Rat Landwirtschaft und Fischerei am 26. September 2022 in Brüssel

Am 26. September 2022 trafen sich die Ministerinnen und Minister für Landwirtschaft und Fischerei in Brüssel, um sich über die landwirtschaftliche Produktion und Logistik in der Ukraine sowie die Fischereifangmöglichkeiten für 2023 auszutauschen. Im Rahmen der Sitzung brachte Österreich auch das Thema rund um große Beutegreifer aufs Tapet.
Die Tagung wurde vom tschechischen Minister Zdeněk Nekula geleitet. Seit Juli 2022 hat die Republik Tschechien den Ratsvorsitz inne. Österreich war durch Landwirtschaftsminister Norbert Toschnig vertreten. Von Seiten der Europäischen Kommission nahmen Virginijus Sinkevičius, Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei, Stella Kyriakides, Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski teil.
Ernährungssicherheit
Ein zentrales Thema der Zusammenkunft war die Ernährungssicherheit und die Folgen der Aggression Russlands. Vor diesem Hintergrund war auch der ukrainische Minister für Landwirtschaft und Ernährung Mykola Solskyi vor Ort. Dieser legte die derzeitige landwirtschaftliche Produktions- und Logistiksituation in der Ukraine sowie die Umsetzung der EU-Solidaritätskorridore dar. Die Ministerinnen und Minister begrüßten die jüngsten Informationen über die Ernte und die landwirtschaftlichen Erträge, einschließlich der relativ stabilen Getreideerzeugung und die Wiedereröffnung der Schwarzmeerhäfen. Die derzeitige Lage sowohl in der Ukraine als auch weltweit stellt sich nach wie vor als schwierig dar. Die Ministerrunde strich außerdem die Wichtigkeit der Exportrouten agrarischer Rohstoffe aus der Ukraine hervor und riefen zu weiteren Investitionen für die Solidaritätskorridore auf.
Große Beutegreifer
Neben dem Austausch zur Lebensmittelversorgungssicherheit in Europa machte Bundesminister Totschnig das Thema Problemwolf zum Schwerpunkt der Tagesordnung. Ein großes Anliegen von Minister Totschnig sind die wachsenden Beutegreiferpopulationen in Europa, die eine riesige Herausforderung für Landwirtschaft und ländliche Gebiete darstellen. 2021 wurden in Österreich rund 680 Risse von Nutztieren durch Wölfe dokumentiert. 2020 waren es rund 330.
Europaweit werden derzeit mehr als 17.000 Wölfe verzeichnet. Der Schutzstatus des Wolfes wird über eine EU-Richtlinie geregelt, die 30 Jahre alt ist. Damals gab es in Österreich keine Wölfe. Mittlerweile stellt der Wolf die heimische Alm-, Land- und Tourismuswirtschaft vor große Herausforderungen, auch in anderen Mitgliedstaaten. Daher forderte Bundesminister Totschnig die Europäische Kommission auf, die Richtlinie vor dem Hintergrund der derzeitigen Gegebenheiten zu überprüfen. Die Note wurde von sechs weiteren Mitgliedsstaaten unterstützt. Neben Kroatien, Finnland, Ungarn, Lettland, Rumänien und Slowakei haben darüber hinaus auch Frankreich, Spanien, Italien, Slowenien, Griechenland, Dänemark, Portugal, Estland, Litauen und Belgien zu Wort gemeldet und ihre Bedenken geteilt. Diese starke Allianz mit insgesamt 17 Mitgliedsstaaten zeigt sehr deutlich den dringenden Handlungsbedarf auf. Für Fälle, in denen Herdenschutz aufgrund von topographischer oder anderer natürlicher Beschränkungen nicht möglich ist, braucht es Lösungen und Ausnahmen vom strengen Schutzregime. Auch aufgrund der grenzüberschreitenden Verbreitung des Wolfes spricht sich Österreich zudem für ein EU-einheitliches, umfassendes und systematisches Monitoring der Beutegreifer aus.
Fischerei
Auch die Fischereipolitik wurde im Rahmen der Ratssitzung intensiv behandelt. Aufgrund des Handels- und Kooperationsabkommens mit dem Vereinigten Königreich und des Fischereiabkommens mit Norwegen werden die Fischereifangmöglichkeiten für das Folgejahr in Konsultationen festgelegt. Diese Konsultationen beginnen im Oktober und November 2022. Der Vorsitz hat das Thema auf die Tagesordnung gesetzt, um den Ministerinnen und Ministern die Gelegenheit zu geben, bereits jetzt ihre Prioritäten und Anliegen an die Europäische Kommission heran zu tragen. Diese führt aufgrund der Vergemeinschaftung der Fischereipolitik alle Verhandlungen mit Drittstaaten. Außerdem ersuchte die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten Maßnahmen zum Schutz des Europäischen Aals vorzuschlagen.
Dieser Fischbestand befindet sich in ganz Europa in einem besorgniserregend schlechten Zustand. Zum Schutz des Aals bedarf es daher aus österreichischer Sicht besonderer Maßnahmen. Der Europäische Aal ist eine wandernde Art. Aale schlüpfen in der Sargassosee in der Nähe der Bahamas, wandern bis in die Binnengewässer Europas und kehren zum Laichen wieder in die Sargassosee zurück. Entlang dieser weiten Strecke sind die unterschiedlichsten Hindernisse zu überwinden – wie zum Beispiel Wasserkraftwerke. In Österreich gilt das Rheineinzugsgebiet als natürlicher Lebensraum des Aals. Am Bodensee ist die Aal-Fischerei bereits reguliert. Ein totales Fangverbot ist nicht zielführend, um zu verhindern, dass abwandernde Aale in den Turbinen von Wasserkraftwerken zu Schaden kommen. Bypasssysteme, verbesserte Betriebskonzepte und das Abfangen von abwandernden Aalen vor den Kraftwerks-Anlagen und ihr Transport an die Mündungen wären effektiver.
Trotz des Exportverbots der EU wurden Schätzungen von Europol zufolge im Jahr 2021 immer noch bis zu 100 Tonnen Glasaale nach Asien exportiert. Daher sprach sich Österreich auch dafür aus, den illegalen Handel mit Glasaalen für Speisezwecke verstärkt zu bekämpfen.