Rat Landwirtschaft und Fischerei am 17. Jänner 2022 in Brüssel

Am 17. Jänner 2022 fand die erste Tagung des Rates Landwirtschaft und Fischerei unter französischer Ratspräsidentschaft statt. Der Fokus lag auf der aktuellen Lage am Agrarmarkt und dem Agrarhandel sowie auf der Mitteilung der Europäischen Kommission zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen.
Am 1. Jänner übernahm Frankreich die Ratspräsidentschaft und damit auch den Vorsitz im Rat Landwirtschaft und Fischerei. Julien Denormandie, französischer Minister für Landwirtschaft und Ernährung, führte als Vorsitzender durch die Tagung. Die Europäische Kommission war durch Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski und Stella Kyriakides, Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, vertreten.
Nachhaltige Kohlenstoffkreisläufe
Ein Schwerpunkt der Ratsdiskussionen lag auf der Mitteilung der Europäischen Kommission zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen (Carbon Farming), die im Dezember 2021 veröffentlicht wurde. Darin geht es vor allem um die Verringerung der Kohlenstoff-Abhängigkeit in der EU. Darüber hinaus spricht die Kommission in ihrer Mitteilung davon, Kohlenstoff aus Abfallströmen, nachhaltigen Biomassequellen oder direkt aus der Atmosphäre recyceln und Lösungen zur Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre weiterentwickeln zu wollen.
Die Europäische Kommission hält die nachhaltige Landbewirtschaftung für entscheidend, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Verbesserte Landnutzungspraktiken im Bereich Forst- und Agroforstwirtschaft, in der Landwirtschaft, durch Umwandlung von Flächen und der Wiederherstellung von Mooren und Feuchtgebieten sollen zu einer Erhöhung der Kohlenstoffbindung führen. Mit Hilfe von Carbon Farming soll nicht nur die Kohlenstoffbindung in den Böden erhöht werden. Positive Auswirkungen sind auch auf die Bodenfruchtbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu erwarten. Dabei wird unter anderem die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) als Instrument eine wichtige Rolle spielen.
In Österreich wird die nachhaltige kohlenstofffördernde und –erhaltende Bodenbewirtschaftung bereits seit Jahrzehnten erfolgreich im Rahmen des Agrarumweltprogramms ÖPUL umgesetzt. Seit Beginn des Programmes setzen viele Landwirtinnen und Landwirte auf humusaufbauende Maßnahmen und biologische Bewirtschaftung, was über die Jahrzehnte hinweg nachweislich zu einer Erhöhung des Humusgehaltes in den landwirtschaftlichen Ackerböden in Österreich geführt hat.
Zur Anerkennung der Vorleistungen fordert Österreich auch eine Unterstützung für die Erhaltung und Stabilität des bestehenden Kohlenstoffes. Es muss aus österreichischer Sicht gelingen, Landwirte, die bereits jetzt großen Wert auf Bodenfruchtbarkeit und den Humusgehalt ihrer Flächen gelegt haben, nicht zu benachteiligen. Ebenso müssen deren aufgrund des Klimawandels notwendige bodenfruchtbarkeitserhaltende Mehrleistungen berücksichtigt werden.
Marktlage und Agrarhandel
Die Europäische Kommission berichtet dem Rat regelmäßig über aktuelle Entwicklungen auf den Agrarmärkten. Der Report im Jänner zeigte trotz der nach wie vor angespannten COVID-19 Situation insgesamt eine Erholung auf den Märkten für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Mit der Öffnung der Gastronomie stieg die Nachfrage am Binnenmarkt. Zudem nahmen Exporte in Drittlandsmärkte deutlich zu und auch die Handelsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich entwickeln sich positiv.
Allerdings machen dem Agrarmarkt die teils massiv steigenden Energie-, Düngemittel- und Futtermittelpreise sowie Transportkosten zu schaffen, was sich insbesondere auf den Schweinefleischsektor auswirkt. So wies auch die tschechische Delegation auf die nach wie vor kritische Lage am Schweinefleischmarkt hin und forderte die Europäische Kommission dazu auf, sofortige Marktentlastungsmaßnahmen einzuführen. Neben den stark steigenden Produktionskosten führten das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest und die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie zu großen Herausforderungen für Produzenten im Schweinefleischbereich.
Darüber hinaus diskutierten die Landwirtschaftsministerinnen und –minister auf Initiative Polens mögliche Auswirkungen des von Weißrussland verhängten Embargos auf bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittelprodukte aus der EU. Aufgrund des ab 1. Jänner 2022 verhängten Embargos gegenüber unter anderem einigen EU-Staaten, wie zum Beispiel Polen, werden negative Auswirkungen auf den EU Agrarmarkt befürchtet. Polen als EU-weit größter Apfelproduzent sieht sich vor allem im Obst- und Gemüsesektor und hier insbesondere am Apfelmarkt betroffen.
In Österreich ist die derzeitige Lage am Agrarmarkt in den meisten Sektoren zufriedenstellend. Dies trifft allerdings nicht auf den Markt für Schweinefleisch zu, dessen Preise sich seit Wochen auf niedrigem Niveau befinden. Niedrige Produktpreise und EU-weit deutlich gestiegene Produktionskosten setzen die Produzentinnen und Produzenten stark unter Druck. Aufgrund des Überangebots an Schweinefleisch in der EU und des Exportstopps wichtiger Abnehmerländer bleibt die Situation angespannt. Österreich unterstützte daher die Forderung an die Europäische Kommission, geeignete Maßnahmen zur Marktentlastung auf europäischer Ebene zu prüfen.
Im Rahmen der Ratssitzung wurde auch auf landwirtschaftliche Aspekte von EU-Handelsabkommen eingegangen. Österreich nutzte die Gelegenheit, um erneut auf die Bedenken gegen das EU-Mercosur-Abkommen hinzuweisen.
Weitere Themen
Die französische Ratspräsidentschaft stellte ihr Arbeitsprogramm für die kommenden sechs Monate vor, welches unter dem Motto „Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeit“ steht. Die Schwerpunkte im Bereich Landwirtschaft umfassen unter anderem die Kohärenz der Produktionsstandards für EU und Nicht-EU Produkte vor allem im Zusammenhang mit importierten landwirtschaftlichen Produkten aus Drittstaaten, die verringerte Anwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft sowie die Stärkung nachhaltiger Kohlenstoffkreisläufe.
Des Weiteren berichtete die Europäische Kommission über die hochrangige Konferenz „Tierwohl in der EU heute und morgen“, die am 9. Dezember 2021 online stattgefunden hat.