EU-Herkunftskennzeichnung - Ministerin Köstinger initiiert Fairness-Allianz

Am 21. Februar 2022 trafen sich die Agrarministerinnen und –minister in Brüssel, um die Kohärenz zwischen Green Deal, Gemeinsamer Agrarpolitik und Handelspolitik, Marktthemen und die geplante Entwaldungs-Verordnung zu diskutieren. Ministerin Köstinger setzte sich gemeinsam mit ihrem deutschen Kollegen und großer Unterstützung anderer Mitgliedstaaten für faire Preise in der Landwirtschaft ein.
Die Tagung der Ministerinnen und Minister für Landwirtschaft wurde vom französischen Minister Julien Denormandie geleitet. Österreich war durch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger vertreten. Von Seiten der Europäischen Kommission nahmen Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski, Stella Kyriakides, Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, und Virginijus Sinkevičius, Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei, teil.
Fairness-Allianz für faire Preise in der Landwirtschaft
Die Schere zwischen hohen Preisen für die Konsumentinnen und Konsumenten und den niedrigen Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte öffnet sich zunehmend. Europäische Landwirtinnen und Landwirte können bei den anhaltend niedrigen Preisen oft nicht einmal ihre Produktionskosten abdecken und sind zugleich mit ständig steigenden Energie-, Düngemittel- und Futtermittelpreisen, als auch mit strengeren Anforderungen an die Landwirtschaft konfrontiert, die mitunter zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber Drittstaaten führen.
Dies alles erzeugt Druck auf die Bäuerinnen und Bauern, bedroht ihre Existenz und wirkt sich letztendlich auf die Lebensmittelversorgungssicherheit für die gesamte Gesellschaft aus. Um einer produzierenden Landwirtschaft wieder eine zukunftsfähige Perspektive bieten zu können, braucht es faire Einkommen.
Mit der Richtlinie gegen „unfaire Geschäftspraktiken“ (UTP-Richtlinie) werden die Position der Landwirtinnen und Landwirte in der Lebensmittelkette gestärkt und Ungleichgewichte entlang der Wertschöpfungskette abgebaut. Die nationalen Strategiepläne der Gemeinsamen Agrarpolitik werden beispielsweise über die Förderung kurzer und regionaler Versorgungsketten ihren Beitrag leisten. Eine erhöhte Wertschätzung für hochqualitative Lebensmittel sowie der Leistungen der Bäuerinnen und Bauern seitens der Konsumentinnen und Konsumenten ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Neben der Wertschätzung sieht Landwirtschaftsministerin Köstinger die Transparenz über die Herkunft und Produktionsweise der Lebensmittel als Ansatzpunkt, der die Konsumentinnen und Konsumenten bei ihren Kaufentscheidungen beeinflusst: „Unsere Bäuerinnen und Bauern, aber auch die Konsumentinnen und Konsumenten haben sich volle Transparenz verdient. Wir produzieren in Europa Lebensmittel mit höchster Qualität und das macht den Unterschied aus.“
Für Konsumentinnen und Konsumenten ist es derzeit kaum möglich, zu erkennen, woher die Grundzutaten in verarbeiteten Lebensmitteln kommen. Dabei legen 86 Prozent der österreichischen Bevölkerung großen Wert auf die Herkunft von Lebensmitteln. Immer mehr Länder wie Finnland, Italien oder Frankreich haben nationale Herkunftskennzeichnung in unterschiedlicher Ausgestaltung umgesetzt. Auch in Österreich gibt es bereits einige Regelungen zur Herkunftskennzeichnung. Mit dem AMA Gütesiegel, dem AMA Bio-Siegel und dem AMA GENUSS REGION Gütesiegel wurden drei staatlich anerkannte freiwillige Herkunftssysteme geschaffen. Diese und die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Frischfleisch im Lebensmitteleinzelhandel zeigten bereits positive Effekte.
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger setzt sich daher vor allem für eine einheitliche europaweite Regelung ein. Beim informellen Landwirtschaftsrat Anfang Februar forderte sie die Europäische Kommission erstmals auf, rasch ein Konzept für eine EU-weit einheitliche und vor allem verpflichtende Herkunftskennzeichnung vorzulegen. Beim Agrar-Rat in Brüssel initiierte sie nun gemeinsam mit dem deutschen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir eine Fairness-Allianz. „Unser Vorstoß hat gezeigt, dass die verpflichtende Herkunftskennzeichnung ein zwingend notwendiges Instrument ist, um die Wertschöpfung bei den Bäuerinnen und Bauern zu steigern. Mehr als die Hälfte der Mitgliedsstaaten unterstützen unsere gemeinsame Fairness-Allianz mit Deutschland. Das ist ein riesen Erfolg!“, so die Ministerin.
14 EU-Mitgliedstaaten fordern dabei die Europäische Kommission auf, rasch einen Legislativvorschlag für eine verpflichtende EU-weite Herkunftskennzeichnung vorzulegen, die Position der Landwirtinnen und Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette auszubauen und regionale Versorgungsketten sowie kurze Versorgungswege zu stärken. Ministerin Köstinger sieht vor allem die Europäische Kommission am Zug: „Die EU-Kommission muss die Signale jetzt hören und rasch einen Gesetzesvorschlag für die Umsetzung einer EU-weiten Herkunftskennzeichnung vorlegen. Dazu fordern wir die EU-Kommission beim heutigen Agrar-Rat gemeinsam auf“.
