des Pflanzengesundheitsgesetzes befassen, was die Einfuhrkontrollen und die Zertifizierung des Pflanzenhandels zwischen den Mitgliedstaaten betrifft.

Prioritäten in der Fischerei

Ein dringliches Thema während der französischen Ratspräsidentschaft ist die Festschreibung der Fischereifangmöglichkeiten in der Nordsee/Nordatlantik für 2022 zur Umsetzung des am 20. Dezember 2021 erzielten Verhandlungsergebnisses mit dem Vereinigten Königreich in eine EU Verordnung.

Darüber hinaus wird der französische Vorsitz die Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament zum Verordnungspaket zur Fischereiaufsicht fortsetzen.

Frankreich plant ferner, den Verordnungsvorschlag zu Beschränkungen des Zugangs zu Unionsgewässern zu bearbeiten, der im Juli 2021 veröffentlicht wurde. 

In der externen Fischereipolitik wird der Vorsitz EU Positionen für internationale Fischereibewirtschaftungsorganisationen beziehungsweise für Drittstaatenverhandlungen zu nachhaltigen Fischereipartnerschaften koordinieren.

Prioritäten in der Kohäsion

Die Europäische Kommission plant den achten Kohäsionsbericht im ersten Quartal zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich um einen Bericht, der in der Regel alle drei Jahre die sozioökonomische Lage der Regionen anhand wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Indikatoren analysiert und die Wirkung und den Beitrag der Politik und der Maßnahmen der Mitgliedstaaten untersucht. Unter französischer Ratspräsidentschaft sollen im zweiten Quartal dazu Schlussfolgerungen im Rat angenommen werden.

Die Europäische Kommission plant eine Mitteilung für die Gebiete in äußerster Randlage. Das sind Regionen von Mitgliedstaaten der EU, die weit entfernt von Europa liegen. Von 2021 bis 2027 werden den Gebieten in äußerster Randlage zusätzliche Mittel in Höhe von 1 928 Mio. EUR aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zugewiesen. Ratsschlussfolgerungen sind unter französischer Präsidentschaft Ende Juni angedacht.

Die zwischenstaatliche Zusammenarbeit auf EU-Ebene in den Bereichen der Raumentwicklung/“Territoriale Kohäsion“ und der Stadtentwicklung wird unter französischem und tschechischem Ratsvorsitz im Jahr 2022 auf den Beschlüssen der jeweils letzten informellen Ministerinnen- und Ministertreffen aufgesetzt. Für 2022 sind von beiden Präsidentschaften keine informellen Ministertreffen vorgesehen, jedoch zumindest ein gemeinsames Treffen der Generaldirektoren für beide Bereiche am 23. und 24. Juni 2022 in Paris.  Im Bereich Stadtentwicklung sollen im Laufe des Jahres 2022 die vier beschlossenen neuen thematischen Kooperationspartnerschaften von Städten im Kontext der EU-Städteagenda (nachhaltiger Tourismus, Stadt der gleichen Chancen, Begrünung der Städte und Lebensmittel im urbanen Kontext) eingerichtet werden.

Im März 2022 wird die Europäische Kommission den revidierten Aktionsplan zur EU-Strategie für die ionisch-adriatische Region vorlegen. Die Strategie leistet einen Beitrag zur Stärkung der Zusammenarbeit in der Region und zur Erweiterung des politischen Dialogs auf verschiedenen Ebenen zugunsten einer inklusiveren und nachhaltigen adriatisch-ionischen Makroregion.