Die Mitgliedstaaten verfolgen mit ihrer Initiative das Ziel, die regionale Wertschöpfung bei den Bäuerinnen und Bauern zu stärken, die Transparenz für die Konsumentinnen und Konsumenten zu erhöhen und durch kurze Transportwege einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Green Deal, GAPund Handelspolitik
Die EU hat sich dazu verpflichtet, die Land- und Forstwirtschaft nachhaltiger und widerstandsfähiger zu gestalten, um großen Herausforderungen wie dem Klimawandel gewachsen zu sein.
Die Ministerinnen und Minister tauschten sich darüber aus, wie die Kohärenz zwischen dem europäischen Grünen Deal, der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der Handelspolitik verstärkt werden könne, um den Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen zu unterstützen. Die Ergebnisse der Ratsdiskussion sollen in künftige Rechtsvorschriften über die Anwendung der Hygiene- und Umweltvorschriften für Agrar- und Lebensmittelprodukte einfließen.
Österreich vertritt die Meinung, dass Ziele der EU-Strategien nur dann Erfolg haben können, wenn diese auch von den Handelspartnern der EU mitgetragen werden. Daher sollen auch die Importe auf den EU-Markt denselben hohen Nachhaltigkeitsstandards entsprechen, wie sie in der EU vorherrschen. Von den Landwirtinnen und Landwirten können nicht hohe Produktionsverpflichtungen verlangt werden, während zugleich Importwaren zu niedrigeren und kostengünstigeren Produktionsstandards auf dem EU-Markt zugelassen werden. Durch die Einführung von „Spiegelklauseln“ kann den EU-Erzeugerinnen und -Erzeugern mehr Fairness zugesichert werden.
Verordnung über entwaldungsfreie Produkte
Die Ausdehnung landwirtschaftlicher Nutzflächen zur Erzeugung von Soja, Palmöl, Rindfleisch, Holz, Kakao und Kaffee sowie von daraus hergestellten Produkten wie Schokolade, Leder oder Möbel, die unter anderem auch in die EU importiert werden, ist eine der Hauptursachen von Entwaldung und Waldschädigung.
Im November 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag für neue Rechtsvorschriften zur Verringerung der Entwaldung und Waldschädigung. Ziel des Verordnungsvorschlages ist es, den Beitrag der EU zur weltweiten Entwaldung und Waldschädigung zu verringern und den steigenden Treibhausgas-Emissionen und dem Verlust an biologischer Vielfalt gegenzusteuern. Damit soll die „Entwaldungs-Verordnung“ zu den Zielen und Plänen des europäischen Grünen Deal, des Pariser Klimaabkommens, der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und anderen Vorhaben im Bereich Umwelt- und Klimaschutz beitragen.
Mit der neuen Verordnung soll die bisher gültige EU-Holz-Verordnung aufgehoben werden und inhaltlich über diese hinausgehen. Unter anderem müssen die Marktteilnehmer nun ein System der Sorgfaltspflicht (Due Diligence) anwenden, um sicher zu gehen, dass sie nur regelkonforme Produkte in Verkehr bringen.
In der Tagung am 21. Februar 2022 diskutierten die Agrarministerinnen und –minister den „Vorschlag über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Produkte, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem EU-Markt und über ihre Ausfuhr“ auf der Grundlage eines Vermerks der französischen Ratspräsidentschaft. In den Diskussionen wurden die Erfahrungen mit der Umsetzung der bisherigen EU-Holz-Verordnung berücksichtigt und die Auswirkungen des Vorschlages auf den Agrar- und Forstsektor eingeschätzt.
Österreich begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission und die Anstrengungen auf EU Ebene, höhere Produktionsstandards in Drittstaaten zu fördern. Der Entwurf bringt aber auch Fragen mit sich, die noch zu klären sind.
In Zeiten des fortschreitenden Klimawandels und der folglich notwendig gewordenen Anpassung unserer Wälder ist eine nachhaltige Waldbewirtschaftung aus österreichischer Sicht essentiell. Funktionierende nationale Systeme, die seit Generationen für eine nachhaltige Bewirtschaftung und Erhaltung der Wälder sorgen, sollten dabei berücksichtigt werden.
Das Problem der Entwaldung muss effizient, zielgerichtet und wirksam angegangen werden, ohne die europäische Wirtschaft übermäßig zu belasten oder die Versorgungssicherheit zu gefährden. Österreich setzt sich daher für zielgerichtete Lösungen und Maßnahmen ein, die zugleich die heimischen Urproduzentinnen und -produzenten sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors in der EU stärken. Für die Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer müsse es klare Vorgaben geben, die machbar und auch kontrollierbar sind.
Weitere Themen
Die Europäische Kommission und der französische Vorsitz informierten den Rat über aktuelle Entwicklungen auf den Agrarmärkten. Polen wies in diesem Zusammenhang auf die kritische Lage auf dem Schweinefleischmarkt hin. Die Kommission stellte des Weiteren ihren Bericht über das System pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen bei der Einfuhr in die Union und die Ausweitung der Verwendung des Pflanzenpasses in der Union vor.
Der portugiesische und der spanische Minister berichteten über die derzeitigen schweren Dürren in ihren Ländern. Die dänische Delegation präsentierte EU Rechtsvorschriften über die gewerbsmäßige Haltung und den Verkauf von Hunden. Die Niederlande, unterstützt unter anderem von Österreich, stellte ihre Vorschläge zur Freilandhaltung von Hühnern im Zusammenhang mit der Vogelgrippe vor. Die polnische Delegation informierte mit Unterstützung unter anderem von Österreich über mögliche negative Auswirkungen der Änderung der Förderkriterien für Erzeugnisse im Rahmen der EU Absatzförderungspolitik.